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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie band sich einen Gürtel aus Palmfasern um den schlanken Körper, steckte ein großes Messer hinein und sah Ron ernst an. Er hatte seinen Ledergürtel umgeschnallt und trug ebenfalls ein Messer an seiner Hüfte. »Du hinter mir«, befahl sie. »Ganz hinter mir … nix allein, hörst du?«
    »Ich höre, mein Engel.«
    Er warf einen großen Stein an einem Lianenstrick ins Wasser, damit das Boot nicht zu weit abtrieb, und zuckte dann doch zusammen, als Tama'Olu sich über den Rand in die Tiefe fallen ließ. Sofort sprang er hinterher, sah sie hinabtauchen und folgte ihr.
    Die Muschelbänke dehnten sich weit über Felsen und Korallensiedlungen, so breit und groß, daß kein Ende zu sehen war. Ein paar größere, schnelle Fische kreisten über ihnen, und Ron wußte, daß es Barrakudas waren. Wo diese Fische sind, gibt es auch Haie, dachte er. Junge, denk nicht daran, laß dich nicht ablenken … du hast nur für zwei Minuten Luft. Und diese zwei Minuten sind verdammt kostbar.
    Er stieß hinter Tama'Olu hinab zu den endlosen Muschelkolonien, sah, wie sie mit dem Messer eine große Muschel aus der Bank herausbrach, hockte sich neben sie auf das glitschige Riff, hieb mit seinem Messer auf eine runde, borkige Muschel und bekam sie frei, als er schon das Gefühl hatte, seine Lungen würden gleich bersten. In wilder Verzweiflung stieß er sich vom Untergrund ab, schoß nach oben und schnappte mit einem gurgelnden Schrei nach Luft. Zwei Meter neben ihm tauchte auch Tama auf, war gleich darauf bei ihm und legte den Arm um seinen Nacken.
    »Gut, Ovaku«, sagte sie. »Gut. Komm zurück …«
    Er schwamm völlig ausgepumpt zum Boot zurück, zog sich mühsam über den Wulst hinein und sah bewundernd zu, wie Tama sich elegant über den Rand schwang. Sofort brach sie mit dem Messer ihre Muschel auf und hielt sie Ron hin.
    »Nichts!« sagte er erschöpft. »Leer. Wie oft muß man tauchen?«
    »Hundertmal … dann eine Perle.«
    Er starrte Tama'Olu an, begriff, daß schwarze Perlen nicht wuchsen wie Pilze oder Schwämme, nahm das Messer und öffnete seine Muschel.
    Naß und schimmernd in einem blassen, wie mit Silber durchzogenem Schwarz umschloß das Muschelfleisch eine kleine, vollkommen runde Perle. Mit den Fingerspitzen holte Ron sie aus der Muschel und hielt sie gegen die Sonne.
    »Eine Perle …«, stammelte er und lehnte sich gegen Tama'Olu, die ihn mit beiden Armen umfing. Und dann schrie er hinauf in die Sonne: »Meine erste schwarze Perle … Meine Perle! Mein Engel, ich habe es geschafft … ich habe es geschafft! Wir werden dem Meer die schwarzen Perlen entreißen und unendlich glücklich sein!«
    Am Abend erst kehrten sie zum Dorf zurück. Tama'Olu paddelte allein, Ron lag mit geschlossenen Augen im Boot, zu Tode erschöpft, unfähig, sich noch zu bewegen.
    Aber neben ihm lag der Nylonbeutel, und in ihm glänzten sieben schwarze Perlen.
    Zehntausendfünfhundert Dollar … Lohn für einen einzigen Tag.

5.
    Ron Edwards Leben hatte sich verändert. Und nicht nur sein Leben, seine ganze Welt war eine andere geworden, eine Welt aus Millionen Dollar, von der niemand eine Ahnung hatte. Ob auch eine schönere Welt, daran mochte Ron nicht denken, nicht jetzt, wo ein Schatz vor ihm im Meer lag, der gar nicht abzuschätzen war. Eine kilometerlange Steinbank, besetzt mit unzählbaren Muscheln, die, wenn ein Sandkorn in sie eindrang, nur schwarze Perlen produzierten. Perlen von einer bisher nie gesehenen Schönheit und Vollkommenheit. Ein seltenes Kunstwerk der Natur.
    Die Tage wurden Ron zu kurz, sie hätten die doppelte Stundenzahl haben müssen. Morgens fuhr er mit den Männern des Stammes hinaus auf den Ozean, fischte mit Netzen oder stach die großen Fische mit dem Speer, so wie sie es ihm beigebracht hatten. Einmal sah er auch einen Hai, der um ihre Boote herumschwamm, angelockt von dem Blut der getöteten Fische. Es war, als erkenne der Hai, daß Ron nicht zu den Männern der Insel gehörte, als nehme er seine helle Hautfarbe wahr und habe die Pflicht, ihn zu vertreiben.
    Wie ein Torpedo sauste der gnadenlose Mörder der Meere auf Rons Boot zu, hob den Kopf aus dem Wasser, starrte den weißen Menschen mit seinen kleinen, kalten Augen an, riß das breite, mit messerscharfen Zähnen gespickte Maul auf und biß in die Querstange des Auslegers. Das Holz knirschte und splitterte, das Boot schwankte besorgniserregend. Ron duckte sich, krallte die Finger in den Bootsrand, um nicht über Bord zu fallen, und beugte sich vor, so daß er

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