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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Thomas das Warten nicht mehr aus und kroch aus der Nische. Geneviève blieb in dem Versteck, während Thomas sich über die verstreuten Knochen hinweg zur Treppe vortastete. Er schlich hinauf, lauschte eine Weile, und als er nichts hörte, stieß er vorsichtig die aufgebrochene Tür auf.
    Die Klosterkirche war leer. Es musste Morgen sein, da das Licht von Osten kam, aber es war schwer zu schätzen, wie hoch die Sonne stand, da das Licht zwar hell, aber diffus war. Vermutlich lag Nebel über dem Tal, dachte Thomas.
    Er ging zurück zum Beinhaus. Als er das Gewölbe durchquerte, stieß er mit dem Fuß gegen etwas Hölzernes. Er bückte sich und ertastete die kleine Kiste, in der der Gral gewesen war. Erst wollte er sie in die Truhe zurücklegen, doch dann beschloss er, sie zu behalten. «Geneviève!», rief er leise. «Komm raus.»
    Sie reichte ihm die Taschen, seinen Bogen und die Pfeile, die Kettenhemden und die Mäntel über die Knochen hinweg und kletterte dann hinterher, das Gesicht vor Schmerzen verzogen. Thomas musste ihr helfen, das Kettenhemd anzulegen, und sie stöhnte auf, als er ihren Arm anhob. Er schlüpfte ebenfalls in sein Kettenhemd, legte ihr und sich den Mantel um und schnürte den Bogen, damit er ihn sich über die Schulter hängen konnte. Dann schnallte er sich das Schwert um, schob die Holzkiste in seine Tasche, befestigte diese an seinem Gürtel und griff nach dem Pfeilbündel. Als er sich zur Treppe wandte, um zu gehen, bemerkte er in dem fahlen Licht, das von oben hereinfiel, die weiße Kutte in der Schatzkammer. Er bedeutete Geneviève zu bleiben, wo sie war, und schlich hinüber. Ratten huschten davon, als er sich dem niedrigen Durchgang näherte. Dann blieb er wie erstarrt stehen. Planchard war tot.
    «Was ist?», fragte Geneviève.
    «Der Bastard hat ihn getötet», sagte Thomas fassungslos.
    «Wen?»
    «Den Abt!» Thomas bekreuzigte sich, obwohl er exkommuniziert war. «Er hat ihn umgebracht!» Er hatte das Ende des Gesprächs zwischen Vexille und Planchard verfolgt und sich gewundert, weil der Abbé nichts mehr gesagt hatte und nur eine Person die Treppe hinaufgegangen war, aber damit hatte er nicht gerechnet. Niemals. «Er war ein guter Mann.»
    «Und wenn er jetzt tot ist, werden sie uns die Schuld geben», sagte Geneviève. «Also nichts wie weg hier!»
    Es widerstrebte Thomas, den blutüberströmten Leichnam im Kellergewölbe zurückzulassen, aber ihm blieb nichts anderes übrig. Planchard war tot, weil sein Großvater der Ketzerei abgeschworen hatte, aber das würde ihnen niemand glauben, nicht wenn zwei verurteilte Ketzer in der Nähe waren, denen man die Schuld geben konnte.
    Er und Geneviève schlichen die Treppe hinauf. Die Kirche war immer noch leer, doch nun waren draußen vor der offenen Tür an der Westseite Stimmen zu hören. Nebelfetzen drangen herein und schwebten sachte über den Steinboden. Thomas überlegte, ob sie in das Beinhaus zurückkehren und sich wieder dort verstecken sollten, doch vermutlich würde sein Vetter im Verlauf des Tages das gesamte Kloster gründlich durchsuchen, also war es besser zu verschwinden. «Hier entlang.» Er nahm Geneviève an der Hand und lief zu einer Tür, die zum Kreuzgang des Klosters führte. Durch diese Tür kamen die Mönche herein, wenn sie beten wollten. Offensichtlich war ihnen die Andacht an diesem Morgen jedoch verwehrt worden.
    Thomas stieß die Tür auf, die zu seinem Schrecken in den Angeln quietschte, und spähte hindurch. Im ersten Moment dachte er, der Kreuzgang sei ebenfalls verlassen, doch dann bemerkte er eine Gruppe von schwarz gekleideten Männern an der gegenüberliegenden Seite. Sie standen in einem Türrahmen und lauschten offenbar jemandem im Innern. Keiner von ihnen drehte sich um, als Thomas und Geneviève durch den dämmrigen Kreuzgang huschten und hinter der erstbesten Tür verschwanden. Sie führte auf einen Flur, an dessen Ende die Küche des Klosters lag. Zwei Mönche rührten in einem riesigen Kessel, der über dem Feuer hing. Einer von ihnen sah auf, erblickte Geneviève und holte Luft, um loszuschimpfen, dass eine Frau hier nichts zu suchen habe, doch Thomas herrschte ihn an, er solle still sein. «Wo sind die anderen Mönche?», fragte er.
    «In ihren Zellen», erwiderte der Koch erschrocken und sah den beiden verdattert nach, die durch die Küche hasteten, an dem Tisch mit den Beilen, Löffeln und Schalen vorbei und unter den beiden frischgeschlachteten Ziegen hindurch, die an Haken von der Decke

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