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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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immer mit dem Glauben an derlei Dinge auf sich haben mag …«
    Donata hörte die Stimme des Begarden nicht mehr. Sie sah den Mann vor sich, dessen Antlitz dem einer römischen Statue glich, sah, wie sich sein Messer in den Leib des Mönches bohrte, aus dem Blut und Gedärme hervorquollen. Er war ein Legat des Papstes und er suchte nach ihr!
    Sie schmeckte Galle in ihrem Mund. Blindlings tastete sie sich zur Tür in der Rückseite der Küche, die in den Garten führte. Draußen übergab sie sich heftig. Nachdem sie das Erbrochene notdürftig im Schnee verscharrt hatte, lehnte sie sich gegen die Hauswand und zwang sich, gleichmäßig zu atmen. Die kalte Luft tat ihr gut. Allmählich wurde sie ruhiger. Ihr Blick fiel auf einen Weidenkorb voller Holzscheite, der vor der Fachwerkwand stand. Mit aller Kraft versuchte sie, sich darauf zu konzentrieren. Die Farbe der geflochtenen Weidenruten schimmerte da, wo die Sonne auf sie traf, ein wenig rötlich, an den hellsten Stellen fast weiß … Die Holzscheite hatten an der Schnittfläche einen gelblichen Ton … Die glatte Rinde war da und dort von Moos überzogen. Als Donata die Augen schloss, sah sie den Korb und das Holz in allen Einzelheiten vor sich. Das Bild des Mordes verblasste.
    »Ist dir nicht gut?«, Hildegunds besorgte Stimme brachte sie wieder zu sich.
    »Es geht schon wieder …«, entgegnete sie abweisend.
    »Vielleicht ist es besser, wenn du dich eine Weile hinlegst.« Der Blick der jungen Frau wanderte zu der Stelle, an der Donata sich übergeben hatte. Reste von Erbrochenem waren im Schnee sichtbar. Ein Schatten von Misstrauen huschte über Hildegunds Gesicht.
    »Nein, ich kann weiterarbeiten«, antwortete Donata hastig, während ihr Magen sich erneut vor Angst zusammenzog. Keine Hühner und kein Fleisch zu verzehren war das Zeichen der albigensischen Ketzer. Sicher, bei den Beginen hatte schon einige Male ein Fleischgericht auf dem Tisch gestanden. Trotzdem meinte sie förmlich zu spüren, wie der Verdacht in Hildegund keimte. Die junge Begine fragte sich bestimmt gerade, ob Donata tatsächlich von dem Fleisch gegessen hatte oder ob sie nicht versucht hatte, dies auf irgendeine Weise zu umgehen.

    *

    Wie immer bei Einbruch der Dunkelheit versammelten sich die Frauen zum gemeinsamen Gebet. An diesem Abend zwang sich Donata noch mehr als sonst dazu, das Kreuzzeichen sorgfältig auszuführen und die Worte des Gebetes deutlich auszusprechen. Dann und wann, wenn sie unter gesenkten Lidern aufschaute, glaubte sie, Hildegunds Blick auf sich ruhen zu sehen.
    Endlich war die Andacht vorbei. In dem mit abgewetzten Brettern ausgelegten Flur, der den Gebetsraum von der Küche trennte, traf Donata auf Bilhildis. Der Mantel der jungen Begine, die von einem Kranken kam, war mit Schnee bestäubt. Sie lächelte ihr zu und Donata, die Bilhildis seit einigen Tagen nicht mehr begegnet war und sich freute, sie zu sehen, grüßte mit einem raschen Kopfnicken.
    Donata folgte den Frauen in die Küche und half, wie sie es auch während der vergangenen Tage getan hatte, den langen Tisch zu decken. Nachdem Lioba einen großen Topf und frisch gebackenes Brot auf den Tisch gestellt hatte, nahmen alle ihre Plätze ein und Luitgard sprach einen Segen über die Mahlzeit. Hildegund füllte die Holzschüsseln mit dem Rübeneintopf, eine andere der Frauen brach Stücke von den Brotlaiben und reichte sie herum. Vom Geruch der Rüben, der dem dampfenden Topf entstieg, wurde Donata wieder übel. Während sie nach ihrem Löffel griff, nahm sie kaum wahr, dass jemand ein Stück Brot vor sie legte. Irmengard, die neben ihr saß und mit der sie sich eine Schüssel teilte, schob ihr das Gefäß zu. Donata tauchte ihren Löffel in den Eintopf. In diesem Moment sah sie das Hühnerbein, das aus der Schale ragte.
    Dort, wo das Bein vom Rumpf abgetrennt worden war, stand die wächserne Haut vom darunter liegenden Fleisch ab. Aus diesem wuchs das schwarz verfärbte Ende einer Ader. Während Donata noch mit ihrer Übelkeit kämpfte, kippte der Schlegel nach vorn, sodass ihr nun das Ende des Knochens entgegenstach. Ein zarter, weißlicher Knochen, von Knorpel umgeben. Ein Knochen wie der aus dem Arm eines kleinen Kindes.
    Als Donata die Schale heftig von sich stieß, schwappte die sämige Flüssigkeit über den Tisch. Sie würgte und presste hervor: »Ich kann das nicht essen.«
    Erst nachdem sie die Worte ausgesprochen hatte, begriff sie, dass dies das Schlimmste war, was sie hatte sagen können. Ein

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