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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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viel zu reizvoll. Aber ich will keinen Ärger mit deiner Familie.«
    »Kohai ia?« (Was ist das?) fragte Tama'Olu und hob die Schultern.
    Die Frage und die Gebärde waren deutlich genug. Ron schob eine schwarze Haarsträhne aus seinem Gesicht, nahm Tamas Kopf in beide Hände und küßte sie auf den Mund. Ihre Lippen öffneten sich, er schmeckte die Süße des fremden Blütensaftes, mit dem sie nicht nur ihr Haar, sondern offenbar den ganzen Körper eingerieben hatte. Und gegen seinen Willen, gegen alle Vernunft schlang er die Arme um sie, drückte sie an sich, küßte und küßte sie immer wieder, glitt mit seinen Lippen über ihre Augen, den Hals, die Schultern bis hinunter zum Ansatz ihrer Brüste. Und sie streichelte seinen Kopf, seufzte und bog sich ihm entgegen.
    Doch mit einem Ruck riß sich Ron von ihr los und sprang auf. »Ich bin verrückt!« stieß er hervor. »Tama, du hast mich wahnsinnig gemacht, aber es soll nicht wieder vorkommen! Mit was für einem Teufelszeug hast du dich bloß eingerieben? Es raubt mir fast den Verstand. Also – geh zurück!«
    Er zeigte in Richtung des Dorfes. »Begreifst du das denn nicht – es darf nicht sein. Dein Stamm würde mich umbringen, und das mit Recht!«
    »Ei lawe ju …«, sagte sie wie ein Kind, das einen Vers aufsagen muß. »Ei lawe ju …«
    Ron zögerte. Es war die Sekunde der Entscheidung, ein Kampf zwischen Gefühl und Vernunft.
    Dann warf er sich herum und rannte zu seiner Hütte zurück, als jage ihn schon Tama'Olus Familie. Innen setzte er sich gegen die Tür, um zu verhindern, daß Tama ihm nachkam. Aber sie folgte ihm nicht.
    Als er vorsichtig die Tür einen Spalt öffnete und hinausspähte, sah er sie noch immer auf dem Palmenstamm sitzen, ein Schatten in der von einer schmalen Mondsichel erhellten, fahlen Dunkelheit.
    Sie wartet, dachte er. Sie wartet, daß ich sie hole. Mädchen, ich möchte es so gern … aber den Teufel werd' ich tun!
    Er ging zu seinem Bett, warf sich auf das neue Palmstroh, das ihm einige Frauen gebracht hatten, verschränkte die Hände im Nacken und schloß die Augen. Schlaf, sagte er zu sich. Verdammt, du Esel, schlaf! Das ist die einzige Möglichkeit, standhaft zu bleiben. Denn, wenn du Tama'Olu nimmst, kommst du nie mehr von der Insel weg. Hier wird das Ende deiner Suche nach Freiheit sein. Eine Frau, ausgerechnet eine Frau fängt dich wieder ein. Aber das war ja vorauszusehen! Drei Jahre bist du jetzt unterwegs, und fünfmal hast du gedacht: Hier bleibe ich, hier kann ich leben, mit Eileen, Francesca, Juliette, Mary und Mona im Bett. Mona aus Waitomo auf Neuseeland. Ein Abkömmling der Maoris, eine Frau wie eine Göttin … Und doch bist du jedesmal geflüchtet, wenn du merktest, daß sie dich als ihr Eigentum betrachteten. Du wärst erstickt in dieser besitzergreifenden Liebe. Und jetzt, Ron, du Rindvieh? Wie ist es jetzt? So schnell wie möglich willst du von hier weg, das sagt dir dein Verstand. Aber willst du wirklich fort? fragt dein Gefühl. Gilbert Descartes, wann kommst du endlich? Hol mich hier raus …
    Und dann träumte er, daß ein weißes, schönes Motorschiff jenseits der Korallenbarriere ankerte und ein Boot durch die Passage auf die Insel zuhielt. Ein dicker, schwitzender Mann mit einem Menjoubärtchen auf der Oberlippe, einem Strohhut auf dem Kopf und in einem weißen Baumwollanzug sprang an Land und rief: »Los, steigen Sie ein, Edwards. Haben Sie alles gepackt? Die Geschäfte sind beendet, wir müssen weiter. Kommen Sie schon –«
    Und er hörte und sah sich antworten: »Gilbert, Sie können mich mal. Ich bleibe bei Tama'Olu. Hier gehöre ich hin und nirgendwoanders.« Da tippte sich Descartes an die Stirn, rief eine unflätige Bemerkung, fuhr zu seinem schönen weißen Schiff zurück und dampfte ab. Aber noch in Sichtweite schoß eine Stichflamme aus dem Rumpf, der Explosionsknall blieb in den Palmen hängen, und in einer Feuersäule versank das Boot im Meer. Nur eines blieb noch und schwebte über dem Wasser: das schreckliche, höhnische und fette Lachen von Gilbert Descartes …
    Schweißgebadet schreckte Ron aus dem Traum empor. Er setzte sich im Bett auf und blickte sich um. Die Morgensonne schien durch die noch nicht gefüllten Wandritzen, vom Dorf herüber klang ein rhythmisches Stampfen. Die Frauen zerhieben die Maniokwurzeln, bis sie zu Mehl wurden, aus dem sie dann ihre Fladen backten.
    Ron wollte sich mit beiden Beinen aus dem Bett schwingen, aber ruckartig hielt er in der Bewegung inne.
    Vor

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