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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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besagte dieser Blick.
    Der Mann kniete auf dem Boden seines Bootes und beugte sich zu Tama'Olu hinunter. »Hör einmal zu –«, sagte er und hielt sie an den Haaren fest, als sie wegschwimmen wollte, »ab morgen tauche ich allein.«
    »'Ikai!« antwortete sie sofort.
    »Und wenn du hundertmal nein sagst – du bleibst zu Hause. Bist du meine Frau …?«
    »Bis zum Tod.«
    »Und der kann schnell kommen. Eventuell in Gestalt eines Hais.«
    »Für dich auch.«
    »Keine eurer Frauen taucht nach Perlen. Also gehorche mir endlich!«
    »Ich dich nicht lassen allein.«
    »Das hier ist Männersache. Knochenarbeit. Viel zu schwer für dich.«
    »Nix Knochen … Luft …«
    »Du gehörst ins Haus, Tama'Olu, so wie alle Frauen deines Stammes. Von mir aus bestell deine Felder. Aber auch das ist Blödsinn, es ist alles zu schwer für dich. Warum fliehst du keine Matten, Segel oder Netze wie die anderen?«
    »Weil du willst haben schwarze Perlen.« Sie schüttelte den Kopf, um ihr Haar aus seinen Fingern zu befreien. »Laß mich los, Ovaku. Du sollst viele Perlen haben. Und ich habe mehr Luft als du.«
    »Das bestreitet ja keiner. Du bist ein Taucher-Phänomen …«
    »Was ist Phänomen?«
    Ron schüttelte den Kopf. »Das zu erklären ist jetzt zu mühsam. Tama, komm zurück ins Boot. Bitte!«
    »'Ikai«, sagte sie sofort. Dann hob sie die Hand, zeigte zum Himmel, was bedeuten sollte: Die Zeit steht nicht still. Der Abend kommt schnell. Dann versuchte sie sich energisch aus seinem Griff zu befreien. »Komm! Tauchen! Nix reden … Perlen suchen!«
    »Du bist wie alle Frauen: Kaum hat man euch in den Arm genommen, da ist man schon mit Haut und Haar euer Eigentum. Man wird einfach gefressen.«
    »Was wird gefressen, Ovaku?«
    »Ich werde dich eines Tages fressen.«
    Sie lachte, riß ihre Haare aus seinen Fingern und ließ sich abtreiben. »Heute nacht du kannst mich fressen!« rief sie und lachte laut. »Aber ich beiße zurück.« Sie zeigte ihre schönen weißen Zähne, tat, als schnappe sie nach ihm, und schwamm dann mit herrlichen, gleichmäßigen Bewegungen davon.
    Ron ließ sich über Bord ins Meer fallen und schwamm ihr nach.
    Nach einer Stunde Tauchen hatten sie ihre vier Körbe voll Muscheln und stießen sie vor sich her bis zum Boot.
    Wie immer war Ron hinterher total erschöpft. In seinen Schläfen hämmerte das Blut, Stiche durchzuckten seine Brust, und er hatte Mühe, sich an dem wulstigen Gummirand des Bootes hochzuziehen, um sich dann auf den Boden fallenzulassen. Wie jeden Tag bestaunte er Tama'Olu, die keine Schwierigkeiten hatte und sich ins Boot schwang, als spüre sie keinerlei Müdigkeit. Zu allem Überfluß zog sie dann auch noch die vollen Muschelkörbe aus dem Wasser und stellte sie ins Boot. In der Sonne glänzte ihr nasser Körper, als sei er aus tausend durchsichtigen Perlen gemacht. Jeder Wassertropfen schillerte und leuchtete. Es war ein Anblick, der Rons Herz jedesmal schneller schlagen ließ. Wo gab es so viel Schönheit noch einmal auf der Welt?
    Tama'Olu wartete, bis sich Ron etwas erholt hatte und seine Lungen wieder normal arbeiteten.
    In diesen Minuten dachte er immer wieder an das Wunder der Natur, das unter ihm im Meer lag … die Muschelbänke, deren Anfang und Ende er noch nicht gesehen hatte, die sich aber über Hunderte von Metern hinziehen mußten. Ein riesiges Feld, das man abernten konnte. Ein Feld aus Muscheln, in denen Perlen wuchsen. Schwarze Perlen. Ein Vermögen. Es war kaum zu begreifen!
    Wenn Rons Erschöpfung etwas nachgelassen hatte, begannen sie, die Muscheln mit den Messern aufzuknacken. Die ›tauben‹ Muscheln warfen sie ins Meer zurück, aus den ›Müttern‹ schälten sie die Perlen heraus und steckten sie in den Nylonbeutel. Die ausgeraubten ›Mütter‹ warfen sie dann ebenfalls über Bord. Meist wimmelte es wenig später rings um das Boot von Fischen, die nach dem Muschelfleisch schnappten – eine gefährliche Mahlzeit, denn von der Insel schwirrten Vogelschwärme herbei, umkreisten schreiend das Schlauchboot und stießen im Sturzflug hinunter ins Meer. Die langen spitzen Schnäbel klappten auf, und wenn die Vögel wieder hinauf in den Himmel flogen, zappelte ein Fisch zwischen ihren Schnäbeln.
    Von Tag zu Tag wurden die Vögel mehr.
    »Es spricht sich herum, daß hier ein gedeckter Tisch ist«, sagte Ron einmal. »Mir kommt es so vor, als warteten die Tiere direkt auf unser Erscheinen.«
    Die Ausbeute ihres Tauchens war mal mager, mal überwältigend, aber kein Tag

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