Die Buecherfluesterin
mit den Augen.
Wieder glühen meine Wangen. Ich erinnere mich nicht, erwähnt zu haben, dass ich Vegetarierin bin, muss es aber offenbar doch getan haben. Ich bestelle die Yukon-Gold-Pizza, Connor die mit Mozzarella und dazu ein Glas dunkles Bier.
» Erzähl mal«, fordert er mich auf. » Warum kehrt eine schöne und erfolgreiche Frau wie du auf eine verschlafene Insel zurück, um einen Buchladen zu führen? Was war der wirkliche Grund?«
Schön? Erfolgreich? » Du schmeichelst mir. Ich habe dir doch gesagt, dass meine Tante herzkrank ist. Sie wollte sich in Indien operieren lassen und tut schrecklich geheimnisvoll. Aber vor kurzem hat sie angerufen und erklärt, dass alles in Ordnung ist. Ich habe mir Sorgen um sie gemacht.«
» Sie ist eine erstaunliche Frau. Ist sie allein in Indien oder…?«
» Wir haben dort Verwandtschaft. Sie reist viel.«
» Bist du oft in Indien?«
» Ich bin dort geboren, war aber nicht mehr da, seit ich Rob begegnet bin…«
Schlagartig fällt mir die Anfangszeit unserer Beziehung ein. Wundervolle Sonnenuntergänge, Momente, die ich auf Fotos und in Träumen festgehalten habe. » Er bereiste nicht gern exotische Länder. Er hatte Angst vor Krankheiten.«
» Jetzt kannst du reisen, so viel du willst. Du kannst deine Träume leben.«
» Was ist mit dir? Wovon träumst du?«
Er fährt sich mit dem Finger über die Augenbraue. » Ich bin immer noch voller Hoffnung, Jasmine, und warte auf das nächste Abenteuer.«
Unsere duftenden, heißen Pizzas werden gebracht. Connor isst mit geschlossenen Augen. » Die beste Pizza, die ich je hatte.«
» Meine ist auch ziemlich lecker«, erwidere ich. Allerdings finde ich es viel spannender, ihn dabei zu beobachten, wie er die verschiedenen Geschmacksnoten auskostet.
» Weißt du, wozu ich jetzt Lust hätte?«, fragt er, als wir nach dem Essen wieder ins Tageslicht hinaustreten. » Ich möchte mir einen Film anschauen. Im ersten Kino, das wir finden.«
» Da drüben ist das Pacific Place«, sage ich und deute mit dem Finger darauf. » Sie spielen etwas aus der Schwarzen Serie. Eine Doppelvorstellung. Ich liebe die Schwarze Serie!«
Beide Filme sind in einem körnigen Schwarzweiß mit gelegentlichen Farbtupfern gehalten. Der erste Film ist nicht weiter bemerkenswert, aber der Held des zweiten ist ein gequälter, dem Alkohol nicht abgeneigter Privatdetektiv mit einem ständig traurigen Gesichtsausdruck und einer dunklen Vergangenheit. Der Mann ist faszinierend, doch die Handlung ist wirr. Außerdem finde ich die Geschehnisse ausgesprochen vorhersehbar. Aber ich könnte mir ein Dutzend wirrer Filme anschauen, solange Connor nur dicht neben mir sitzt und sein Knie meines berührt. Er greift nach meiner Hand. Während der Film vor meinen Augen abläuft, spüre ich seine Gegenwart, nehme seinen Atem und seinen Geruch dicht neben mir wahr.
Wann habe ich das letzte Mal mit einem Mann geschlafen? Vor fast achtzehn Monaten. Mein Körper schmerzt vor Sehnsucht.
» Wie fandest du ihn?«, erkundigt er sich, als wir das Kino verlassen. Der Himmel hat sich verdunkelt, und die kühlere Luft kündigt den Abend an.
» Die Sache mit dem Terrorismus wirkte aufgesetzt, aber die Schauspieler haben mir sehr gut gefallen.«
» Diese Details habe ich gar nicht bemerkt. Ich habe es einfach genossen.« Während wir uns auf der Virginia Street durch das bunte Menschengewühl der Stadt schlängeln, hält er weiter meine Hand. Ein Asiat sitzt auf dem Gehweg und spielt ein melancholisch klingendes Saiteninstrument.
» Das ist eine Erhu«, erklärt Connor.
» Wunderschön.« Ich werfe einen Fünfdollarschein in den Instrumentenkoffer des Musikers. Das Samtfutter ist mit Münzen und Scheinen bedeckt. » Ich fühle mich wie in eine andere Welt entführt.«
» Warum entführen wir uns nicht ins Land der Süßigkeiten?« Connor geht mit mir in die Chocolate Box, wo es alle nur erdenklichen Sorten von Schokolade, Eclairs und Kuchen gibt, die man sich vorstellen kann. Ich nehme Rhabarberkuchen, Connor bestellt Birnenkompott. Dann sitzen wir am Fenster und beobachten die Passanten.
» Ach, Birnen– das ist mein Lieblingsobst«, sagt Connor und lässt sich einen Löffel voll auf der Zunge zergehen. » Es ist lange her, dass ich Obst so genossen habe.«
» Du hast dich schon bei der Pizza vor Begeisterung überschlagen. Und jetzt das Kompott. Du tust so, als hättest du jahrelang nichts mehr gegessen.«
» Das habe ich auch nicht«, erwidert er. » Du hast mich
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