Die Bucht der schwarzen Perlen
Paradies.
Er löschte das Licht im Salon, ging ins Schlafzimmer, zog sich aus, duschte und legte sich dann nackt in das große Rundbett. Auf der linken Seite sah er sich im Spiegel und nickte sich zu.
Wenn du jetzt hier wärest, Tama'Olu, könnte ich dich und deine Zärtlichkeiten nicht nur spüren, sondern auch sehen, deinen braunen, glänzenden, geschmeidigen Körper, das Spiel deiner Muskeln und wie du auf mich gleitest.
Ich bin in deiner Nähe, mein Liebes. Vielleicht sogar ganz nah. Morgen werden wir es feststellen. Morgen suche ich dich weiter. Und du weißt ja: Wo ich bin, bist auch du. In Gedanken küsse ich dich jeden Tag, jede Nacht, umarme dich und bin glücklich, daß es dich gibt. Mein Engel, morgen oder übermorgen werden wir uns sehen, werden wir uns entgegenlaufen und umarmen. Und ich werde dich auf meine Arme nehmen und dich hinübertragen zu unserer Hütte.
Gute Nacht, Tama'Olu.
Ich bin ganz nahe bei dir …
Zwei lange Tage durchquerte Ron die Südsee, ohne die Insel Tonu'Ata zu finden. Einerseits war das beruhigend, denn wenn schon er, trotz Einsatzes aller technischen Möglichkeiten, die Insel nicht entdeckte, war sie auch sicher vor anderen überraschenden Besuchern. Anscheinend lag sie weit ab von den internationalen Schiffahrtswegen, und offensichtlich kam auch niemand auf die Idee, ohne festes Ziel in die blaue Weite des Pazifik hineinzufahren.
Dort, wo Tonu'Ata liegen mußte, gab es nur Wasser, und kein Schiff geriet so weit ab vom Kurs. Es sei denn, es verirrte sich, weil alle Instrumente versagten. Das aber war sehr unwahrscheinlich.
Andererseits wurde Ron allmählich nervös und unsicher. So weit entfernt von Telekitonga kann mein Paradies nicht liegen, sagte er sich. Damals war er fünf Tage lang auf dem Ozean umhergetrieben, ehe ihn Pater Patrick mit seinem schnellen Boot gesichtet und aufgefischt hatte. Fünf Tage und vier Nächte – da kann man schon weit abtreiben, getragen von einer Strömung, die man unter sich nicht merkt.
Das Schlauchboot war damals ein Spielball der sanften Wellen gewesen, es hatte stundenlang in Strömen geregnet, und dann brannte wieder die Sonne vom Himmel und ließ das Regenwasser regelrecht verdampfen. Gemessen am Stand der Sonne, war er wohl nach Westen getrieben worden. Das war das einzige, was er damals an Richtung hatte erkennen können.
Die Strömung … Ron studierte wieder die Detailkarte der Ha'apai-Gruppe, stach die Spitze des Navigationszirkels in die Insel Telekitonga und zog dann einen Kreis von zunächst 100 Meilen, dann 200 Meilen und 300 Meilen. Weiter konnte er nicht abgetrieben worden sein, auch bei einer starken Strömung nicht.
In den Seekarten waren zwar alle Tiefen und Untiefen eingetragen, alle Riffs und Sandbänke, aber es waren keine Strömungen eingezeichnet. Sie schienen zu gering zu sein. Und dennoch war er von Tonu'Ata so weit weggetrieben worden, daß er die Insel nun nicht mehr wiederfand.
Den ganzen nächsten Tag, ebenso den folgenden, irrte Ron kreuz und quer in dem östlichen Teil des Kreises herum, den er um Telekitonga gezogen hatte. Er steuerte jetzt von Hand, das Radar auf dem Dach kreiste unentwegt und zeigte nichts als Meer, eine leere Fläche auf dem Bildschirm. Die Digitalzahlen des Satellitenpeilers veränderten sich ständig, und immer wieder strich Ron auf der Seekarte ein Gebiet durch, daß er ergebnislos abgefahren hatte.
Am Nachmittag des dritten Tages starrte Ron wie gebannt auf den Radarschirm. Am obersten Rand der Scheibe erschien ein dünner Strich, zunächst kaum erkennbar, dann endlich als eine deutliche feste Linie zu erkennen.
Land! Land! Das war Land! Land, das auf keiner Karte eingezeichnet war! Das mußte Tonu'Ata sein … das konnte gar nichts anderes als seine Insel sein!
Ron streichelte mit beiden Händen das Radarbild, stürzte gleich darauf hinauf an Deck, rannte nach vorn zum Bugkorb und riß die Arme hoch. Er winkte und schrie, benahm sich wie ein Schiffbrüchiger, der einen Dampfer in der Ferne erkennt. Dann legte er die Hände wie einen Trichter vor den Mund und rief: »Tama'Olu! Ich komme … ich komme!«
Wieder zurück am Steuerstand, drosselte er die Motoren, beugte sich über die Seekarte, las vom Satellitenpeiler seine Position ab und trug sie auf der Karte ein. So markierte er die Stelle, wo Tonu'Ata liegen mußte und gab die Daten in den Autopiloten ein.
Als er die Motoren wieder auf volle Kraft gestellt hatte, machte das Schiff eine leichte Drehung nach backbord und
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