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Die Bücherdiebin

Die Bücherdiebin

Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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Hermann,
    wie Sie sehen, war ich wieder in Ihrer Bibliothek und habe eines Ihrer Bücher kaputtgemacht. Ich war einfach so wütend und so verängstigt, und ich wollte die Worte zum Schweigen bringen. Ich habe von Ihnen gestohlen, und jetzt habe ich Ihr Eigentum zerstört. Es tut mir leid. Als Strafe für mich selbst habe ich beschlossen, nicht wieder herzukommen. Aber ist das überhaupt eine Strafe? Ich liebe diesen Ort, und ich hasse ihn auch, weil er voller Worte ist.
    Sie waren mir eine Freundin, obwohl ich Sie gekränkt habe, obwohl ich unausstehlich war (ein Wort, das ich in Ihrem Wörterbuch nachgeschlagen habe), und ich denke, ich werde Sie ab jetzt in Ruhe lassen. Es tut mir wirklich alles sehr leid.
    Nochmals danke Liesel Meminger
    Sie ließ den Brief auf dem Schreibtisch liegen und sagte dem Raum zum letzten Mal Lebewohl, indem sie drei Mal im Kreis lief und ihre Hände über die Buchrücken gleiten ließ. So sehr sie sie auch verabscheute, konnte sie ihnen doch nicht widerstehen. Flocken aus zerrissenem Papier waren um ein Buch mit dem Titel Das Gesetz von Tommi Hoffmann verstreut. In der Brise, die durch das Fenster zog, hoben sich ein paar Schnipsel und sanken wieder herab.
    Das Licht war immer noch orange, aber nicht mehr so strahlend wie zuvor. Ihre Hände spürten den letzten Griff auf dem hölzernen Fenstersims, und zum letzten Mal merkte sie das Ziehen in ihrem Bauch, als sie sich fallen ließ, und das Brennen in ihren Fußsohlen, als sie landete.
    Als sie den Hügel hinabgestiegen und über die Brücke gegangen war, war das orangefarbene Licht verschwunden. Wolken versammelten sich.
    In der Himmelstraße fielen die ersten Regentropfen auf ihre Haut. Ich werde Ilsa Hermann niemals wiedersehen, dachte sie. Aber die Bücherdiebin konnte besser lesen und Bücher zerreißen als Voraussagen machen.
    DREI TAGE SPÄTER
    Die Frau klopfte an Nummer 33 und wartete auf eine Antwort.
    Es kam Liesel merkwürdig vor, sie ohne ihren Morgenmantel zu sehen. Das Sommerkleid war gelb mit einem roten Saum. Aufgenäht war eine Tasche mit einer kleinen Blume darauf. Keine Hakenkreuze. Schwarze Schuhe. Noch nie zuvor waren ihr Ilsa Hermanns Schienbeine aufgefallen. Sie hatte Porzellanbeine.
    »Frau Hermann, es tut mir leid - was ich das letzte Mal in der Bibliothek angestellt habe.«
    Die Frau bedeutete ihr zu schweigen. Sie griff in ihre Tasche und zog ein kleines schwarzes Buch heraus. Darin befand sich keine Geschichte, sondern liniertes Papier. »Ich dachte, dass du, wenn du meine Bücher nicht mehr lesen möchtest, vielleicht selbst eines schreiben willst. Dein Brief war...« Sie überreichte Liesel das schwarze Buch mit beiden Händen. »Du kannst schreiben. Du kannst gut schreiben.« Das Buch war schwer, der Einband matt wie der von Das Schulterzucken. »Und bitte«, fuhr Ilsa Hermann fort, »bestrafe dich nicht selbst, wie du in deinem Brief geschrieben hast. Werde nicht so wie ich, Liesel.«
    Das Mädchen schlug das Buch auf und berührte das Papier. »Danke schön, Frau Hermann. Ich kann Ihnen einen Kaffee kochen, wenn Sie möchten. Wollen Sie nicht hereinkommen? Ich bin allein. Meine Mama ist nebenan, bei Frau Holzinger.«
    »Müssen wir durchs Fenster klettern?«
    Liesel vermutete, dass dies das breiteste Lächeln war, das sich Frau Hermann seit Jahren gestattet hatte. »Ich glaube, wir gehen besser durch die Tür. Das ist einfacher.«
    Sie saßen in der Küche.
    Kaffeetassen und Brot mit Marmelade. Sie suchten nach Worten, und Liesel konnte hören, wie Ilsa Hermann schluckte, aber es war trotzdem nicht ungemütlich. Es war sogar schön zu sehen, wie die Frau sanft auf ihren Kaffee blies, um ihn abzukühlen.
    »Wenn ich jemals etwas schreibe und es auch zu Ende bringe«, sagte Liesel, »dann zeige ich es Ihnen.«
    »Das wäre schön.«
    Als die Frau des Bürgermeisters ging, schaute Liesel ihr nach. Sie betrachtete das gelbe Kleid und die schwarzen Schuhe und die Porzellanbeine auf der Himmelstraße.
    Am Briefkasten stand Rudi und fragte: »War das die, von der ich denke, dass sie es war?«
    »Ja.«
    »Im Ernst?«
    »Sie hat mir ein Geschenk gebracht.«
    Wie sich herausstellte, schenkte Ilsa Hermann Liesel Meminger an diesem Tag nicht nur ein Buch. Sie schenkte ihr auch einen Grund, Zeit im Keller zu verbringen - an ihrem Lieblingsplatz, den sie zunächst mit Papa und später mit Max geteilt hatte. Sie schenkte ihr einen Grund, ihre eigenen Worte aufzuschreiben, zu erkennen, dass Worte auch ihr das Leben

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