Die Buecher und das Paradies
Diese handfull of dust steht hier für etwas anderes, vielleicht ist sie schon seit dem Urknall da, und wenn sie ein Scheitern meint, dann das des Demiurgen. Oder nein, sie ist die Epiphanie eines Universums ohne Urknall und ohne Demiurg, der Beweis für unser »Sein zum Tode« (aber The Waste Land ist fünf Jahre vor Sein und Zeit erschienen).
Epiphanie, sagte ich. Im Grunde ist Joyces Begriff der Epiphanie die weltlichere Version des symbolischen Modus. Etwas tritt plötzlich in Erscheinung, und wir wissen, daß es eine Erscheinung ist, sonst wäre es nicht so inkongruent, so inhomogen zu seiner Umgebung, und doch wissen wir nicht, was es enthüllt. Das Symbol ist eine Epiphanie mit Magierkönigen, von denen wir nicht wissen, woher sie kommen, wohin sie gehen und wen anzubeten sie gekommen sind. Die Krippe in Bethlehem ist leer, oder sie ist schon besetzt von, was weiß ich, einem rätselhaften Objekt, einem Dolch, einer Black Box, einer Glasglocke voller Schneeflocken, die auf die Madonna von Oropa fallen, einem Ausriß aus einem Eisenbahnfahrplan. Und doch leuchtet sie, zumindest für uns, wenn wir die Einladung des Unwesentlichen annehmen.
Noch einmal The Waste Land: Warum heißt es an einem bestimmten Punkt (Vers 69): »Da sah ich einen, den ich kannte, und hielt ihn an, indem ich >Stetson< rief«? Warum gerade Stetson? Und warum ist Eliot mit diesem Stetson in Mylae gewesen? Warum hat Stetson im Vorjahr eine Leiche im Garten vergraben, die nun zu sprießen beginnt? Warum soll er den Hund fernhalten?
Roberto Cotroneo hat in seinem kürzlich erschienenen Buch Se una mattina d’estate un bambino (Milano, Frassinelli, I994) 5 eine Deutung versucht: Ja, freilich, wer trug einen Stetson-Hut, wenn nicht Ezra Pound? Und warum nicht Mylae, wenn Rom doch nach dieser ersten gewonnenen Seeschlacht den Kult der phrygischen Göttin bei sich eingeführt hatte, um die Macht der besiegten Karthager zu exorzieren, so daß mit diesem Datum die Vermischung von Abend- und Morgenland begann? Sicher ist diese Lesart erlaubt, und Eliot selbst hat sie autorisiert, indem er zu Beginn seiner Anmerkungen auf Miss Westons Buch verweist. Aber begnügt er sich damit? Keineswegs. Stetson beunruhigt uns weiter durch seine unerwartete Erscheinung, und im übrigen hat Eliot wenige Verse zuvor das Signal für den symbolischen Modus gegeben, den er gerade mit vollen Händen verteilt. Soeben hat er den Umstand erwähnt, daß die Glocken von Saint Mary Woolnoth die neunte Stunde schlugen with a dead sound on the final stroke of nine, »mit einem dumpfen Ton auf dem letzten Schlag der Neun«, und dazu macht er eine der wenigen und hermetischen Anmerkungen seines Gedichts. Im Kommentar zu Vers 68 schreibt er: »Ein Phänomen, das ich oft bemerkt habe.«
Eine sublime und scheinbar ganz unwichtige Präzisierung. Warum muß Eliot von allen Ereignissen jenes London, jener unwirklichen Stadt, in der so viele Menschen über die Brücke strömen, daß er nie gedacht hätte, daß der Tod so viele hätt’ hingemacht, und die alle beim Gehen auf den Boden blicken - warum muß er uns da sagen, daß er gerade dieses Phänomen oft bemerkt hat, als ob es ein Noumenon wäre?
Und wir, was sollen wir Leser tun? Eliot sagt es uns wenig später, indem er eine Beschimpfung abwandelt, die am Ursprung der Poetik des Symbolismus steht: You, hypocrite lecteur, mon semblable, mon frère! Indem er die Anrede aus dem Französischen ins Englische übersetzt, hat er den Leserappell aus seinem Kontext gelöst. Jetzt bedeutet er etwas anderes. Jetzt sind wir es, die sich fragen müssen, warum der Name Stetson so überraschend aufgetaucht ist, ob es sich wirklich nur um einen Hut handelt und warum wir heuchlerisch schuld sein sollen an seinem Erscheinen.
Wohlgemerkt, noch einmal: an sich ist der Name Stetson kein Symbol. Er wird es erst im Kontext. Er ist eine Fokussierung ohne besonderen Grund.
Wir dürfen auch nicht meinen, Inkongruenz bedeute einen Mangel an innerer Kohärenz oder Grundlosigkeit heiße Leichtigkeit. Bisweilen stellt der symbolische Modus eine eherne, wenn auch paranoische Logik zur Schau, und das Symbol ist hart, geometrisch und schwer wie die galaktische Stele, die am Ende von 2001: Odyssee im Weltraum erscheint.
Ebensowenig dürfen wir glauben, das Symbol müsse stets etwas Kurzes sein, ein bloß angedeutetes Bild, das im Text nur en passant erscheint. Während für Mallarmé das direkte Benennen eines Objekts hieß, drei Viertel des poetischen
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