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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Dorfbewohner, vor allem Frauen und Kinder, umlagerten die Hütte und sahen Ron voll Interesse bei seiner Arbeit zu. Wenn er mit dem Beil mal danebenhieb, kicherten sie laut und steckten die Köpfe zusammen, aber sie brachten auch Baststricke mit, damit er seine Tür und die Dachmatten festbinden konnte.
    Nun bin ich schon eine Woche hier, dachte Ron, als er am Abend vor seiner Hütte hockte und den flammenden Abendhimmel betrachtete. Durch den schmalen Korallenriff-Eingang kamen die Männer mit ihren Auslegerbooten vom Fischen zurück. Die kleinen, spitzen Segel sahen aus, als wären sie von der untergehenden Sonne in Gold getaucht worden. Im Dorf flammten die kleinen Feuer zwischen aufgeschichteten Steinen auf – die Frauen warteten auf den Fang ihrer Männer.
    Eine Woche nur … und es kommt mir vor wie eine kleine Ewigkeit. Ein Monat wird mir wie ein Jahr erscheinen, und nach einem Jahr werde ich verrückt geworden sein. Ich muß mir das immer und immer wieder vorsagen: Hab Hoffnung Junge! Auch diese Insel ist ein Teil unserer Welt und wird nicht vergessen. Es gibt nichts Unbekanntes mehr auf unserer Erde. Bau dein Haus aus, leg einen Garten an, sammle das Regenwasser in deinem Schlauchboot, und wenn du es gar nicht mehr aushalten kannst, verführe die zauberhafte Tama'Olu und laß dich dann von ihrem Vater erschlagen. Das wäre wenigstens ein anständiges Ende.
    Er hörte hinter sich das leise Knirschen des Sandes und drehte sich schnell um. Wenn man vom Teufel spricht, ist er nahe, durchfuhr es ihn, aber daß auch Engel auf Gedanken reagieren, ist neu. Auf dem Stamm der umgestürzten Palme hockte Tama und sah ihn aus ihren unergründlichen Augen an.
    Ron seufzte auf. »Es ist nicht gut, wenn du immer um mich bist«, sagte er ziemlich grob. »Ich habe darin Erfahrung. Bis jetzt hat es noch keine Frau gegeben, die sich gewehrt hätte, wenn ich sie in den Arm nahm. Nein, sie haben sogar darauf gewartet. Geh zurück ins Dorf. Du bist viel zu schön, und es wäre für uns beide ein Unglück, wenn ich dich mit in meine Hütte nähme.«
    Sie nickte, wie immer, wenn sie nichts verstand, blieb auf dem Palmenstamm sitzen und wartete. Über ihr schmales braunes Gesicht glitt der Schimmer der untergehenden Sonne. Um den Hals trug sie wieder eine der schrecklichen Ketten aus Plastikperlen, die Ron in den vergangenen Tagen auch bei anderen Frauen gesehen hatte. Ein großer Halunke muß dieser Gilbert Descartes sein, hatte er gedacht. Echte, handgemachte Eingeborenenkunst tauschte er gegen wertlosen Kitsch. Auch wenn er mich eines Tages von dieser Insel wegholt, werde ich ihn deswegen in den Hintern treten.
    »Also, wenn du unbedingt bei mir sein willst«, sagte er, »dann bring mir Tongalesisch bei. Mit ein paar Wörtern komme ich aus. Ein paar kenne ich ja schon.« Er kam zu ihr, setzte sich neben sie auf den Stamm, zeigte auf die versinkende Sonne, machte zu Tama eine Verbeugung, als käme er oder verabschiede sich. »Ta'ahine Tama'Olu (Fräulein Tama'Olu) … guten Abend …«
    Tama blickte ihn erstaunt an, schien zu begreifen, was er ausdrücken wollte, und sagte fast feierlich: »Malo e lelei ki he efiafi ni.« (Guten Abend.)
    »Ach, du lieber Jolly!« Ron starrte sie entgeistert an. »Das begreif ich nie! Das ist ja schlimmer als Chinesisch und Japanisch zusammen. Tama, braunes Engelchen, machen wir's umgekehrt: Du lernst Englisch, das ist einfacher und geht schneller.«
    Er legte den Arm um ihre nackten Schultern, und als er ihre glatte, warme, seidige Haut unter seiner Hand spürte, biß er die Zähne aufeinander und zog den Arm sofort wieder zurück.
    Mit weiten, staunenden Augen sah Tama ihn an. Dann lehnte sie den Kopf an seine Schulter, ihr langes schwarzes Haar wehte über seine Brust und sein Gesicht, und das Haar roch betäubend süß nach dem Saft einer ihm unbekannten Blüte.
    Ron zeigte wieder auf die untergehende Sonne. »Good evening …«, sagte er mit plötzlich rauher Stimme. »Ko koe.« (Du.)
    »Got ieieging«, wiederholte Tama und mußte nach diesem Wort lachen. »Ma'kovi.« (Das ist schlecht.)
    »I love you.«
    »Ei lawe ju …« Sie warf den Kopf in den Nacken und freute sich, daß sie den Satz besser ausgesprochen hatte. »I love you …«, wiederholte sie.
    »Wenn du wüßtest, was das bedeutet«, sagte Ron und atmete ein paarmal tief durch. »Nun willst du das erklärt haben, nicht wahr? Verdammt, Mädchen, lauf ganz schnell weg von hier. Lange kann ich mich nicht mehr beherrschen, dazu bist du

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