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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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höflich zu sein, da seine Zukunft vom guten Willen seiner Bewacher abhing. Nun jedoch verhielt er sich kühl und von oben herab, denn schließlich waren sie lediglich Abenteurer, während er einer der reichsten Edelmänner von ganz Südfrankreich war. «Mein Lösegeld», verkündete er ohne Umschweife, «beträgt zwanzigtausend Florin.»
    «Vierzig», entgegnete d’Evecque sofort.
    «Er ist mein Gefangener!», beschwerte sich Robbie.
    «So? Und du würdest dich mit zwanzig zufriedengeben, obwohl er vierzig wert ist?»
    «Mir genügen zwanzig», sagte Robbie, und es war in der Tat ein Vermögen, würdig eines königlichen Herzogs. Auf englische Währung umgerechnet, entsprach die Summe dreitausend Pfund, genug, um ein ganzes Leben lang dem Luxus zu frönen.
    «Und dreitausend Florin zusätzlich für die gefangenen Pferde und meine Soldaten.»
    «Einverstanden», sagte Robbie, bevor d’Evecque etwas einwenden konnte.
    D’Evecque ärgerte sich über Robbies Eilfertigkeit. Zwanzigtausend Florin waren ein sehr gutes Lösegeld, mehr als er je zu hoffen gewagt hätte, als die Reiter durch die Furt gekommen und in den Hinterhalt gestürmt waren, aber er fand trotzdem, dass Robbie zu schnell eingewilligt hatte. Normalerweise dauerte es Monate, ein Lösegeld auszuhandeln, es wurde endlos gefeilscht, Angebote, Gegenangebote, Forderungen und Drohungen wurden hin- und hergesandt, doch Joscelyn und Robbie hatten die ganze Angelegenheit in wenigen Augenblicken geregelt. «Das heißt» – d’Evecque musterte Joscelyn misstrauisch –, «Ihr bleibt hier, bis das Geld da ist.»
    «Dann werde ich auf ewig hierbleiben», erwiderte Joscelyn. «Ich muss erst mein Erbe antreten, bevor ich an das Geld herankomme.»
    «Ich soll Euch also einfach gehen lassen?» D’Evecque schnaubte verächtlich.
    «Ich begleite ihn», erbot sich Robbie.
    D’Evecque blickte zwischen dem jungen Schotten und Joscelyn hin und her und begriff, dass die beiden sich verbündet hatten. Dann war wohl Robbie derjenige gewesen, der Joscelyns Schild von der Wand genommen hatte. Der Normanne hatte es durchaus bemerkt, aber beschlossen, nichts dazu zu sagen. «So, du begleitest ihn, und er ist dein Gefangener, ja?»
    «Genau», sagte Robbie.
    «Aber ich befehle hier», wandte d’Evecque ein, «und ein Teil des Lösegelds gehört mir. Uns.» Er machte eine Handbewegung, um die Garnison einzuschließen.
    «Ihr werdet es bekommen», sagte Robbie.
    D’Evecque sah Robbie unverwandt an, und der junge Schotte wich seinem Blick aus. Offensichtlich wusste Robbie nicht so recht, auf wessen Seite er stand, und d’Evecque vermutete, dass er nicht zurückkommen würde, wenn er mit Joscelyn nach Berat ritt. Also ging der Normanne zu der Nische, in der das Kruzifix hing, das Thomas Geneviève vor die Augen gehalten hatte. Er nahm es von der Wand und legte es vor Robbie auf den Tisch. «Schwöre auf das Kreuz, dass wir unseren Anteil bekommen.»
    «Ich schwöre es», sagte Robbie feierlich und legte die Hand auf das Kruzifix. «Bei Gott und beim Leben meiner Mutter.» Joscelyn, der das Ganze beobachtete, lächelte amüsiert.
    D’Evecque gab nach. Er hätte darauf bestehen können, Joscelyn und die übrigen Gefangenen in Castillon d’Arbizon festzuhalten, und irgendwie hätte sich gewiss eine Möglichkeit gefunden, das Lösegeld überbringen zu lassen, doch das hätte zu wochenlanger Unruhe geführt. Robbies Anhänger – und das waren nicht wenige – hätten ihm vorgeworfen, durch das Warten riskiere er, dass das Geld überhaupt nicht gezahlt würde, oder sie hätten behauptet, er wolle das ganze Geld für sich allein, Robbie hätte den Unmut weiter geschürt, und letzten Endes wäre die ganze Garnison auseinandergebrochen. Vermutlich würde sie ohnehin zerfallen, denn ohne Thomas gab es keinen zwingenden Grund hierzubleiben. Die Männer hatten nie gewusst, dass sie auf der Suche nach dem Gral waren, aber sie hatten Thomas’ Zielstrebigkeit gespürt, waren überzeugt gewesen, dass ihr Tun eine Bedeutung hatte. Nun jedoch waren sie nur noch eine Bande herrenloser Soldaten, die das Glück hatten, eine Festung erobert zu haben. Keiner von ihnen würde lange bleiben, dachte d’Evecque. Selbst wenn Robbie ihm seinen Anteil nicht auszahlte, würde er sehr viel reicher davonreiten, als er gekommen war, aber wenn Robbie sich an seinen Schwur hielt, hätte er sogar genug Geld, um eine Truppe aufzustellen und sich an denen zu rächen, die ihm seine Ländereien in der Normandie

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