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Die Buecher und das Paradies

Titel: Die Buecher und das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Selected Writings, übers. v. Geoffrey Wagner, New York, Grove Press, 1957). Was tut man nicht alles, um dem Fehlen des Imperfekts abzuhelfen! Treuer erscheint mir die jüngste Penguin-Übersetzung von Richard Sieburth (Sylvie, Harmondsworth, 1995), die lautet: I was coming out of a theatre where, night after night, I would appear in one of the stage boxes ... Sie macht den Satz ein bißchen länger, aber sie gibt das Durative und Iterative des Originals gut wieder.
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    »Journées de lecture«, in Pastiches et mélanges, Paris, Gallimard, 1919, ed. 1958, S. 239, Anm. 1.
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    Siehe mein Semiotik und Philosophie der Sprache, dt. von Christiane Trabant-Rommel und Jürgen Trabant, München, Fink, 1985, S. 234 - 236.
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    In einem term paper für meinen 1984 gehaltenen Kurs an der Columbia University diagnostizierte Mirene Ghossein eine fortlaufende Dyskrasie zwischen dem, was als platonische Idee eingeführt wird, und dem, was sich als enttäuschender Schatten an der Höhlenwand entpuppt. Ich weiß nicht, ob Nerval an Platon dachte, aber gewiß ist dies der Mechanismus: Je greifbarer etwas zu werden scheint, desto mehr wird es zu einem Schatten und duldet nicht mehr den Vergleich mit (entspricht nicht mehr) dem angeschwärmten Idealbild.
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    Die nachholende Rückblende ist nicht immer kalkulierte Technik, sondern manchmal auch bloßes Füllsel, wie bei vielen Autoren von Fortsetzungsromanen im 19. Jahrhundert, die den Umfang ihres Romans übermäßig aufgebläht haben und sich plötzlich gezwungen sehen, Vergessenes nachzutragen oder Unverständliches mit einer nachgeholten Erklärung zu rechtfertigen. Vgl. hierzu meine Studie »Eugene Sue, Sozialismus und Trost«, dt. in Apokalyptiker und Integrierte, übers. von Max Looser, Frankfurt/M., S. Fischer, 1984, S. 256 - 259.

Oscar Wilde: Paradox und Aphorismus'
    Nichts ist weniger definierbar als der Aphorismus. Das griechische Wort, eigentlich »das für eine Spende Abgezweigte« und daher »Spende«, bekommt im Laufe der Zeit die Bedeutung »Abgrenzung, Definition, knappe Sentenz«. So beispielsweise die Aphorismen des Hippo-krates. Darum ist der Aphorismus heute für unsere gängigen Wörterbücher, wie den Zingarelli, eine »kurze Maxime, die eine Lebensregel oder eine philosophische Sentenz ausdrückt«.
    Was unterscheidet einen Aphorismus von einer Maxime? Nichts außer seiner Kürze.
    Wenig genügt, uns zu trösten, weil wenig genügt, uns zu betrüben (Pascal, Pensées, ed. Brunschvicg, 136).
    Hätten wir keine Fehler, wäre es uns nicht ein solches Vergnügen, die der anderen zu bemerken (La Rochefoucauld, Maximes, 31).
    Die Erinnerung ist das Tagebuch, das wir alle mit uns herumtragen (Wilde, The Importance of Being Earnest).
    Ich habe manchen Gedanken, den ich nicht habe und nicht in Worte fassen könnte, aus der Sprache geschöpft (Karl Kraus, Pro
    domo et mundo).
    Dies sind Maximen, die auch Aphorismen darstellen, während die folgenden zu lang sind, um als Aphorismen durchgehen zu können:
    1 Beitrag zu einem Kongreß über Oscar Wilde an der Universität Bologna, 9. November 2000.
    Welch großer Vorteil ist doch der Adel: Schon mit achtzehn Jahren versetzt er einen Menschen in höhere Position, macht ihn bekannt und geachtet, wie es ein anderer erst mit fünfzig erreichen und verdienen könnte. Das sind dreißig mühelos gewonnene Jahre (Pascal, Pensées, ed. Brunschvicg, 322).
    Der Künstler hat keine ethischen Überzeugungen. Eine ethische Überzeugung bei einem Künstler ist eine unverzeihliche Manieriertheit des Stils (Wilde, Vorrede zum Bildnis des Dorian Gray)
    Alex Falzon, der Wildes Aphorismen auf italienisch bei Mondadori herausgebracht hat (Aforismi, Mailand 1986), definiert den Aphorismus als eine Maxime, in der es nicht bloß auf die Kürze der Form, sondern auch auf den Witz und Scharfsinn des Inhalts ankomme. Damit folgt er der heutigen Tendenz, im Aphorismus die Anmut und Geschliffenheit höher zu achten als die Annehmbarkeit des Gesagten unter dem Aspekt der Wahrheit. Natürlich ist der Begriff der Wahrheit bei Maximen und Aphorismen abhängig von den Intentionen des Aphoristikers. Zu sagen, ein Aphorismus drücke eine Wahrheit aus, heißt zu sagen, er wolle ausdrücken, was der Autor für wahr hält und wovon er seine Leser überzeugen will. Doch im allgemeinen wollen Maximen und Aphorismen weder unbedingt geistreich erscheinen noch eine gängige Meinung attackieren, sondern vielmehr einen Punkt vertiefen, in dem die gängige Meinung

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