Die Bucht der schwarzen Perlen
meinem ›Gouverneur‹. Du garantierst mir dafür, daß hier alles weiterläuft wie bisher. Jetzt können wir ohne Sorgen fahren, du wirst auf der Insel bleiben. Dafür sorgt schon Lanei'ta.«
Tama'Olu schob Rons Arm von ihrer Schulter und ging mit gesenktem Kopf zurück in die Küche. Ron blickte ihr nach und sah dann Willmore fragend an.
»So ganz glücklich scheint sie nicht zu sein«, stellte Jack leise fest. »Mit deinen Worten: So etwas sagt man nicht unvorbereitet. Du wirst mit deinem Engelchen noch viel zu reden haben, ehe du die Anker lichtest.«
»Wann gehst du zu Tápana?« wollte Ron wissen.
»Morgen. Ich werde Lanei'ta an die Hand nehmen und mich dann für die Welt verloren erklären.«
»Viel Glück, Jack.«
»Das wünsche ich dir auch.«
An einem sonnigen Sonntagmorgen verließen sie Tonu'Ata. Bei ruhiger, ja fast glatter See lief die Yacht ›Paradies‹, wie Ron sie getauft hatte, durch die enge Einfahrt des Korallenriffs hinaus auf den Ozean.
Am Strand standen Willmore, Lanei'ta, Tápana, seine Frau, die übrigen Geschwister Tama'Olus und das ganze Dorf und winkten ihnen nach. Die drei Brüder segelten in ihren Auslegerbooten voraus wie eine Ehrenformation. Draußen, auf See, zog Ron dreimal das Nebelhorn und ließ den dumpfen, durchdringenden Ton über die Insel schallen.
Tama'Olu stand nicht mit ihm an Deck und winkte zurück. Sie saß zusammengesunken im großen Salon auf dem Rundsofa und starrte gegen die mit Mahagoni getäfelten Wände.
Die weite, unbekannte Welt öffnete sich ihr, und sie hatte Angst davor. Unbeschreibliche Angst – und konnte sich nicht erklären, warum. Doch ein Gefühl war in ihr, als sähe sie Tonu'Ata nicht wieder.
Sie fuhren Stunde um Stunde, und das Meer hörte nicht auf. Wohin man blickte, in jede Richtung – nur wogendes Wasser und ein heißer Himmel.
Diesmal gab es für Ron keine Schwierigkeiten, keine Unsicherheit und kein Ausprobieren. Die Satellitennavigation beherrschte er jetzt exakt. Er trug seine Position in die Seekarte ein, programmierte den Autopiloten auf Tahiti und hatte dann Zeit, sich endlich von dem anstrengenden halben Jahr zu erholen, an Deck zu faulenzen, Musik zu hören, zu lesen, vor allem Konsalik – es gab leider nichts Besseres an Bord –, und Tama'Olu zu lieben.
In der ersten Nacht auf dem Meer hatte sie sich förmlich an ihn geklammert, ihr Gesicht an seine Brust gedrückt und lange geweint. Er hatte ihren glatten, warmen Körper gestreichelt und ihr zärtlich zu helfen versucht, über ihre Trauer und ihr Heimweh hinwegzukommen.
Als die Küste Tahitis auf dem farbigen Bildschirm des Radars erschien, griff Ron nach dem Hörer des Funktelefons und wählte die Rufnummer von Charles Bouchet.
Es summte und knackte, und dann hörte er den Perlen-Großhändler so deutlich, als säße er im Nebenzimmer.
»Raten Sie mal, wer hier spricht, Charles!« rief er.
»Ich bin Perlenhändler, aber kein Rätselrater«, knurrte Bouchet. »Nennen Sie Ihren Namen, oder ich lege auf.«
»Trinken wir wieder in der Suite Nummer drei Ihren abscheulichen Absinth?«
»Ron! Ron Edwards!« Bouchets Stimme überschlug sich fast. »Welche Überraschung! Wo sind Sie? Von wo rufen Sie an?«
»Ich bin auf dem Weg zu Ihnen, ich sehe schon die Küste von Tahiti. Ich komme mit 25 Knoten zu Ihnen gerast.«
»Willkommen auf Tahiti, Ron! Die hübschen Mädchen warten schon auf uns!«
»Sie haben wieder Pech, Charles: Ich bringe meine Frau mit!«
»Nach Tahiti bringen Sie Ihre Frau mit? Ron, sind Sie verrückt geworden?«
»Das werden Sie heute abend werden, das schwöre ich Ihnen. Heben Sie von der Bank schon mal vorsichtshalber 527.000 Dollar ab. Sie wissen ja: Cash!«
»Ron!« Bouchet japste nach Luft. »Sie kommen mit neuen Perlen? Schwarzen?«
»Dreihundertzwanzig in Superqualität, wie von mir gewöhnt – und wieder drei ›Königinnen der Meere‹.«
»Das darf nicht wahr sein! Ron – wann sehen wir uns?«
»Heute abend um zwanzig Uhr im Hafen. Auf meinem Schiff ›Paradies‹. Und tun Sie mir einen Gefallen: Saufen Sie nicht vorher. Meine Frau mag keinen Alkoholatem.«
Ron legte auf und wußte, daß Bouchet jetzt wie ein Wahnsinniger nach Hause raste, sich duschte und einen weißen Smoking anzog. Und ihm würden förmlich die Augen aus dem Kopf fallen, wenn er Tama'Olu sah.
Darauf freute sich Ron besonders!
15.
Pünktlich um 20 Uhr fuhr Bouchet auf der Pier vor und hielt vor der Gangway der schnittigen Yacht. Er hatte seinen Chauffeur
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