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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stelle, wo sie Richards vergraben hatten. »Ich werde deine Papiere mitnehmen und an deinen Orden schicken.«
    Er bückte sich, legte die Bibel auf den Boden und drehte sich dann um.
    Das Mädchen stand dicht hinter ihm, sah ihn mit großen, staunenden Augen an und sagte ein paar Worte. Und nur aus dem Tonfall heraus begriff Ron, daß sie etwas fragte.
    »Das verstehst du nicht, mein Schatz«, sagte er. »Mit wieviel Idealen und innerer Kraft ist Richards wohl losgezogen – und was ist aus ihm geworden? Vielleicht geht es mir eines Tages auch so, wer weiß das? So schön du bist, ich will weg von hier! Wann kommen hier Schiffe vorbei? Kommt überhaupt ein Boot? Wenn du mir bloß eine Antwort geben könntest!«
    Er strich ihr mit der Hand über die nackte Schulter, und die Berührung mit ihrer warmen, glatten Haut elektrisierte ihn und nahm ihm sekundenlang den Atem. Laß den Blödsinn, Ron, sagte er sich, als er rasch seine Hand zurückzog. Du hast schon Schwierigkeiten genug. Laß die Finger von dieser Inselschönheit!
    Der letzte Widerschein der Sonne verblaßte sehr schnell, Dunkelheit senkte sich über das Meer und die kleine Insel. Irgendwo in den Palmen schrien Nachtvögel, in der Lagune schwamm ein kleines, trübes Licht … ein Fischer kehrte mit seinem Auslegerboot zum Dorf zurück.
    Das Mädchen nahm Rons Hand und zog ihn von der Palmengruppe fort. Stumm gingen sie nebeneinander her bis zu der verfallenen Hütte des Paters. Das Mädchen legte die kleinen, schmalen Hände aneinander und verbeugte sich leicht.
    Ron sah ihm nach, wie es zu den Häusern zurückging – eine schlanke, verführerisch schöne Gestalt. Eine Versuchung, der er aber nicht nachgeben würde!
    Ron betrat die Hütte des Paters. Vollkommene Finsternis umgab ihn. Er blieb unter der Tür stehen und überlegte, ob er etwas gesehen hatte, womit er Licht machen konnte. Eine Kerze, eine Petroleumlampe, ein Feuerzeug, ein Päckchen Streichhölzer. Nein; nichts dergleichen war in dem kleinen Raum vorhanden. Hatte es so etwas gegeben, war es längst verschwunden. Fünfunddreißig Jahre … welch eine Zeit! Damals war er gerade geboren worden. Fünfunddreißig Jahre … welch ein langer Weg, wenn er vor einem liegt, und wie kurz, wenn man ihn hinter sich hat.
    Er tastete sich an der Wand entlang, bis er an den Schrank stieß. Jetzt um den Schrank herum, noch einen Meter weiter … da mußte das Bett stehen, an der hinteren Wand. Mit ausgestreckten Armen ging Ron weiter durch die Finsternis, stieß mit dem Knie an Holz und wußte: Ich stehe jetzt vor dem Bett.
    Vorsichtig setzte er sich auf das Palmstroh, es roch muffig und knirschte, als er sich hinlegte.
    Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit.
    Die Dörfler haben alles so gelassen, wie es nach Pater Richards Tod war, dachte er. Auf diesem Stroh wird er gestorben sein, und nun liege ich hier, auf eine Insel geworfen wie ein Stück Treibholz. Und mehr bin ich ja auch nicht …
    Wieder befiel ihn der Drang, vom nächsten Flughafen aus zurückzufliegen in die Sicherheit seines früheren Lebens.
    Warum bin ich eigentlich von daheim geflüchtet? überlegte er. Weil mich das ewige Gleichmaß ankotzte? Weil ich sah, daß ich ein Mensch in einer unsichtbaren Uniform wurde? Weil ich verrückt bin mit meiner Suche nach der großen Freiheit? Was ist sie denn, diese Freiheit? Wo findet man sie? Wo hat sie sich versteckt? Wenn jeder so denken und handeln würde wie ich – die Welt würde in einem Chaos zerplatzen.
    Drei Jahre bist du nun unterwegs, Ron Edwards – und bist du glücklicher geworden? Sei ehrlich, was haben dir diese drei Jahre gebracht? Fast die ganze Welt kennst du jetzt … und hast dich doch drei Jahre lang betrogen und belogen.
    Er lag lange wach, versuchte, sich gegen diese trüben und deprimierenden Gedanken zu wehren, er dachte an den nächsten Morgen und die Möglichkeit, von dieser weltvergessenen Insel wegzukommen – und schlief erst ein, als schon der neue Tag begann.
    Er wachte auf durch das Gefühl, beobachtet zu werden. Er schrak hoch, wußte im ersten Moment nicht, wo er war, erkannte dann das durchlöcherte Dach und ließ sich in das muffige Palmstroh zurückfallen.
    Hinter seinem Kopf raschelte es. Sofort schnellte Ron vom Bett empor, warf sich zur Seite und wirbelte herum. Doch es war weder eine Ratte noch eine Schlange. Das Mädchen hockte hinter seinem Bett an der Flechtwand und lächelte ihn an. Neben ihr, auf einem Holzbrett, lagen wieder Früchte und

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