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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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Cäsaren antreten. Sobald es ihm beliebte und nicht erst nach dem Tod des Vaters. Er würde dem Vater die Macht entreißen. Wieder, wie in der vergangenen Nacht, als er endgültig diesen Entschluss gefasst hatte, stiegen der Stolz und der Glaube an sich selbst wie eine heiße Flamme in ihm auf. Trier war eine der vier Hauptstädte des Römischen Reiches gewesen. Und später würden die Geschichtsschreiber einmal berichten, dass seine Herrschaft hier ihren Anfang genommen hatte.
    Wenig später hatten der König und seine Begleiter die Gebäude in der Nähe des Doms erreicht, die ihnen während ihres Aufenthalts in der alten Stadt als Pfalz dienten. Nachdem Heinrich sein Pferd einem Knecht übergeben hatte, suchte er seine Gemächer auf. Der Tag war schon weit fortgeschritten und in den Räumen brannten bereits die Kerzen. Mithilfe eines Dieners vertauschte Heinrich die warmen Gewänder gegen eines aus kostbarer roter Seide. Er wollte eben das Gemach wieder verlassen und sich zum abendlichen Mahl begeben, als ein weiterer Diener hereintrat.
    »Herr, ein Bote des Kölner Erzbischofs Herinrich von Müllenmark sagt, er habe Euch eine wichtige Nachricht zu überbringen«, teilte der Mann ihm mit.
    Heinrich zögerte. Sicher betraf die Botschaft den Streit, der zwischen dem Erzbischof und dem Domkapitel herrschte. Er wollte sich jetzt, da er sich anschickte, nach der Krone des Abendlandes zu greifen, nicht mehr mit derart unwichtigen Dingen befassen. Andererseits … Der Kardinal von Trient weilte in Köln. Vielleicht hatte ja er diesen Weg gewählt, um ihm etwas zu übermitteln.
    Dein Vater würde diesen Brief nicht unbeachtet lassen, sagte ihm eine innere Stimme. Heinrich seufzte.
    »Bring den Boten herein!«, forderte er den Diener auf.
    Kurz darauf erbrach er mit einer raschen Bewegung das Siegel und schlug das gefaltete Pergament auseinander. Beinahe sofort entdeckte er inmitten der sorgfältig ausgeführten Schrift den Namen Gisbert, der Inquisitor.
    Ohne recht wahrzunehmen, was er las, überflog sein Blick den Beginn des Schreibens, die üblichen Höflichkeitsbekundungen, die zum eigentlichen Anliegen der Botschaft überleiteten. … ich bedaure, Euch mitteilen zu müssen, dass – mithilfe Gottes, unseres Herrn – ein furchtbares Verbrechen ans Tageslicht kam … Unwillkürlich ging Heinrichs Atem rascher. Der Dominikaner Gisbert, den unser Allerheiligster Vater damit beauftragt hat, der Ketzerei Einhalt zu gebieten, wurde ermordet. Entsetzt las Heinrich weiter, dass der Leichnam Gisberts nach Köln gebracht worden war und Enzio, der Kardinal von Trient, nach dem Mörder suchen ließ.
    »Herr, soll ich Heinrich von Müllenark eine Nachricht von Euch überbringen?« Die Stimme des Boten brachte ihn wieder zu sich.
    »Nein … Ja … Warte draußen …« Der König fuhr sich mit der schweißnassen Hand über die Stirn. Nachdem er auch seine Diener aus dem Raum geschickt hatte, ließ er sich schwerfällig auf einen Stuhl sinken.
    Die Leiche Gisberts war schon nach so kurzer Zeit gefunden worden … War dies tatsächlich mithilfe Gottes erfolgt? Wollte Er ihm zeigen, dass sein Plan, gegen den Vater aufzubegehren und die Herrschaft an sich zu reißen, gottlos und zum Scheitern verurteilt war? Oder bedeutete dies nur, dass er seinen Einsatz erhöhen musste? Ein quälender Zweifel stieg in Heinrich auf und verdrängte die stolze Zuversicht, die er während der letzten Stunden empfunden hatte.

    *

    Donata hockte auf einem Baumstumpf vor der Wand des Backhauses. Der Tag war kalt. Aber hier, an dieser windgeschützten Stelle in der Sonne, war es wärmer als im Inneren des kleinen Hauses. Friedrichs Spitzel hatte während des Tages kein Feuer im Ofen entzündet, da er fürchtete, dass der Rauch durch den Abzug fast senkrecht in die Luft steigen und bei dem klaren Wetter weithin zu sehen sein würde. Im Stillen hatte sie ihm Recht gegeben – ein Feuer in der Einöde zog Menschen an. Aber sie hatte dies wortlos zur Kenntnis genommen. Wie sie überhaupt seit der Nacht, in der sie schreiend aus ihrem Traum erwacht war, kaum miteinander geredet hatten.
    Anderthalb Tage hatten sie jetzt zusammen verbracht. Gegen Mittag des vorigen Tages waren Wolken aufgezogen und es hatte geschneit. Keine großen Schneemengen waren niedergegangen, aber doch so viel, dass ihre Spuren nicht mehr gar so deutlich sichtbar waren. Friedrichs Mann hatte dies begrüßt. Sie hatte es an seiner Miene abgelesen, als er sich am Morgen unter der niedrigen

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