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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem Hai direkt ins Auge sehen konnte. Das Geschrei von Tamas Brüdern im Ohr, faßte er mit der Rechten seinen Speer mit der gezackten Spitze und stieß zu.
    Er traf den Hai zwischen die Augen, nicht tief genug, daß der Speer haften blieb, er verwundete den Raubfisch nur, kratzte ihn an, hinterließ eine kleine Wunde, die kaum blutete.
    Der Hai starrte Ron an, als wolle er mit ihm sprechen. Seine Zahnreihen umklammerten noch immer den Auslegerstamm. Das Tier schien zu begreifen, daß es falsch zugebissen hatte und das Boot von der anderen Seite sogar hätte zerstören können, aber nun war es, gereizt bis aufs Blut, bereit zu kämpfen.
    Der riesige Fisch ließ die Holzstange los, tauchte. Ron sah voller Angst, wie der Hai elegant unter dem Einbaum wegschwamm, wie er sich blitzschnell drehte und dann wieder zum Boot zurückkehrte. Ein Glück, dachte Ron noch, daß ich nicht wie sonst mit meinem Schlauchboot hinausgefahren bin, ein solcher Biß hätte es auseinandergerissen.
    Er kniete sich auf den Boden und wog den Speer in seiner Hand. Er sah, daß Tamas Brüder auf ihn zupaddelten. Aber sie würden zu spät kommen, fast windstill war es, und ihre Segel hingen schlaff an dem kleinen Mast.
    Der Hai griff an. Die dreieckige Rückenflosse durchschnitt das Wasser wie ein Messer, der spitz zulaufende Kopf kam heran wie ein Rammbock.
    »Jetzt!« schrie sich Ron zu, »jetzt … Er will das Boot zum Kentern bringen, aber der Ausleger wird das verhindern. Jetzt!«
    Er stützte sich, so gut es ging, in dem schmalen Boot ab, nahm den Speer in beide Hände und stieß mit aller Kraft zu – gerade als der Kopf des Hais vor ihm auftauchte. Die Speerspitze drang tief in den glänzenden Leib ein, der Hai bäumte sich auf, sein Mördergebiß schnappte in die Luft.
    Ron ließ den Speer los, um nicht über Bord gezogen zu werden, und klammerte sich wieder am Bootsrand fest.
    Der Hai tauchte weg, den Speer im Rücken, und verschwand in der Tiefe des Meeres.
    Tamas Brüder waren jetzt nahe bei Ron, standen mit gespreizten Beinen in ihren Einbäumen und warteten auf das Wiederauftauchen des Fisches. Aber der Hai kam nicht mehr nach oben. Vielleicht versuchte er, den Speer in seinem Rücken an einem Korallenfelsen abzustreifen, wenn nicht andere Haie von seinem Blut angelockt wurden und ihn erbarmungslos zerrissen.
    An den Vormittagen also fischte Ron und brachte Tama'Olu seinen Fang in die Hütte. Sie wartete dann schon, nahm die Fische aus, kratzte die Schuppen ab und kochte oder briet die Fische fürs Mittagessen – so, wie es alle Frauen im Dorf taten, die ihre Männer versorgten.
    Oft saß dann Ron auf Pater Richards Bank und sah ihr zu, wie sie vor dem Steinofen hockte, mit entblößten Brüsten und eingehüllt in ihre langen schwarzen Haare.
    Meine Frau, dachte er dann. Ich habe eine Frau … die schönste auf dieser Erde. Die zärtlichste, die anschmiegsamste; ein Geschöpf, das nur aus Liebe zu bestehen scheint. Ron, für dieses Glück gibt es keine Worte mehr.
    Nach dem Essen – und so war es jetzt Tag für Tag – gingen sie hinunter zum Strand und schoben das Schlauchboot in die Lagune. Mit vier Flechtkörben, die sie im Boot verstauten, ruderten sie dann durch die Lücke in der Korallenbarriere hinaus aufs offene Meer und fuhren um die Insel herum bis zu der kleinen Bucht zwischen den Vulkanfelsen. Hier warf Ron wieder seinen Treibanker aus, den schweren Stein an dem dicken Palmstrick, und machte sich zum Perlentauchen bereit.
    Ein paarmal sagte er: »Mein Liebling, ich tauche allein.«
    Und Tama'Olu antwortete stets ruhig, aber eigensinnig: »'Ikai!«
    »Denk an den Hai, Tama'Olu!«
    »Immer ich denke daran, Ovaku.«
    »Es ist zu gefährlich!«
    »Auch für dich gefährlich«, konterte sie.
    »Und deshalb will ich, daß du im Boot bleibst.«
    »'Ikai!«
    »Verdammt. Sei nicht so ein Dickkopf! Ich will, daß du im Boot bleibst.«
    »Ich will aber bei dir sein. Immer. Ich habe auch großes Messer für Hai. Zwei Messer sind besser als eins.«
    Gegen diese einfache Logik gab es kein Argument mehr.
    Ron wartete, bis auch Tama'Olu ihren breiten Gürtel umgebunden hatte, das Messer hineinsteckte und ihren Flechtkorb über Bord ins Meer warf. Dieser Gürtel war das einzige, was sie am Körper trug, sonst war sie wie immer nackt und sah unter Wasser aus wie ein seltener, braun glänzender Fisch.
    Sie ließ sich über den wulstigen Bootsrand gleiten, umfaßte den schwimmenden Korb und sah zu Ron hinauf. Warum kommst du nicht?

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