Die Buecherfluesterin
Obwohl das albern ist, oder? Du könntest ja so sein wie Robert und mich betrügen. Dich mit anderen Frauen herumtreiben. Allen meine Geheimnisse verraten. Übrigens könntest du auch Folgendes sagen: Jasmine, das ist jetzt aber keine feste Beziehung.
» Keine feste Beziehung? Das werden wir noch sehen.« Er kehrt zum Bett zurück und zieht mich wieder in seine Arme. Ich gleite in einem Segelboot über einen glatten, glasklaren See, träume, falle und werde heil.
Kapitel 36
A
ls die Nacht ihren dunklen Schleier lüftet, erscheint mir Connor, der neben mir liegt, fast unwirklich– wie der Inbegriff des vollkommenen Mannes, heraufbeschworen von meiner Phantasie. Seltsam, dass sein Gesicht sich nicht verändert. Die Bartstoppeln an seinem Kiefer sind seit gestern nicht gewachsen. Die Narbe auf seiner Brust sieht aus wie eine dunkle Einkerbung mit schartigen Rändern.
Was ist dir zugestoßen?, frage ich ihn lautlos.
Seine Augenlider öffnen sich, und er lächelt mich an. Wie soll ich ihm den Ansturm der Gefühle in meinem Herzen erklären? » Wie geht es dir heute Morgen?«, fragt er mit dunkler, schläfriger Stimme.
» Wundervoll. Bei dir fühle ich mich schön. Als Robert mich verlassen hat, habe ich mich hässlich gefühlt. Ich dachte, er würde bei mir bleiben, wenn ich nur hübscher wäre.«
» Du bist immer schön. Daran darfst du nie zweifeln.« Er zieht mich in seine Arme. Ich schmiege mich an ihn.
» Wenn du es sagst, glaube ich es.«
» Warum auch nicht?«
Ich kuschle mich an seine Schulter. » Seit ich gelesen habe, was dein Vater in Afrika durchgemacht und erlebt hat, habe ich das Gefühl, es mit allem aufnehmen zu können. Wenn ich wieder in L. A. bin, werde ich mich jeder Herausforderung stellen.«
Er streichelt mein Haar. » Also wirst du mich verlassen?«
» Ich muss Geld verdienen. Außerdem habe ich noch einiges mit Robert zu klären.«
» Warum kommst du anschließend nicht zurück?«
Die Möglichkeit spukt mir bereits im Kopf herum. » Auf diese abgelegene Insel? Das hier ist das Reich meiner Tante. Versprich mir, mich in L. A. zu besuchen.«
Er schweigt einen Moment. » Ich würde ja gern, aber…«
» Aber was? Hast du andere Verpflichtungen? Du bist doch nicht etwa verheiratet?«
» Natürlich nicht.«
» Keine Freundin? Verlobte?«
» Nein und nochmals nein. Du bist misstrauisch.«
» Dagegen bin ich machtlos.«
» Eines Tages wirst du es wieder lernen zu vertrauen.«
» Vielleicht, vielleicht auch nicht. Doch ich habe wieder Hoffnung.«
Er küsst meinen Hals. » Und ich fühle mich wie ein lebendiger, atmender Mann. Ich liebe deinen Geruch. Ich hatte ganz vergessen, wie eine Frau riecht. Und nicht nur irgendeine Frau. Du hast deinen ganz eigenen Geruch, Jasmine. Ich könnte Tag und Nacht an dir schnuppern.« Er verändert seine Körperhaltung, bis er auf mir liegt und die Ellbogen rechts und links von mir aufstützt. Für eine Weile vergesse ich meine Sorgen und Ängste. Und die Zukunft.
» Wie hat es sich angefühlt?«, fragt er schließlich und zieht meinen Kopf an seine Schulter. Wir sind beide außer Atem.
» Unbeschreiblich«, flüstere ich. Ich habe mich ganz und gar hingegeben– und überlebt. Ich stehe auf, schlüpfe in meinen Morgenmantel und öffne die Jalousien. » Ich wünschte, es könnte für immer so bleiben.«
» Ich bin jetzt hier bei dir.« Ich höre, wie er ebenfalls aufsteht und hinter mich tritt. Als er mir die Arme um die Schultern legt, lehne ich mich an ihn, schließe die Augen und drehe mich um. Ach, wie er sich anfühlt… diese Wärme.
Er streichelt mein Haar. Ich betrachte ihn. Aus diesem Blickwinkel wirkt sein Gesicht verzerrt.
Wieder küsst er mich, ein langer Kuss voller Verheißungen. Und voller Abschied. Dann löst er sich von mir und zieht seine übliche Cargohose, das T-Shirt und die Kapuzenjacke an. Merkwürdig, dass er als Arzt immer dieselbe Freizeitkleidung trägt, wenn ich ihn treffe.
Mein Herz wird schwer, doch gleichzeitig fühle ich mich wie neu geboren. Er kommt wieder zu mir und umfasst mein Gesicht mit den Händen. » Ich gehe nur ungern. Was willst du? Sag es mir.«
» Ich dachte, ich wollte keine Bindung. Und jetzt möchte ich nicht mehr von dir getrennt sein.« Ich hole tief Luft. » Aber ich muss noch einiges erledigen und mein Leben in Ordnung bringen.«
» Das weiß ich. Du bist unterwegs.« Inzwischen ist er gänzlich bekleidet und bereit zum Aufbruch, bis hin zu seiner antiken Uhr, die aufgezogen werden muss.
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