Die Bucht der schwarzen Perlen
vor ihren Augen wie auf einer Riesenkinowand ablief, hatten die Maschinenpistolen an die Brust gedrückt, aber keiner von ihnen schoß. Der Luftkampf riß sie in seinen Bann.
Ron, die Hand am Gashebel, sah aber noch etwas, worauf niemand achtete: Vom Riff her jagten unter vollen Segeln und von wildem Paddeln unterstützt drei Auslegerboote auf sie zu. Tamas Brüder griffen in den Kampf ein!
Hinter jedem Boot lag ein langes Seil im Wasser und schleppte an einem starken Haken große Fetzen blutigen Fleisches hinter sich her. Um die Blutspur herum brodelte das Meer. Große glänzende Fischkörper schossen aus dem Wasser, dreieckige Rückenflossen durchpflügten die Wellen. Ab und zu tauchte ein weit aufgerissenes Maul mit schrecklichen Zahnreihen auf und schnappte nach den Fleischbrocken.
»Tama«, sagte Ron mit schwankender Stimme, »deine Brüder kommen, sieh nur, da, hinter der ›Roi‹ … Sie bringen ein Rudel Haie mit … Sie sperren mit Haien die Muschelbänke ab. Die Haie werden die schwarzen Perlen bewachen … da kommt niemand mehr hinunter, auch wir nicht!«
»Verdammt, Jack! Hör auf, flieg zurück! Du bekommst ein Kind! Fai'fa verteidigt die Insel auf seine Weise.« Er zog das Kinn an, umklammerte die beiden Gashebel, gab wohldosiert Gas und richtete den Stahlbug genau auf das andere Schiff. »Liebling, lauf schnell unter Deck«, befahl er Tama'Olu.
»Nein!«
»Dann halt dich fest.« Er drückte beide Hebel bis zum Anschlag hinunter und umklammerte das Steuerrad mit festem Griff. Die Yacht bäumte sich auf, stieg mit dem Kiel hoch aus der See und jagte dann wie ein Pfeil auf die ›Roi de Tahiti‹ zu.
Und jetzt verlor auch der Kapitän die Nerven. »Er ist verrückt!« stammelte er. »Er ist total verrückt! Monsieur, er greift uns mit seiner Nußschale an! Das gibt's doch nicht! Das ist der totale Wahnsinn!«
Das Bugstrahlruder der ›Roi‹ schäumte auf, aber schon als er es anstellte, wußte der Kapitän, daß es zu spät war, das Schiff herumzureißen, um dem Gegner nicht seine Breitseite anzubieten. Schräg von vorn müßten sie aufeinandertreffen, und dann würde die ›Paradies‹ an der Stahlwand zerplatzen wie eine reife Kastanie.
Der Kapitän hielt sich am Steuerrad fest und kümmerte sich nicht mehr um Pandelli, der auf der Nock stand und voll Entsetzen zusah, wie Willmore gnadenlos de Luca ins Meer zu drücken versuchte. Piero legte sich auf die Seite und flüchtete. Er jagte den Riffen und der Lagune entgegen, um sich ins seichte Wasser zu retten.
»So nicht, mein Junge!« knirschte Willmore, der den Plan seines Gegners sofort durchschaute. »Auch wenn sie dich drüben erschlagen – mir entkommst du nicht! Das ist jetzt eine Angelegenheit zwischen uns beiden.«
Es war leicht, die kleine Mücke zu verfolgen und sich wieder über sie zu setzen. Auch als sich de Luca aus der Tür beugte und nach oben schoß, ein paarmal das Gestänge der Kufen traf, aber nicht den Benzintank, beeindruckte dies Willmore nicht im geringsten. Er achtete nicht auf seine Sicherheit, sondern sackte nach unten. Verzweifelt ließ de Luca sich fallen, genau das, was Willmore wollte.
In rasender Fahrt kam der Kiel der ›Paradies‹ auf die ›Roi‹ zu. Das muß ein Wahnsinniger sein, dachte der Kapitän, und doch wurde ihm plötzlich die Kehle eng. Mir wird es eine Beule in der Bordwand einbringen, seine Yacht wird zertrümmert werden.
Neben sich sah er jetzt die drei Auslegerboote mit den geblähten Segeln und Fai'fa, der an dem knorrigen Mast stand, ein Gewehr in der Hand. Idioten, wohin man blickt, nur Idioten, ging es dem Kapitän durch den Sinn. Was will der Wilde hier mit seinem Schießprügel? Auf wen oder auf was will er noch schießen?
Und dann erschütterte lautes Krachen und Bersten von Metall das Schiff. Planken wirbelten wie Geschosse durch die Luft, die ›Roi‹ bäumte sich unter dem Zusammenprall auf. Nahezu mittschiffs bohrte sich der Stahlkiel der ›Paradies‹ in die Bordwand und zerschnitt das Schiff fast bis zur Hälfte.
Der Kapitän wurde an die Wand der Brücke geschleudert und blieb benommen liegen. Die ›Roi‹ hatte sofort Schlagseite bekommen, das Wasser gurgelte durch das wildgezackte Leck ins Innere.
Der Aufprall hob die Männer an Deck wie von Geisterhand hoch und stürzte sie ins Meer. Auch Pandelli wurde aus seiner Nock herausgeschleudert. Schreiend und mit den Armen rudernd wirbelte er durch die Luft, als könne er wie ein Pelikan fliegen. Dann schlug er auf dem
Weitere Kostenlose Bücher