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Die Bücher und das Paradies

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Titel: Die Bücher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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das Idol einer
    Generation.3 Ringo kämpfte nicht für eine Ideologie oder
    für das Vaterland, sondern für sich selbst und für eine
    Prostituierte. Er war antirhetorisch und deshalb
    antifaschistisch. Antifaschistisch waren auch Fred Astaire
    und Ginger Rogers, da sie gegen den Piloten Luciano
    Serra antraten, den Protagonisten des gleichnamigen
    imperial-faschistischen Films, zu dessen Produktion auch
    Vittorio Mussolini beigetragen hatte. Das menschliche
    Vorbild, das Roberto vorschwebte, war eine Mischung aus
    Sam Spade, Ishmael, Edward G.
    Robinson, Charlie
    Chaplin und dem Magier Mandrake. Ich stelle mir vor,
    daß es für einen Amerikaner auch in einer Zeit
    massenhafter Nostalgie nichts Gemeinsames gibt, was
    Jimmy Durante, Gary Cooper in Wem die Stunde schlägt ,
    James Cagney in Yankee Doodle Dandy und die
    Mannschaft der »Pequod« miteinander verbindet. Aber für
    Roberto und seine Freunde gab es einen roten Faden, der
    sich durch alle diese Begegnungen zog: Sie alle waren
    Personen, die gern am Leben sind und nicht sterben
    wollen, und darum bildeten sie die rhetorische Antistrophe
    zu dem faschistischen Übermenschen, der Sorella Morte
    respektive Bruder Tod feierte und der eigenen
    Vernichtung fröhlich mit zwei Bomben in Händen und

    3 Der Held in John Fords Western von 1939, die erste große Rolle des jungen John Wayne. Der Film lief in Deutschland unter den
    Titeln Höllenfahrt nach Santa Fe und später Ringo , in Italien heißt er bis heute Ombre rosse (Rote Schatten). Zur italienischen Rezeption vgl. die Aussage von Italo Calvino in seinem Band Die Mülltonne und andere Geschichten , Hanser 1994, S. 52 (A. d. Ü.).
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    einer Blume im Mund entgegeneilte. Den Steptanz lieben
    hieß damals, den Stechschritt verachten und später, die
    stachanowschen Allegorien des sozialistischen Realismus
    belächeln.
    Roberto und seine Generation hatten auch eine Musik:
    den Jazz. Nicht nur, weil er avantgardistische Musik war,
    die sie nicht anders hörten als die von Strawinsky oder
    Bartók, sondern auch, weil er degenerierte Musik war, die
    von Negern in den Kaschemmen gemacht wurde. Roberto
    war das erste Mal antirassistisch aus Liebe zu Louis
    Armstrong.
    Mit diesen Modellen im Kopf ging Roberto 1944,
    blutjung, zu den Partisanen. Nach dem Krieg wurde er
    entweder Mitglied oder »Weggefährte« einer Partei der
    Linken. Er respektierte Stalin, war gegen die
    amerikanische Invasion in Korea, protestierte gegen die
    Hinrichtung der Rosenbergs. Nach dem Einmarsch der
    sowjetischen Panzer in Budapest verließ er die Partei. Er
    war fest davon überzeugt, daß Truman ein Faschist und
    Li’l Abner von Al Capp ein Held der Linken sei, ein
    Verwandter der Herumtreiber von Tortilla Fiat. Er liebte
    Eisenstein, aber er war überzeugt, daß der filmische
    Realismus durch Mervyn LeRoys Little Ceasar
    verwirklicht wurde. Er betete Hammett an und fühlte sich
    verraten, als die hard boiled novel unter die Fuchtel des McCarthyisten Mickey Spillane geriet. Er suchte die
    Nordwestpassage für einen Sozialismus mit menschlichem
    Antlitz auf der Road to Zanzibar mit Bing Crosby, Bob Hope und Dorothy Lamour. Er entdeckte und verbreitete
    die Epik des New Deal, er liebte Sacco, Vanzetti und Ben
    Shan, er kannte schon vor den sechziger Jahren (als sie in
    Amerika wieder berühmt wurden) die Folksongs und
    Protestballaden der anarchischen Tradition Amerikas, und
    er hörte abends mit den Freunden Pete Seeger, Woody
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    Guthrie, Alan Lomax, Tom Jodd und das Kingston Trio.
    Er war von Vittorinis Americana in den Mythos eingeführt worden, aber jetzt war sein Gutenachtbuch Alfred Kazins
    On Native Grounds.
    So kam es, als die Generation von Achtundsechzig ihren
    Protest herausließ, womöglich auch gegen Leute wie
    Roberto, daß Amerika bereits eine Lebensform war, auch
    wenn keiner dieser jungen Leute die Anthologie
    Americana gelesen hatte. Und ich spreche hier nicht von den Bluejeans oder dem Chewing-gum, das heißt von dem
    Amerika, das Europa als Zivilisations- und Konsummodell
    beherrschte; ich spreche noch immer von jenem Mythos,
    der in den vierziger Jahren herangereift war und nicht
    immer im Untergrund wirkte. Gewiß war Amerika als
    Macht für diese jungen Leute der Feind, der Weltpolizist,
    der zu bekämpfende Gegner, in Vietnam wie in
    Lateinamerika. Aber diese Generation saß inzwischen –
    jedenfalls in Italien – zwischen vier Fronten: Ihre Feinde
    waren das kapitalistische Amerika, die Sowjetunion,

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