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Die Bucht der schwarzen Perlen

Die Bucht der schwarzen Perlen

Titel: Die Bucht der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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folgte dem Befehl der Automatik. Ron rannte erneut nach oben, lehnte sich an die Wand des Deckaufbaus und suchte mit seinem starken Fernglas den Horizont ab. Was das Radar gesehen hatte, mußte jetzt auch bald für ihn sichtbar sein.
    Und da war sie … im Abenddunst wie schwebend … die Küste, die kleine Insel im unendlichen Ozean! Grau hoben sich die Vulkanfelsen gegen den fahlen Himmel ab.
    In einer halben Stunde würde der Horizont wieder aufglühen von der sinkenden Sonne, würde das Meer zuerst golden schimmern, dann rot und langsam übergehen in ein tiefes Violett. Und die großen Wolken würden brennen. Das ganze Firmament schien dann zu zerbersten in lodernden Flammen. Ein Tag starb, und es schien, als gehe die Welt unter.
    Morgen sitzen wir wieder auf der Bank vor unserer Hütte und sehen dem Sonnenuntergang zu, wie so oft, Tama'Olu. Alles wird so sein wie früher – und doch anders. Mein Schiff ist voll von den Errungenschaften der Neuzeit. Laß dich überraschen, mein Engel.
    Wie immer brach die Dunkelheit nach einer kurzen Dämmerung schnell herein. Die Insel versank wieder im Meer, nur ein undeutliches Schattenbild blieb übrig.
    Ron stellte die Motoren ab, warf den Treibanker aus und bereitete sich in der Pantry sein Abendessen zu. Zur Feier des Tages, denn das Auffinden von Tonu'Ata war ein Fest wert, leistete er sich eine Büchse Kalbsbrust in Gelee, erwärmte eine Dose Artischockenböden und Kartoffelpüree, machte ein Glas mit Ananasscheiben auf und holte aus einer Weinkiste einen roten Château Las combes, Grund Cru Classé 1977.
    Er wagte es nicht, jetzt in der Dunkelheit, durch die enge Einfahrt des Korallenriffs zu fahren. Trotz Scheinwerfer und elektronischem Echolot war ihm das zu riskant. Es war überhaupt zweifelhaft, ob er die Yacht in der Lagune ankern konnte. Nur in der Mitte war das Wasser vier Meter tief. Zum Strand und zur Korallenbarriere hin hatte man höchstens noch zwei Meter unter dem Kiel. Bei einem Tiefgang von 1,70 Meter blieben nur noch 30 Zentimeter Wasser. Es würde eine Kunst sein, dort durchzukommen. In der Nacht war das völlig unmöglich. Ron traute sich das nicht zu.
    So feierte er allein seine Rückkehr zu Tama'Olu, stieg, vom Wein schon etwas benebelt, an Deck und hob sein Glas in die Richtung, in der die Insel hinter dem Schleier der Nacht lag.
    »Tama, mein Engel!« schrie er in die Dunkelheit hinein. »Wenn die Sonne in den Himmel steigt, bin ich wieder bei dir!« Dann trank er das Glas leer und schleuderte es weit ins Meer hinaus.
    Natürlich verschlief er den Sonnenaufgang. Als er endlich erwachte, war es heller Tag. Gleißendes Licht lag über der See, und sein Kopf brummte gewaltig. Wenn er sich über die Haare strich, war es, als sei jede Haarspitze elektrisch geladen.
    Versoffener Hund, sagte er zu sich, stellte sich unter die kalte Dusche und blieb darunter, bis er fror. Aber dann fühlte er sich freier und wie erlöst, frottierte sich ab und ging hinauf an Deck, um sich nackt in die Sonne zu stellen. Vor ihm erhob sich Tonu'Ata aus dem Meer. Die Vulkanfelsen glänzten, am Ufer meinte er, schon die windgebogenen Palmen zu sehen und das Schimmern des weißen Strandes.
    Ron holte den Schleppanker ein, zog eine seiner neuen weißen Hosen an, ein buntes Hemd mit kurzen Ärmeln, die weißen Schuhe mit der dicken, rutschfesten Sohle und stülpte sich schließlich auch noch die Mütze mit dem langen Schirm auf den Kopf.
    Langsam steuerte er dann die Yacht auf die Insel zu, immer das Echolot im Blick, dessen Tiefenanzeige von Meter zu Meter niedriger wurde.
    Jetzt müssen sie mich sehen, dachte er, als er endlich den weißen Strand hinter der Lagune deutlich erkennen konnte.
    Ganz vorsichtig steuerte er auf die Einfahrt zu … noch einen Meter unter dem Kiel … noch fünfzig Zentimeter … jetzt nur noch vierzig … Er hielt den Atem an, als er die schmale Straße durch das Korallenriff erreichte. Nur noch dreißig Zentimeter Wasser waren jetzt unter ihm. Verdammt, dachte er, verdammt, ich schaffe es nicht! Ich muß rückwärts wieder hinaus und das Schiff vor der Barriere ankern. Das ist schlecht, wenn Wind aufkommen sollte. Himmel, was mach' ich nur?
    Ron sah hinüber zum Strand und wunderte sich, daß alles wie ausgestorben wirkte. Die Auslegerboote waren hinaufgezogen, kein Mensch war am Ufer zu sehen. Wie von seinen Bewohnern verlassen lag das Dorf unter den Palmen. Nur ein paar Hunde strolchten, wie immer, zwischen den Hütten herum, spielten miteinander

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