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Die Bücher und das Paradies

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Titel: Die Bücher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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die
    Lenin verraten hatte, die KPI, die die Revolution verraten
    hatte, und – zuletzt – das christdemokratische Establish-
    ment. Doch obwohl Amerika als Machtapparat und als
    Modell der kapitalistischen Gesellschaft der Feind war,
    gab es eine Haltung des Wiederentdeckens und Wieder-
    eroberns gegenüber Amerika als Volk, als melting pot
    rebellierender Rassen. Die Achtundsechziger hatten nicht
    mehr das Bild des marxistischen Amerikaners der
    dreißiger Jahre im Kopf, den Mann der Lincoln-Brigaden
    im Spanischen Bürgerkrieg, den premature anti-fascist , der die Partisan Review las. Sie sahen eher ein
    labyrinthisches Gelände, auf dem sich die Gegensätze
    zwischen alt und jung, weiß und schwarz, Neuein-
    wanderern und alteingesessenen ethnischen Gruppen,
    schweigenden Mehrheiten und laut durcheinander-
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    schreienden Minderheiten engstens miteinander ver-
    quickten. Sie fanden keinen wesentlichen Unterschied
    zwischen Kennedy und Nixon, aber sie identifizierten sich
    mit dem Campus von Berkeley, mit Angela Davis, mit
    Joan Baez und dem frühen Bob Dylan.
    Es ist schwierig, das Wesen ihres Mythos Amerika zu
    definieren; in gewisser Weise benutzten und recycelten sie
    Teile der amerikanischen Realität – die Puertoricaner, die
    Underground-Kultur, den Zen, nicht mehr die Comics,
    sondern die Comix, also nicht mehr Mio Mao (Felix the
    Cat), sondern Fritz the Kat, nicht mehr Walt Disney,
    sondern Crumbs. Sie liebten Charlie Brown, Humphrey
    Bogart, John Cage. Ich zeichne hier nicht das Profil einer
    bestimmten politischen Bewegung zwischen 1968 und
    1977. Vielleicht mache ich eher eine Röntgenaufnahme,
    um etwas zu entdecken, was unter der maoistischen,
    leninistischen oder guevaristischen Oberfläche weiter-
    lebte. Und ich weiß, daß es dieses Etwas wirklich gab,
    denn 1977 und danach ist es explodiert. Die Studenten-
    revolte jener Jahre ähnelte eher einer Revolte im
    schwarzen Ghetto als der Einnahme des Winterpalasts.
    Und ich habe sogar den Verdacht, daß das heimliche
    Vorbild der Roten Brigaden, natürlich unbewußt, die
    Manson Family ist.
    Von der heutigen Generation kann ich naturgemäß nicht
    mit der gleichen olympischen Distanz wie von jener der
    dreißiger Jahre sprechen. Ich versuche lediglich, in den
    Wirren der Gegenwart das Modell eines mythischen
    Bildes von Amerika zu entdecken. Eines Bildes, das
    erfunden ist wie die vorausgegangenen und erzeugt durch
    Kreolisierung.
    Amerika ist kein Traum mehr, denn man kann es heute
    für wenig Geld via Icelandic Airways erreichen.
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    Der neue Roberto war vielleicht 1968 Mitglied einer
    marxistisch-leninistischen Gruppe, hat 1970 ein paar
    Molotowcocktails auf ein amerikanisches Konsulat
    geworfen, 1972 ein paar Pflastersteine auf die Polizei und
    1977 in die Schaufenster einer kommunistischen Buch-
    handlung. 1978, nach erfolgreichem Kampf gegen die
    Versuchung, sich einer terroristischen Gruppe anzus-
    chließen, hat er ein paar Kröten zusammengekratzt und ist
    nach Kalifornien geflogen, um dort womöglich öko-
    logischer Revolutionär oder revolutionärer Ökologe zu
    werden. Amerika ist für ihn nicht das Bild einer zukünf-
    tigen Erneuerung geworden, sondern der Ort, wo er seine
    Wunden lecken und sich über einen zerstörten (oder zu
    früh als tot erklärten) Traum hinwegtrösten kann. Amerika
    ist nicht mehr eine alternative Ideologie, sondern das Ende
    der Ideologien. Er hat ohne Schwierigkeiten ein Visum
    bekommen, denn er ist de facto nie in eine Partei der
    historischen Linken eingetreten. Würden Pavese und
    Vittorini heute noch leben, bekämen sie keines, denn sie,
    die Väter unseres amerikanischen Traums, müßten auf
    dem grünen Einreiseformular die Frage, ob sie jemals
    Mitglied einer Partei waren, die den Umsturz der
    amerikanischen Gesellschaft anstrebte, das Kästchen mit
    »Ja« ankreuzen. Die amerikanische Bürokratie ist kein
    Traum. Höchstens ein Alptraum.
    Gibt es eine Moral dieser meiner Geschichte? Keine, und
    viele. Um die italienische Haltung gegenüber Amerika zu
    verstehen, und besonders die der antiamerikanischen
    Italiener, wird man sich auch an die Anthologie
    Americana erinnern müssen und an das, was in jenen
    Jahren geschah. Als die linken Italiener vom Bild des
    Genossen Sam träumten, mit ausgestrecktem Finger auf
    sein Bild zeigten und sagten: I want you.
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    Die Kraft des Falschen1
    In der Quaestio quodlibetalis XII, 14 antwortet Thomas von Aquin auf die Frage » utrum veritas sit fortior

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