Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
höhnisches Gelächter aus. Thomas ging hinaus und verriegelte die Tür. Dann lehnte er sich von außen dagegen und starrte ins Nichts. Er sah Genevièves Augen vor sich, die so voller Feuer und Geheimnis waren. Er fand sie schön, obwohl sie schmutzig, zerzaust, halb verhungert und eine Ketzerin war, aber er hatte am Morgen eine Pflicht zu erfüllen, mit der er nicht gerechnet hatte. Eine gottgegebene Pflicht.
    Er kehrte in den Burghof zurück, der verlassen dalag. Castillon d’Arbizon schlief.
    Und Thomas, der Bastard eines Pfarrers, betete.

    Der Turm stand im Wald, einen Tagesritt von Paris entfernt, auf einem kleinen Hügel unweit von Soissons. Es war ein einsamer Ort. Der Turm hatte einst einem Edelmann gehört, dessen Leibeigene die Täler an den Seiten des Hügels bewirtschaftet hatten, doch der Edelmann war gestorben, ohne Nachkommen zu hinterlassen, und seine entfernteren Verwandten hatten sich um den Besitz gestritten. So waren die Notare reich geworden, und der Turm war verfallen, Haselsträucher und Eichen hatten sich auf den Feldern ausgebreitet, und in den hohen steinernen Kammern, die dem Wind und den Jahreszeiten ausgeliefert waren, hatten sich Eulen eingenistet. Mittlerweile waren auch die Notare, die um den Turm gefeilscht hatten, tot, und der Turm gehörte einem Herzog, der ihn nie gesehen und nicht die geringste Absicht hatte, sich dort niederzulassen, während die Leibeigenen, die noch übrig waren, die Felder bei Melun bearbeiteten, wo ein Vasall des Herzogs sein Gut hatte.
    Die Leute aus dem Dorf sagten, im Turm spuke es. In Winternächten wurde er von weißen Gespenstern heimgesucht, und merkwürdige Tiere streiften zwischen den Bäumen umher. Die Kinder wurden ermahnt, sich von ihm fernzuhalten, was natürlich die Mutigeren unter ihnen erst recht anstachelte, in den Wald zu gehen. Einige kletterten sogar in den Turm, stellten jedoch fest, dass dort niemand war.
    Doch dann kamen die Fremden.
    Sie kamen mit der Erlaubnis des Herzogs. Sie waren Pächter, aber sie hatten nicht vor, die Felder zu beackern oder das wertvolle Holz auf dem Hügel zu schlagen. Sie waren Soldaten. Fünfzehn harte Männer, voller Narben aus den Kriegen gegen England, mit Kettenpanzern und Armbrüsten und Schwertern. Sie brachten ihre Frauen mit, die im Dorf für Unruhe sorgten, doch niemand wagte es, sich zu beschweren, weil die Frauen ebenso hart waren wie die Soldaten. Aber der Härteste von allen war der Mann, der sie anführte. Er war groß und hager, hässlich, vernarbt und gewalttätig. Er hieß Charles, und er hatte nie als Soldat gekämpft oder auch nur eine Rüstung getragen, aber niemand traute sich, ihn zu fragen, wer oder was er war, denn allein sein Blick ließ einem das Blut in den Adern gefrieren.
    Maurer kamen aus Soissons. Die Eulen wurden verjagt und der Turm wieder aufgebaut. Am Fuß des Turms wurde ein neuer Hof angelegt, mit einer hohen Mauer und einem Steinofen, und kurze Zeit nachdem diese Arbeiten beendet waren, rollte ein Karren, dessen Ladung unter einer Zeltplane verdeckt war, durch das neue Tor, das sofort hinter ihm verriegelt wurde. Einige der mutigeren Kinder, deren Neugier durch die merkwürdigen Ereignisse geweckt war, schlichen sich in den Wald, doch sie wurden von einem Wachmann erwischt, und sie flohen erschrocken, als er sie brüllend verfolgte und sogar mit seiner Armbrust auf sie schoss. Der Bolzen verfehlte einen der Jungen nur um Haaresbreite. Danach wagte sich niemand mehr dorthin. Die Soldaten kauften Nahrungsmittel und Wein auf dem Markt, doch selbst wenn sie im Gasthaus von Melun saßen und tranken, verrieten sie nicht, was im Turm vor sich ging. «Fragt Monsieur Charles», sagten sie, doch niemand im Dorf traute sich, den hässlichen, entstellten Mann anzusprechen.
    Manchmal stieg Rauch aus dem Innenhof auf. Man konnte es vom Dorf aus sehen, und der Pfarrer schloss daraus, dass in dem Turm jetzt ein Alchemist hauste. Merkwürdige Waren wurden auf den Hügel geschafft, und eines Tages hielt ein Wagen mit einem Fass Schwefel und zahlreichen Bleibarren im Dorf, während der Fahrer sich einen Becher Wein genehmigte. Der Pfarrer roch den Schwefel. «Sie machen Gold», sagte er zu seiner Hausmagd, wohl wissend, dass sie es im ganzen Dorf herumerzählen würde.
    «Gold?», fragte sie erstaunt.
    «Das ist die Arbeit der Alchemisten.» Der Pfarrer war ein gelehrter Mann, der es in der Kirche weit hätte bringen können, wenn er nicht so eine ausgeprägte Schwäche für den Wein

Weitere Kostenlose Bücher