Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Meerwassers, mußte er erst mit einem Stein weichklopfen, ehe er ihn aufschnüren konnte.
    Ron erinnerte sich, daß er nur diese Tasche hatte retten können, bevor sein Schiff in der Tiefe der Südsee versank. Später, als er sich von der Strömung treiben ließ, hatte er den Nylonbeutel als Kopfkissen benutzt. Aber dann, bei seinem Kampf gegen Wellen und Korallenriffe und nach seiner Landung auf der Insel, war er so erschöpft gewesen, daß er nicht mehr an die Tasche gedacht hatte.
    Jetzt öffnete er sie, holte den Inhalt heraus und legte ihn auf den Boden des Schlauchbootes. Sein Reisepaß kam zum Vorschein, ausgestellt auf den Namen Ron Edwards, amerikanischer Staatsbürger, den er damals für viele Dollars gekauft hatte, ein Plastiktäschchen mit Travellerschecks und Dollarnoten. Zusammen waren es viertausend Dollar, die ›eiserne Reserve‹, mit der man von jeder Ecke der Welt nach Hause fahren konnte, wenn man die Nase voll hatte vom Abenteuer der absoluten Freiheit. Schließlich ein Vielzweck-Taschenmesser mit verschiedenen Klingen, Zangen und Feilen sowie komischerweise ein zusammengeknülltes buntes Baumwollhemd und ungefähr zwei Meter einer dicken Kordel.
    Ron setzte sich auf den Rand des Schlauchbootes und blickte über die grünschimmernde Lagune hinüber auf das Riff und den dahinter schäumenden Ozean. Soll ich es wagen? dachte er. Das Boot vollpacken mit Lebensmitteln, Früchten und Wasser und dann hinausfahren aufs Meer – mich treiben lassen und paddeln, tagelang, in der Hoffnung, irgendwo an Land zu können oder einem Schiff zu begegnen, das mich mitnimmt, ganz gleich wohin, nur weg aus dieser Einsamkeit.
    Weg von Tama'Olu?
    Er blätterte den Paß mit den vielen Ein- und Ausreisestempeln durch. Erinnerungen tauchten wieder auf. Singapur und Hongkong, Manila und Shanghai, Neuseeland und Australien, Tahiti und Fidschi, und überall – Ron, du verdammter Kerl! – hatte es eine Tama'Olu gegeben. Nur hießen die Mädchen Li oder Eileen, Marilyn oder Barbara. Und keine hatte ihn halten können, eines Tages war er einfach verschwunden.
    Er schrak hoch und hob den Kopf. Dumpfer, rhythmischer Trommelklang wehte zu ihm an den Strand. Er kam aus dem Palmenwald hinter dem Dorf, und jetzt sangen die Eingeborenen auch dazu.
    Ron packte alle Papiere und die wenigen Habseligkeiten wieder in die Tasche, hing sie sich um und stapfte durch den weißen Korallensand zurück ins Dorf. Als er an den verlassenen Häusern vorüber war, sah er nach vielleicht zweihundert Metern mitten im Palmenwald eine große Lichtung, auf der drei hohe, geschnitzte und mit Pflanzenfarbe bemalte Götterstatuen standen. Mit riesigen Glotzaugen starrten sie die Menschen an. Die Finger glichen Vogelkrallen, und aus den breiten, das ganze Gesicht durchschneidenden Mäulern bleckten riesige Zahnreihen. Ein furchterregender Anblick für all jene, die an die grausame Macht der Götter glaubten.
    In einem weiten Kreis standen alle Bewohner von Tonu'Ata um diese etwa vier Meter hohen Totems. Die Menschen klatschten in die Hände, sangen eine eintönige Melodie, stampften dabei mit den Beinen auf den Boden, und vier Männer schlugen mit Knüppeln auf die Baumtrommeln, die vor ihnen auf der Erde lagen. Zwischen den Götterstatuen stand ein mit bunten Strichen, Kreisen, Winkeln und phantastischen Figuren über und über bemalter Mensch, die Arme hoch zum Himmel gereckt, regungslos, wie erstarrt, als sei auch er ein Götzenbild. Ein Stirnreif mit bunten Vogelfedern bedeckte seinen Kopf und erinnerte Ron an den Häuptlingsschmuck der Papuas, den er im Hochland von Neuguinea gesehen hatte.
    Ron stand versteckt hinter einer dicken Palme und suchte in dem wogenden Menschenkreis Tama'Olus zierliche Gestalt. Tápana hatte er schon entdeckt … er stand dem bemalten Mann gegenüber, der ein Zauberer, Priester oder Medizinmann sein mußte.
    Tápana schien sich schon in Trance gesungen zu haben; mit geschlossenen Augen, den Kopf weit in den Nacken geworfen, die Erde stampfend, stieß er unmelodische Töne hervor. Schweiß bedeckte seinen nackten Oberkörper, der im Rhythmus der Trommeln wild zuckte.
    Dieser Descartes, dieser Händler, der hier ab und zu mit seinem Schiff auftaucht, ist ein Saukerl, dachte Ron. Aber offensichtlich ein Verkaufsgenie. Mit seinen Ketten aus schwarzen Plastikperlen hat er ein Bombengeschäft gemacht. Alle Frauen von Tonu'Ata tragen diesen billigen Schmuck um den Hals. Kitsch und Talmi sogar im Tonga-Reich – die Zivilisation

Weitere Kostenlose Bücher