Die Bücher von Umber, Band 3: Das Ende der Zeit
führte seinen Mund dicht an die Blume heran. »Ich binâs, Fendofel! Dein Freund Umber.«
»Umber?«, sagte die Stimme aus der Ranke. »Umber ⦠Umber ⦠Umber â¦Â«, wiederholte sie über das Wort nachgrübelnd. Umber schaute seine Freunde mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Natürlich! Umber!«, rief die Stimme dann und wurde lauter und fröhlicher. »Mein lieber Umber. Du bist zurück! Komm an Land, komm an Land!«
»Ich habe Freunde mitgebracht â einige von ihnen kennst du bereits, und einer ist neu«, sagte Umber durch die Blume.
»Freunde! Wie nett! Kommt alle zu mir! Willkommen in meinem Zuhause!«
Die Meeresalgen tauchten wieder ab und gaben die Ruder frei. Das Boot schaukelte auf den Wellen und Oates ruderte kopfschüttelnd und mit weit aufgerissenem Mund zu der steinernen Rampe. Während sie näher herankamen, wich die Ranke langsam vor ihnen zurück. Die Steinrampe war von kleineren Ranken bedeckt, die Dendra sehr ähnelten. Oates nahm eine Leine, um das Boot zu vertäuen, doch die kleinen Ranken erwachten zum Leben, wanden sich um die Klampen und hielten das Boot auf diese Weise fest.
»Supermerkwürdig, dieser Ort«, grummelte Oates, lieà die Leine los und hob das Bündel mit der seltsamen Nuss darin von Bord.
Sie gingen an Land und stapften die Rampe hinauf, an deren Ende die wilde Vegetation jedoch jedes weitere Fortkommen verhinderte. Hap spürte, wie Sophie ihm ihren Ellenbogen in die Seite stieÃ. »Sieh dir das an!«, sagte sie.
Hap hörte ein Rauschen aus dem Dschungel, als käme eine steife Brise auf oder als wäre ein Schwarm Vögel aufgeflogen. Das Gewirr aus Blättern und Ãsten, das ihnen den Weg blockierte, wich zurück und schwang auf wie eine Tür. Das Rauschen und Rascheln setzte sich weiter ins Innere des Dickichts fort, und bald hatte sich ein Tunnel vor ihnen aufgetan.
»Du siehst blöd aus, wenn du den Mund so offen stehen lässt«, sagte Oates zu Hap. Haps Mund schloss sich mit einem Plopp, als er ihn daraufhin schnell zuklappte.
»Also wirklich, Oates«, sagte Umber tadelnd. »Hap war doch noch nie hier. Ich beneide ihn â es macht so viel Spaà ins Staunen zu geraten!«
»Mir nicht!«, murmelte Oates.
Umber fing beinahe an zu hüpfen, als er durch den lebenden Tunnel ging. Die Ranke namens Dendra führte sie; ihr Ende kroch langsam vor ihnen her wie der Schwanz einer Schlange. Der Boden des Tunnels war mit glatt gewetzten Steinen ausgelegt. Einzelne Sonnenstrahlen durchbrachen das dichte Blätterdach und warfen tanzende Lichttupfen auf die Steine.
Hap hörte erneut ein Rascheln, diesmal jedoch von hinten. Die Blätter schlossen sich hinter ihnen wieder und versperrten den Rückweg, als hätte der Tunnel nie existiert.
7
N ach ein paar Dutzend Schritten endete der Tunnel, und sie traten auf eine Lichtung hinaus. Im Inneren der riesigen Hecke, die die Insel umgab, flatterten Schmetterlinge herum und das Summen von Bienen erfüllte die Luft. Sie folgten dem steinernen Pfad bis in die Mitte der Insel, wobei sie schmale Streifen extrem unterschiedlicher Vegetation durchquerten. Sie kamen an einer duftenden Wiese mit leuchtenden Blumen in hundert verschiedenen Farben vorbei; Rehe und Hirsche grasten darauf und beobachteten die Vorbeiziehenden gelangweilt und gleichgültig. Daneben stand eine Gruppe Kiefern inmitten eines Teppichs herabgefallener Nadeln.
»Denkt alle daran, keine Blumen zu pflücken«, sagte Umber. »Und nehmt euch auch keine Früchte, es sei denn eine Ranke bietet euch etwas an.«
Als Nächstes kamen sie an einer sandigen Stelle vorbei, an der Kakteen wuchsen und Schildkröten herumkrabbelten und ihre Hälse reckten. Noch immer zog sich die Ranke vor ihnen her und wölbte und streckte sich wie eine Raupe, während sie ihren Weg fortsetzte.
»Wie lang ist dieses Ding denn?«, fragte Hap Sophie.
»Sehr lang.«
SchlieÃlich erreichten sie das Herz der Insel, einen seltsam feuchten Garten voller exotischer Pflanzen, Büsche und Bäume. Dort verzweigte sich der Weg in kleinere Pfade, die sich über die Lichtung schlängelten. »Bleibt immer auf den Steinen, tretet nicht auf die Pflanzen«, mahnte Umber, aber Hap war schon von selbst darauf gekommen, dass das wohl das Klügste wäre. »Es gibt allerdings auch einige Moosflechten, denen es
Weitere Kostenlose Bücher