Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind
die hellwachen Instinkte eines Mannes besaß, der wusste, dass hinter jeder Ecke der Tod lauern konnte. Robbie war nahezu ebenso kriegserfahren wie Thomas, obwohl er drei Jahre jünger war als sein Freund, und Jake hatte sein ganzes Leben lang nichts anderes getan, als Krieg zu führen.
Sie begannen mit dem Kellergewölbe der Burg, in dem sechs Kerker in stinkender Dunkelheit lagen. Ein flackerndes Talglicht führte sie zur Kammer des Kerkermeisters, wo ein unglaublich fetter Mann und seine ebenso dicke Frau auf einer Strohmatte lagen und schliefen. Thomas bohrte dem Mann seine Schwertspitze in den Hals, um ihn Blut riechen zu lassen, führte die beiden zu einem der Kerker und verriegelte die Tür hinter ihnen. Aus einem der anderen Kerker rief eine Frau herüber. Thomas zischte ihr zu, sie solle still sein. Sie verfluchte ihn, verstummte dann jedoch.
Noch vier Männer.
Sie kehrten zurück in den Hof. In den Ställen schliefen drei Knechte, zwei davon noch Jungen. Robbie und Jake verfrachteten sie in den Kerker und erklommen dann zusammen mit Thomas die gewundene Treppe, die in den Turm hinaufführte. Thomas nahm an, dass das Gesinde nicht zur Garnison gezählt wurde und dass es noch mehr Knechte, Mägde und sonstige Bedienstete gab, doch fürs Erste interessierten ihn nur die Soldaten. Zwei von ihnen fand er tief und fest schlafend im Quartier vor, beide mit einer Frau neben sich, und Thomas weckte sie, indem er eine Fackel, die er aus der Halterung im Treppenhaus genommen hatte, in den Raum schleuderte. Die vier fuhren hoch und starrten erschrocken auf den Mönch, der mit gespanntem Bogen vor ihnen stand. Eine von den Frauen holte Luft, um zu schreien, aber sofort schwenkte der Bogen auf sie, sodass die Pfeilspitze genau auf ihr rechtes Auge zeigte, und sie war vernünftig genug, sich den Schrei zu verkneifen.
«Fesselt sie», sagte Thomas.
«Kehle aufschlitzen geht schneller», wandte Jake ein.
«Fesselt sie», wiederholte Thomas, «und stopft ihnen den Mund.»
Es dauerte nicht lange. Robbie riss ein Laken mit seinem Schwert in Streifen, und Jake verschnürte die vier. Eine der beiden Frauen war nackt, und Jake grinste lüstern, als er sie an den gefesselten Handgelenken auf einen Haken an der Wand hängte. «Hübsches Ding.»
«Später», sagte Thomas. Er stand an der Tür und lauschte. Es konnten noch zwei weitere Soldaten in der Burg sein, doch er hörte nichts. Als die vier Gefangenen alle gefesselt und geknebelt an den großen Metallhaken hingen, die normalerweise für Schwerter und Kettenpanzer gedacht waren, ging Thomas weiter die gewundene Treppe hinauf, bis er zu einer schweren Tür kam. Jake und Robbie folgten ihm. Ihre Stiefel scharrten leicht auf den ausgetretenen Steinstufen, und Thomas bedeutete ihnen, leise zu sein. Vorsichtig drückte er gegen die Tür. Erst dachte er, sie sei verriegelt, doch als er sich ein zweites Mal dagegenstemmte, sprang sie mit einem markerschütternden Kreischen auf. Thomas erstarrte. Doch nachdem der schauerliche Ton verstummt war, herrschte wieder Stille. Vor ihnen lag ein langer, hoher Saal, der mit zahlreichen Wandbehängen geschmückt war. In dem großen Kamin brannten noch die Überreste eines Feuers, doch es war niemand im Raum. Am hinteren Ende befand sich ein Podest, auf dem der Graf von Berat, der Herr von Castillon d’Arbizon, Platz nahm, wenn er die Stadt besuchte, und wo sein Tisch stand, wenn Feste abgehalten wurden. Jetzt war das Podest leer, doch an seiner Rückseite, von einem verschlissenen Wandbehang verdeckt, war ein Alkoven, aus dem ein Lichtschein schimmerte.
Robbie glitt an Thomas vorbei und schlich unter den Fensterscharten entlang, durch die schmale Streifen silbernen Mondlichts hereinfielen. Thomas legte einen Pfeil auf den Bogen und zog die Sehne gegen den mächtigen Widerstand des Eibenholzes bis zu seinem rechten Ohr. Robbie wandte sich zu ihm um, sah, dass er bereit war, und streckte das Schwert aus, um damit den Wandbehang wegzuziehen.
Doch bevor die Klinge den Stoff auch nur berührte, wurde der Wandbehang beiseitegerissen, und ein Schrank von einem Kerl stürzte sich unter lautem Gebrüll auf den jungen Schotten. Robbie war so überrascht, dass es ihm nicht mehr rechtzeitig gelang, sein Schwert in Position zu bringen, und der riesige Mann schlug mit fliegenden Fäusten auf ihn ein. In dem Moment surrte der lange schwarze Bogen. Der Pfeil, der einen Ritter in voller Rüstung auf zweihundert Schritt Entfernung töten konnte, bohrte
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