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Die Büchse der Pandora

Die Büchse der Pandora

Titel: Die Büchse der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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kategorischer Weise herbeordert habe. Aber mein Mann und ich haben etwas entdeckt, das Sie unserer Ansicht nach sofort wissen sollten. Setzen Sie sich, bitte.«
    Sir Arthur setzte sich, und Tuppence fuhr fort:
    »Soviel ich weiß, ist Ihnen sehr viel daran gelegen, die Unschuld Ihres Freundes bewiesen zu sehen.«
    Sir Arthur nickte.
    »Ja, natürlich, aber leider habe auch ich angesichts der Fülle von Indizien klein beigeben müssen.«
    »Und wenn ich Ihnen sagen würde, dass ein glücklicher Zufall mir ein Beweisstück in die Hände gespielt hat, das ihn von aller Schuld freispricht? Nun, was meinen Sie dazu?«
    »Das wäre zu schön, Mrs Beresford!«
    »Nehmen wir an«, fuhr Tuppence fort, »ich hätte die Frau gefunden, die gestern um Mitternacht mit Captain Hale getanzt hat – was seine Anwesenheit im ›Pik As‹ zu dieser Zeit ausschließt.«
    »Wundervoll!«, rief Sir Arthur laut. »Es musste ein Irrtum vorliegen. Das wusste ich. Die arme Vera hat wohl doch Selbstmord begangen.«
    »Kaum. Sie vergessen den anderen Mann.«
    »Welchen anderen Mann?«
    »Den Mann, den wir beide gesehen haben, als er die Kabine verließ. Ja, Sir Arthur, auf dem Ball war offensichtlich ein zweiter ›Herr in Zeitungspapier‹. Übrigens – was trugen Sie eigentlich für ein Kostüm?«
    »Ich? Ich war als Scharfrichter aus dem siebzehnten Jahrhundert verkleidet.«
    »Wie angemessen!«
    »Angemessen? Wieso, Mrs Beresford? Was meinen Sie damit?«
    »Ihrer Rolle angemessen. Soll ich Ihnen sagen, wie ich die Sache sehe, Sir Arthur? Das Zeitungsgewand kann man mühelos über dem Kostüm eines Scharfrichters tragen. Erst drückt man Captain Hale ein Briefchen in die Hand mit der Aufforderung, an diesem Abend nicht mit einer gewissen Dame zu sprechen. Aber die Dame selbst weiß nichts von diesem Briefchen. Sie geht zur verabredeten Stunde ins ›Pik As‹ und sieht die Erscheinung, die sie zu sehen erwartet. Sie gehen ins Separee. Er umarmt sie und küsst sie – ein Judaskuss. Denn während er ihre Lippen berührt, erdolcht er sie. Sie stößt nur einen leichten Schrei aus, den sein Lachen sogleich übertönt. Und dann verschwindet er. Sie aber stirbt mit dem grauenhaften, unvorstellbaren Gedanken, ihr Geliebter habe sie umgebracht. Aber sie hatte aus dem Zeitungskostüm des Mörders ein Stückchen herausgerissen. Er bemerkte es – er ist ein Mann, dem kein Detail entgeht. Captain Haies Schuld muss bewiesen werden – also muss es so aussehen, als ob das Zeitungsfragment von Captain Haies Kostüm stammt. Das wäre schwer zu bewerkstelligen gewesen, wenn die beiden Männer nicht zufällig im gleichen Haus wohnen würden. So ist es natürlich ein Kinderspiel. Er reißt in Captain Haies Kostüm an der gleichen Stelle ein Loch, verbrennt dann seine eigene Verkleidung und ist bereit, die Rolle des treu ergebenen Freundes zu spielen.«
    Tuppence hielt inne. »Nun, Sir Arthur?«
    Sir Arthur stand auf und verbeugte sich vor ihr.
    »Fantasiegebilde einer charmanten Dame, die zu viele Kriminalromane liest.«
    »Meinen Sie wirklich?«, sagte Tommy scharf.
    »Und ein Gatte, der seiner Frau blind folgt – ich glaube kaum, dass Sie jemanden finden werden, der Ihre Geschichte ernst nimmt.«
    Er lachte laut auf, und Tuppence erstarrte bei diesem Klang.
    »Dieses Lachen! Ich würde jederzeit beschwören, dass ich es gestern im ›Pik As‹ zuletzt gehört habe. Außerdem sind Sie im Irrtum, was uns beide betrifft. Beresford ist unser wirklicher Name, aber wir haben noch einen anderen.«
    Sie nahm eine Visitenkarte vom Tisch und reichte sie ihm. Sir Arthur las laut:
    »Internationale Detektivagentur…« Er hielt den Atem an. »Das ist es also – Detektive! Deshalb hat Marriot mich heute Morgen hergebracht! Es war eine Falle…«
    Er schlenderte zum Fenster.
    »Schöne Aussicht von hier. Man sieht ganz London.«
    »Inspektor Marriot!«, rief Tommy scharf.
    Wie ein Pfeil schoss der Inspektor aus der gegenüberliegenden Verbindungstür.
    Über Sir Arthurs Gesicht huschte ein amüsiertes Lächeln.
    »Hab ich mir’s doch gedacht!«, sagte er. »Aber ich fürchte, Sie kriegen mich nicht, Inspektor Marriot. Ich ziehe es vor, auf meine eigene Weise zu verschwinden.«
    Er stützte sich mit beiden Händen aufs Fensterbrett und schwang sich zum Fenster hinaus.
    Tuppence schrie auf und presste die Hände gegen die Ohren, um nicht zu hören, was sie sich schon zu hören einbildete – den grauenvollen, dumpfen Aufschlag unten auf der Straße. Inspektor Marriot

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