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Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind

Titel: Die Bücher vom Heiligen Gral. Der Erzfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zerlumpten Gefährten genauer anzusehen, hätte Charles für einen Soldaten gehalten, doch Charles Bessières war nie einem Kriegsbanner gefolgt. Er hatte Kehlen aufgeschlitzt und Börsen geraubt, und er war nur deshalb dem Galgen entgangen, weil er der ältere Bruder des Kardinals war.
    Charles und Louis Bessières waren im Limousin geboren, als Söhne eines Talghändlers. Der Jüngere hatte eine Erziehung bekommen, der Ältere war schon als Kind ein Taugenichts gewesen. Während Louis die Kirchenlaufbahn eingeschlagen hatte, war Charles durch dunkle Gassen geschlichen, doch so verschieden sie auch waren, sie vertrauten einander und wussten ein Geheimnis zu bewahren, und genau aus diesem Grund hatten die Soldaten den Befehl bekommen, sich auf Abstand zu halten.
    «Wie geht es unserem Gefangenen?», fragte der Kardinal.
    «Er mault. Nörgelt wie ein Weib.»
    «Aber er arbeitet?»
    «O ja, und ob», sagte Charles grimmig. «Er hat zu viel Angst, um faul zu sein.»
    «Isst er? Wirkt er gesund?»
    «Er isst, er schläft, und er nagelt seine Frau», sagte Charles.
    «Er hat eine Frau?» Der Kardinal klang schockiert.
    «Er wollte eine. Meinte, ohne könne er nicht vernünftig arbeiten, also habe ich ihm eine besorgt.»
    «Was für eine?»
    «Aus den Hurenhäusern von Paris.»
    «Eine deiner früheren Gespielinnen?», fragte der Kardinal amüsiert. «Aber hoffentlich keine, an der dein Herz hängt?»
    «Wenn alles erledigt ist, schneide ich ihr die Kehle durch, genau wie ihm», sagte Charles. «Du brauchst mir nur zu sagen, wann.»
    «Wenn er sein Wunderwerk vollbracht hat, natürlich», erwiderte der Kardinal.
    Sie folgten dem schmalen Pfad, der den Hügel hinaufführte, und als sie beim Turm angekommen waren, befahl der Kardinal seinem Gefolge, im Hof zu warten. Dann gingen Charles und er eine kurze, gewundene Treppe hinunter, die zu einer schweren Tür mit drei eisernen Riegeln führte. Der Kardinal wartete, während sein Bruder die Riegel löste. «Die Wachen kommen nicht hierher?», fragte er.
    «Nur die beiden, die das Essen bringen und die Eimer leeren», sagte Charles. «Die anderen wissen, dass ihnen die Kehle aufgeschlitzt wird, wenn sie hier herumschnüffeln.»
    «Und das glauben sie?»
    Charles Bessières warf seinem Bruder einen finsteren Blick zu. «Würdest du es nicht glauben?» Bevor er den letzten Riegel löste, zog er seinen Dolch. Er trat einen Schritt zurück, als er die Tür öffnete, um einem eventuellen Angriff von der anderen Seite auszuweichen, doch der Mann im Innern legte keinerlei Feindseligkeit an den Tag, sondern freute sich geradezu, den Kardinal zu erblicken, und sank ehrfurchtsvoll auf die Knie.
    Das Kellergewölbe des Turms war geräumig und von mächtigen Ziegelsteinbogen getragen, an denen mehrere Laternen hingen. Die trübe Beleuchtung wurde durch ein wenig Tageslicht verstärkt, das durch drei hohe, schmale Fenster mit mächtigen Gittern hereindrang. Der Gefangene, der in dem Keller hauste, war ein junger Mann mit langem blondem Haar, einem aufgeweckten Gesicht und intelligentem Blick. Wangen und Stirn waren, ebenso wie seine langen, feingliedrigen Hände, mit Schmutz beschmiert. Er blieb auf den Knien, als der Kardinal auf ihn zutrat.
    «Gaspard, mein junger Freund», sagte der Kardinal wohlwollend und streckte die Hand aus, damit der Gefangene den schweren Ring küssen konnte, in dem ein Stachel aus der Dornenkrone Jesu verborgen war. «Ich hoffe, es geht dir gut? Wie ich höre, isst du mit Appetit, schläfst wie ein Säugling, arbeitest wie ein guter Christ und rammelst wie ein Hase.» Bei den letzten Worten blickte der Kardinal zu dem Mädchen hinüber, dann zog er seine Hand zurück und trat in die Mitte des Raumes, wo drei Tische mit diversen Tongefäßen, Bienenwachsquadern, Goldbarren und allerlei Meißeln, Feilen, Bohrern und Hämmern standen.
    Das Mädchen, rothaarig und nur mit einem schmutzigen Hemd bekleidet, dessen einer Träger von der Schulter gerutscht war, saß mit mürrischer Miene auf einem einfachen Holzbett in der Ecke des Kellers. «Mir gefällt’s hier nicht», beschwerte sie sich.
    Der Kardinal starrte sie eine Weile schweigend an, dann wandte er sich zu seinem Bruder. «Wenn sie noch einmal ohne Erlaubnis zu mir spricht», sagte er, «lass sie auspeitschen.»
    «Sie meint es nicht böse, Euer Eminenz», sagte Gaspard, der noch immer auf dem Boden kniete.
    «Aber ich», erwiderte der Kardinal, dann lächelte er dem Gefangenen zu. «Steh auf, mein lieber

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