Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
dass er Männer losschicken muss, eine unbedeutende Stadt in der Gascogne zu erobern, noch dazu nachdem in Calais eine Waffenruhe vereinbart worden ist. Er muss einen sehr guten Grund gehabt haben, um gegen diese Waffenruhe zu verstoßen, meinst du nicht?» Er wartete einen Moment, dann lächelte er über Thomas’ Sturheit. «Weißt du noch mehr von diesem Psalm, der mit den Worten ‹Dominus reget me› beginnt?»
    «Ein wenig», sagte Thomas vorsichtig.
    «Dann kennst du vielleicht auch die Worte ‹calix meus inebrians› ?»
    «‹Mein Becher macht mich trunken›», übersetzte Thomas.
    «Ich habe mir nämlich heute Morgen deinen Bogen angesehen, aus reiner Neugier, weil ich schon so viel über den englischen Kriegsbogen gehört, aber seit langer Zeit keinen mehr zu Gesicht bekommen habe. Dabei ist mir aufgefallen, dass dein Bogen etwas hat, das die meisten anderen Bogen sicher nicht haben: ein silbernes Abzeichen. Und auf dem Abzeichen, junger Mann, war das Wappen der Vexilles.»
    «Mein Vater war ein Vexille», sagte Thomas.
    «Dann bist du also von edler Geburt?»
    «Nein, ein Bastard. Mein Vater war Pfarrer.»
    «Pfarrer?» Planchard sah ihn überrascht an.
    «Ja», sagte Thomas. «In England.»
    «Ich habe gehört, dass einige der Vexilles nach England geflohen sind, aber das war vor vielen Jahren. Noch vor meiner Geburt. Warum kehrt ein Vexille nach Astarac zurück?»
    Wieder schwieg Thomas. Die Mönche gingen zum Tor hinaus, Hacken und Pflöcke über der Schulter. «Wohin haben sie den toten Grafen gebracht?», fragte er, um dem Abt nicht antworten zu müssen.
    «Er muss natürlich zurück nach Berat, um bei seinen Vorfahren bestattet zu werden», sagte Planchard, «und sein Leichnam wird stinken, bis er in der Kathedrale ankommt. Ich weiß noch, wie sein Vater zu Grabe getragen wurde. Der Gestank war so furchtbar, dass der größte Teil der Trauergemeinde nach draußen floh. Was hatte ich noch gleich gefragt? Ach ja, warum kehrt ein Vexille nach Astarac zurück?»
    «Warum nicht?», entgegnete Thomas.
    Planchard erhob sich. «Komm, Thomas, ich möchte dir etwas zeigen.» Er führte Thomas in die Klosterkirche. Beim Eintreten tauchte der Abt den Finger in das Gefäß mit Weihwasser, beugte, zum Hochaltar gewandt, das Knie und bekreuzigte sich. Beinahe zum ersten Mal in seinem Leben führte Thomas diese Demutsgeste nicht aus. Er war exkommuniziert. Die alten Rituale hatten für ihn keine Wirkung mehr, weil er von ihnen ausgeschlossen war. Er folgte dem Abt durch das weite, verlassene Mittelschiff zu einer Nische neben einem Seitenaltar, wo Planchard einen Schlüssel aus der Kutte nahm und damit eine kleine Tür aufschloss. «Dort unten ist es dunkel», warnte der alte Mann, «und ich habe keine Laterne, also pass auf, wohin du trittst.»
    Aus dem Kirchenschiff fiel dämmriges Licht auf die Treppe, und als Thomas unten ankam, hob Planchard die Hand. «Warte hier», sagte er. «Ich werde es holen. In der Schatzkammer kann man ohne Licht nichts erkennen.»
    Thomas wartete. Als seine Augen sich an das Zwielicht gewöhnt hatten, sah er, dass das Kellergewölbe acht rundbogenförmige Öffnungen aufwies. Dann erkannte er, dass es kein normales Gewölbe, sondern ein Beinhaus war, und wich entsetzt zurück. In den Nischen waren Knochen gestapelt. Totenschädel starrten ihn an. Einer der Rundbogen war nur zur Hälfte gefüllt; der freie Raum wartete auf die Brüder, die täglich oben in der Kirche beteten. Dies war der Keller der Toten, das Vorzimmer zum Himmel.
    Er hörte das Klacken eines Schlosses, dann näherten sich Schritte, und Planchard erschien mit einer kleinen Holzkiste in der Hand. «Halte sie ins Licht und sieh sie dir an», sagte er. «Der Graf hat versucht, sie mir zu stehlen, aber als er mit dem Fieber hierhergebracht wurde, habe ich sie mir zurückgeholt. Kannst du sie gut sehen?»
    Thomas hielt die Kiste in den schwachen Lichtschein, der von oben herabschien. Die Kiste war alt, das Holz spröde und die Bemalung außen und innen so verblasst, dass sie kaum noch zu erkennen war. Doch dann sah er auf der Vorderseite die Überreste jener Worte, die ihm so vertraut waren, die ihm seit dem Tod seines Vaters keine Ruhe mehr gelassen hatten: Calix Meus Inebrians.
    Der Abt nahm Thomas die Kiste wieder ab. «Es heißt, sie wurde in einem kostbaren Reliquiar auf dem Altar der Burgkapelle gefunden. Aber sie war leer, als man sie fand, Thomas. Hast du verstanden?»
    «Sie war leer», wiederholte Thomas.
    «Ich

Weitere Kostenlose Bücher