Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
kurzes Zucken, dann rührte er sich nicht mehr.
    «Was machen wir jetzt?», fragte Jake.
    «Steuern eintreiben», sagte Thomas, «und für Unruhe sorgen.»
    «Und wie lange?»
    «Bis jemand kommt, um uns zu töten.» Mit einem Schaudern dachte Thomas an seinen Vetter.
    «Und den töten wir dann?» Jake schielte zwar, aber er hatte eine sehr klare Lebenseinstellung.
    «Mit Gottes Hilfe», sagte Thomas und bekreuzigte sich. Die letzten von Thomas’ Männern kletterten auf die Stadtmauer und zogen die Leiter hinter sich hoch. Ein paar Männer waren noch draußen, eine Meile entfernt im Wald versteckt, wo sie die Pferde bewachten, aber der größte Teil von Thomas’ Truppe befand sich jetzt in der Burg, und das Tor war wieder verriegelt. Die Bewohner von Castillon d’Arbizon schliefen oder tranken.
    Und dann begann das Geschrei.

T homas war nicht auf den Gedanken gekommen, dass die Begine, die am nächsten Morgen verbrannt werden sollte, in der Burg eingekerkert war. Er hatte angenommen, die Stadt hätte ein eigenes Gefängnis, doch offensichtlich war sie der Garnison übergeben worden, und nun schrie sie den neuen Gefangenen Beleidigungen zu. Ihr Gezeter beunruhigte die Bogenschützen und Soldaten, die die Mauern von Castillon d’Arbizon erklommen und die Burg eingenommen hatten. Die dicke Frau des Kerkermeisters, die ein paar Brocken Französisch sprach, rief den Engländern zu, sie sollten das Mädchen töten. «Sie ist eine Begine», insistierte die Frau. «Sie ist mit dem Teufel im Bunde!»
    Guillaume d’Evecque war der gleichen Ansicht. «Lass sie in den Hof bringen», sagte er zu Thomas, «und ich hacke ihr den Kopf ab.»
    «Sie muss brennen», wandte Thomas ein. «So hat es die Kirche beschlossen.»
    «Und wer soll sie verbrennen?»
    Thomas zuckte die Achseln. «Die Stadtbüttel? Vielleicht auch wir, ich weiß es nicht.»
    «Wenn ich sie schon nicht töten darf», sagte d’Evecque, «dann sorg wenigstens dafür, dass sie ihre verfluchte Klappe hält.» Er zog sein Messer und hielt es Thomas hin. «Schneide ihr die Zunge heraus.»
    Thomas ging nicht darauf ein. Er hob den Saum seiner Kutte, die er immer noch trug, und ging hinunter zu den Kerkern, wo das Mädchen die anderen Gefangenen auf Französisch verfluchte und ihnen zurief, sie würden alle sterben, und der Teufel werde, begleitet vom Spiel der Dämonen, auf ihren Gebeinen tanzen. Thomas entzündete eine Laterne an einer fast erloschenen Fackel, ging zu der Zelle der Begine und löste die beiden Riegel.
    Bei dem Geräusch verstummte das Gezeter, und als er die schwere Tür aufstieß, wich die Gefangene zur hinteren Wand zurück. Jake, der Thomas gefolgt war, lachte anzüglich, als er das Mädchen in dem matten Licht erblickte. «Ich kann mich um sie kümmern», erbot er sich.
    «Geh und leg dich schlafen, Jake.»
    «Nein, es macht mir wirklich nichts aus», beharrte Jake.
    «Geh schlafen!», fuhr Thomas ihn an, von plötzlichem Zorn gepackt, weil das Mädchen so verletzlich wirkte.
    Sie war splitterfasernackt, pfeildünn und totenblass, von Flöhen zerbissen, ihr Haar war verfilzt, die Augen riesengroß, und sie sah aus wie ein wildes Tier. Sie kauerte im dreckigen Stroh, die Arme um die Knie geschlungen, um ihre Blöße zu bedecken, und holte tief Luft, als raffe sie ihren letzten Rest Mut zusammen. «Ihr seid Engländer», sagte sie auf Französisch. Ihre Stimme war heiser vom Schreien.
    «Ja, ich bin Engländer», bestätigte Thomas.
    «Aber ein englischer Priester ist genauso schlimm wie jeder andere», giftete sie.
    «Vermutlich.» Thomas stellte die Laterne auf den Boden und setzte sich neben die offene Tür, weil der Gestank im Kerker kaum zu ertragen war. «Ich möchte, dass du aufhörst zu schreien», sagte er. «Es beunruhigt die Leute.»
    Sie verdrehte die Augen. «Ich werde morgen verbrannt. Glaubt Ihr, da kümmert mich die Seelenruhe irgendwelcher Dummköpfe?»
    «Aber deine eigene Seelenruhe sollte dich kümmern», sagte Thomas, doch seine eindringlichen Worte schienen die Begine nicht zu erreichen. Die Laterne brannte schlecht, und ihre Hornscheibe tauchte alles in ein kränkliches, flackerndes Gelb. «Warum haben sie dir die Kleider genommen?», fragte er.
    «Weil ich einen Streifen aus meinem Rock gerissen und versucht habe, den Kerkermeister damit zu erdrosseln.» Sie sagte es ruhig, aber mit einem herausfordernden Blick, als wolle sie Thomas’ Missbilligung zuvorkommen.
    Bei der Vorstellung, wie dieses zierliche Mädchen sich auf

Weitere Kostenlose Bücher