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Die Buecherfluesterin

Die Buecherfluesterin

Titel: Die Buecherfluesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anjali Banerjee
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Lächeln.
    » Arbeite nicht so viel. Geh lieber mit mir zum Abendessen und vergiss Dr. Hunt für eine Weile. Der meldet sich schon.«
    Ich entfalte den Lappen wieder und wische weiter Staub. » Vielleicht. Er könnte aber auch sein wie mein Ex. Möglicherweise ziehe ich miese Typen ja magisch an.«
    » Gib ihm noch eine Chance. Sicher hat er einen Grund…«
    » Wehe, wenn es kein guter ist. Weißt du was? Ich bleibe hier und mache zu. Ich bin sowieso müde.« Außerdem könnte Connor zurückkommen. Er ist mir eine Menge Erklärungen schuldig.
    » Tu dir etwas Gutes, ein Schaumbad zum Beispiel. Und grüble nicht über unseren lieben Doktor nach. Wahrscheinlich ist er total verknallt in dich und hat deshalb die Panik gekriegt. Der kommt wieder.«
    Ich drohe ihm mit dem Staublappen. » Los, raus mit dir.«
    » Mach’s gut.«
    » Du auch.«
    Nachdem Tony gegangen ist, wird die Stille fast unerträglich. Ich hätte seine Essenseinladung doch annehmen sollen. Vielleicht erwische ich ihn ja noch, ehe er an der Fähre ist. Als ich den Flur entlangeile, knarzt hinter mir der Boden.
    » Willst du schon fort?«, fragt Connor.
    Ich wirble herum. In meinem Körper tobt ein Krieg– abgrundtiefe Erleichterung und gleichzeitig Anspannung und Ärger. » Ich habe dich gar nicht hereinkommen hören. Wie lange bist du schon da?«
    » Lang genug, um Tony zu belauschen. Er hat recht. Ich habe mich in dich verliebt. Aber ich bin nicht in Panik.«
    » Warum bist du dann verschwunden? Weshalb hast du dem Mann nicht geholfen? Bist du denn kein echter Arzt?« Ich schlage die Hand vor die Stirn. Der Flur scheint enger zu werden.
    » Ich bin Arzt. Doch ich konnte nicht helfen.« Er wirkt groß und stabil und wirft einen Schatten im Flur.
    » Du hättest ihn wenigstens untersuchen können. Warum hast du es nicht getan?« Ich fühle mich, als wäre ich gerade auf eine schwankende Eisscholle getreten. Ein kalter Wind weht mir entgegen, und mein ganzer Körper ist taub.
    » Du kennst die Antwort. Du hast meine Memoiren gelesen.«
    » Die Memoiren deines Vaters…«
    » Nicht die meines Vaters. Ich selbst habe diese Memoiren geschrieben. Du bewunderst meinen Vater. Er ist ich. War ich.«
    Ich klammere mich ans Treppengeländer, als ob es um mein Leben ginge. » Aber er ist tot.«
    Connor nickt. » Ich wollte eigentlich von Afrika nach Hause kommen, doch ich habe es nicht geschafft.«
    » Die Narbe auf deiner Brust.« Ich muss mich setzen. Ich brauche frische Luft.
    » Ich wurde in Nigeria von einem Wilderer erschossen. Das ist eine Schusswunde. Von der Kugel, die mich getötet hat.«
    Die Kugel, die mich getötet hat.
    Ich schließe die Augen und hoffe, dass dies alles nicht wirklich geschieht.
    Draußen prasseln riesige Regentropfen vom Himmel. » Du verschwindest, wenn du vor die Tür trittst«, sage ich, mehr zu mir selbst. » Du tauchst in den ungünstigsten Augenblicken auf. Ich dachte, das wäre Zufall. Aber du warst die ganze Zeit über da.« Ich habe wieder vor mir, wie wir uns geliebt haben. Die Orte, die Stellungen. Dinge, die ich mit Robert nie getan habe.
    » Die Insel war meine Heimat. Nach meinem Tod bin ich eine Weile ruhelos umhergeirrt. Hier habe ich Zuflucht gefunden.«
    » Wann bist du das erste Mal… erschienen? Und warum ausgerechnet mir?«
    » Als ich dich sah, wie du Roberts kostbarstes Körperteil zum Teufel gewünscht hast, wusste ich, dass ich mit dir sprechen musste. Ich wusste, dass du mich sehen konntest. Du und deine Tante, ihr habt eine besondere Gabe.«
    Eine besondere Gabe? Vielleicht ist es ja auch ein Fluch. » Hast du mich die ganze Zeit beobachtet?«
    » Ich habe dir deine Privatsphäre gelassen. Bei mir warst du immer in Sicherheit.«
    » Das habe ich bei Robert auch geglaubt.«
    » Ich bin nicht Robert.«
    » Das weiß ich. Doch ich dachte… ich habe gehofft… keine Ahnung, was ich gehofft habe.«
    » Ich würde bei dir bleiben, wenn ich könnte. Wenn ich dich für immer lieben könnte, würde ich es tun.«
    » Aber du warst mit mir in Seattle. Du hast Pizza gegessen… und sogar Kompott. Wie kann das sein?« Ich wische mir die Tränen ab.
    » Deine Willenskraft und dass wir meine Memoiren aus dem Laden mitgenommen haben, haben es mir ermöglicht, eine Weile bei dir zu sein. Die Zeit ist abgelaufen und jetzt…«
    » Jetzt musst du fort«, flüstere ich. Tränen verschleiern meinen Blick. » Deine Uhr ist stehengeblieben… » Es ist der Augenblick deines Todes.
    Connor nimmt mich in die Arme. » Bitte

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