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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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aufrichten, als der Schein der Flamme direkt auf sie zu wanderte. Instinktiv warf sie sich zur Seite. Doch im nächsten Moment hörte sie auch schon einen der Schreiber rufen: »Hier! Hier ist der Junge! Ich habe ihn!«
    Die Gestalt des Schreibers verschmolz mit dem riesigen Schatten seines Kumpans. Er fasste nach ihr. Donata vollführte eine abwehrende Bewegung, begriff erst, dass sie den Mann mit dem Messer verletzt haben musste, als er den Kienspan mit einem Schmerzenslaut fallen ließ.
    Von seiner Hand tropfte etwas Dunkles auf die Bretter. »Der Mistkerl hat nach mir gestochen!« Ein weißliches Licht züngelte auf.
    Donata sprang hoch, tat einen verzweifelten Schritt auf die Bretterkante zu. Ein Rascheln im Heu. Im nächsten Moment riss sie jemand zu Boden. Hart schlug sie mit dem Kopf auf die Bretter. Das Messer glitt ihr aus der Hand und eine dumpfe Betäubung bemächtigte sich ihrer. Ein Tritt traf sie in die Seite. Sie krümmte sich vor Schmerzen, hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Jemand warf sie herum. Unwillkürlich streckte sie die Arme und Beine aus, um irgendwo Halt zu finden. Wieder traf sie ein Tritt und ein schwerer Körper drückte sie nieder. Sie versuchte, sich hochzustemmen und sich von dem Gewicht zu befreien. Doch ein Faustschlag ins Gesicht raubte ihr fast die Besinnung. Sie schmeckte Blut. Ehe sie die Arme heben konnte, um die Schläge abzuwehren, prasselten schon die nächsten Hiebe auf sie nieder, verletzten sie im Gesicht und am Oberkörper.
    Verzerrt von einem wild zuckenden Licht, dann wieder von Schatten übergossen, sah sie das Gesicht des rothaarigen Schreibers über sich. Sie roch beißenden Rauch. Der Mann, den sie mit ihrem Messer getroffen hatte, schrie etwas. »Los, trampel es nieder!«, presste der Schreiber atemlos hervor. Benommen vom Schmerz fragte sich Donata, was er damit meinen mochte. Von weit her war eine dritte Stimme zu hören. Das Gesicht des Rothaarigen verschwamm, an seine Stelle trat das des geflügelten Dämons.
    Bisher hatte Donata noch keinen Ton von sich gegeben. Doch jetzt entrang sich ein durchdringender Schrei ihrer Kehle.
    »Halt’s Maul«, zischte der Schreiber, wieder traf sie ein Faustschlag ins Gesicht. Schwärze senkte sich über die seltsamen Lichtstreifen, die über die Decke der Scheune huschten.
    Ihre Hand … Jemand riss mit Zangen an ihrer rechten Hand … Der neue Schmerz brachte Donata wieder zu sich. Der Rothaarige hockte immer noch auf ihr, hielt das Gelenk ihrer rechten Hand umklammert und bog ihren Mittelfinger zurück. Vor dem Feuer, das sich im Heu ausgebreitet hatte und das der andere Schreiber niederzutrampeln versuchte, wirkten die Hände des Rothaarigen und ihre eigene wie unförmige Klauen. Ihre Hand, mit der sie einmal gemalt hatte …
    »Nein«, wimmerte sie. »Nein, nicht die Hand …«
    »Du wirst keinem Schreiber mehr die Arbeit wegnehmen.«
    Donata wand sich. Doch ihre Bewegungen waren nur ein Zappeln. Der Schmerz wurde unerträglich. Ihre linke Hand strich haltlos über den Boden, fasste in trockenes Gras. Plötzlich spürte sie Metall an ihren Fingern. Ohne recht zu wissen, was sie tat, gelang es ihr, das Messer zu greifen. Als sie es hob, bemerkte der Schreiber aus den Augenwinkeln den Widerschein des Feuers auf der Schneide. Er ließ Donatas rechte Hand los und versuchte auszuweichen. Dennoch traf ihn das Messer in die Seite. Er schrie auf, verlagerte unwillkürlich sein Gewicht. Sie stieß ihn von sich und kroch auf den Rand der Bohlen zu.
    Doch der Schreiber warf sich herum. Seine Finger glitten über ihr Bündel, bekamen sie dann am Ausschnitt ihres Kittels zu fassen. Panisch richtete sich Donata auf. Der Kittel würgte sie. Mit aller Kraft zerrte sie daran, während sie weiter auf den nahen Rand des Heubodens zustrebte. Plötzlich riss der Stoff entzwei. Benommen bemerkte Donata, dass der Schreiber sie anstarrte. Als sie den Blick senkte, sah sie ihre entblößten Brüste.
    »Bei Gott, eine Frau …«, murmelte der Schreiber.
    Donata schnellte vor und sprang. Noch im Fallen hörte sie den Rothaarigen rufen: »Der Junge ist eine Frau. Halte sie fest!«
    Im schwachen Widerschein des Feuers, der vom Heuboden nach unten fiel, hechtete ein Mann auf sie zu. Sie duckte sich unter ihm weg, rannte an Gerätschaften vorbei, die nur schemenhaft zu erkennen waren, gelangte zur vorderen Wand der Scheune. Die Tür … Wo war die Tür? Ihre Hände schlugen gegen das Holz. Es gab nach, sie war im Freien.
    Sie lief

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