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Die Buchmagier: Roman (German Edition)

Die Buchmagier: Roman (German Edition)

Titel: Die Buchmagier: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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Doktor meinen Namen erwähnte.
    Nidhi Shah blickte von Lena zu mir und zurück. »So ist das!«
    »Ich dachte, du wärst …«, setzte Lena an.
    »Ich verstehe.« Shah atmete schwer, und ihr Gesicht war dunkler als sonst. Sie fuhr sich über die Stirn und betrachtete mich genauer. »Sie haben es wieder einmal mit Ihrer Zauberei übertrieben, Isaac.«
    Da war er wieder, der ruhige, kühl analysierende, objektive Tonfall, an den ich mich noch vom letzten Mal, als ich aus ihrem Büro gegangen war, erinnerte. »Ich konnte es mir nicht aussuchen.«
    Granach stieß einen melodramatischen Seufzer aus. »Vielleicht könnten Sie Ihre wirren kleinen menschlichen Emotionen zu einem späteren Zeitpunkt ordnen? Ich glaube, Isaac wollte uns helfen, einen abtrünnigen Libriomanten zu finden.«
    »Sie glaubt, dass Gutenberg hinter der Sache steckt«, sagte Shah.
    »Was glauben Sie?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich kenne mich ein bisschen aus mit der Psyche von Pförtnern, aber Gutenberg ist ein Fall für sich. Das Einzige, was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass ich nicht weiß oder verstehe, was im Kopf dieses Mannes vor sich geht.«
    Granach deutete mit einer Handbewegung auf die Glastür. Lena wich meinem Blick aus, als ich an ihr vorbeiging, um den Gefangenen dahinter in Augenschein zu nehmen.
    Die Frau in der Zelle war klein und schlank. Ihre Haut war von einer sonderbaren leimgrauen Blässe. Sie trug einen grünen Krankenhauskittel, der mit Blutflecken übersät war, insbesondere im Taillenbereich. Ihre Handgelenke waren von tiefen Narben überzogen, als wären sie wiederholt aufgekratzt worden. Ihre Fingernägel waren glasig mit einem Stich ins Bläuliche. Ihre Haut wies an vielen Stellen leichte Verletzungen auf.
    »Du hast ihnen geholfen?«, fragte Lena.
    »Anfangs nicht.« Selten hatte ich Doktor Shah vorher wütend gehört. Sie tippte auf ihre Schläfentätowierung. »Die Schutzzauber der Pförtner haben sie daran gehindert, meine Gedanken zu lesen, aber sie haben andere Wege gefunden, meinen Willen zu misshandeln. Sie nahmen meine Akten mit und zwangen mich, sie zu dechiffrieren und zu übersetzen, damit sie jeden Patienten studieren konnten, mit dem ich je gearbeitet habe.«
    Der Zorn in ihren Worten erinnerte mich an meinen eigenen, als Deb mir das erste Mal von der Zerstörung unserer Bibliothek erzählt hatte. Doktor Shah zu zwingen, ihre Schweigepflicht zu brechen, war ein Akt der Gewalt, der für sie viel schlimmer als der Angriff auf ihr Zuhause war.
    Granach pochte mit einem Fingerknöchel aufs Glas, was ihr ein wütendes Knurren der Kreatur dahinter eintrug. »Ihr Name ist Chesa. Sie hat einen der Ältesten gepfählt, beiseitegeschafft und zwei Tage lang gefoltert, ehe wir sie fanden.«
    »Wie hat sie das fertiggebracht?«, fragte ich.
    »Ein Rosenholzpflock durchs Herz, um ihn bewegungsunfähig zu machen. Danach hat sie Messer benutzt.«
    Genau wie der Vampir, der Ray Walker getötet hatte.
    »Sie ist eine Soziopathin«, sagte Doktor Shah. »Allerdings hat diese spezielle Diagnose hier unten nicht so viel zu bedeuten. Als sie die andern kommen hörte, hat sie dem Opfer den Kopf abgeschnitten.«
    Ich ging zum andern Rand der Glastür und versuchte, Chesas Augen zu erkennen.
    »Sie hat viermal versucht, sich mit bloßen Händen umzubringen«, fuhr Shah fort, »aber ihr Körper heilt zu schnell. Die Narben an ihren Armen werden binnen einer Stunde verschwunden sein. Hierdurch reichen die Wachen Blut in ihre Zelle, um sie zu ernähren.« Sie tippte auf eine kleine viereckige Platte, die mit einem biegsamen Schlauch verbunden war, der zu einem schweren grünen Luftbehälter führte. »Ich nehme an, Chesa würde sich zu Tode hungern, wenn sie könnte, aber ihre Natur arbeitet gegen sie: Es gelingt ihr nicht, die Blutgier zu überwinden. Nach jedem Selbstmordversuch trinkt sie ihr eigenes. Sie leckt voller Hunger sogar den Boden ab.«
    »Was hält sie dann davon ab, in Flammen aufzugehen wie die andern?«, fragte ich.
    »Flammen benötigen Sauerstoff.« Granach zeigte auf den Behälter. »Reiner Stickstoff und Kohlendioxid.«
    »Clever!« Das erklärte die blaustichige Haut und die Nägel. »Was tut Sauerstoffentzug einem Wesen an, das so auf Blut angewiesen ist?«
    »Es quält sie«, antwortete Shah ausdruckslos. »Stellen Sie sich vor, jeder Muskel in Ihrem Körper verkrampft mit übermenschlicher Kraft, und Ihre Haut ist kalt und steif wie Leder. Jede einzelne Zelle verhungert.«
    Ich kniete mich

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