Die Burg der flammenden Herzen
Absicht, sie mit Anschuldigungen zu überhäufen. Oder sie für Sünden zu strafen, die er sich ausmalte und die alle schlimmer waren als die eine, deren Zeuge er gewesen war.
Da er schwieg, wandte sie sich ihm wieder zu. Der fragende Blick schwand, während ihre Augen über sein Gesicht wanderten. Erkenntnis leuchtete schließlich in ihrem Blick auf, als sähe sie, was er zu verbergen suchte. Doch dann merkte er, dass es nur der Kerzenschein war, der sich in ihren blaugrauen Augen spiegelte. Ihre Miene wurde undurchdringlich. Er verspürte ein Prickeln im Nacken. Beatrice war gleichsam entschwunden und hatte ihm nur ihren Körper zurückgelassen.
Komm zu mir zurück.
“Beatrice”, sagte er zärtlich.
“Mylord?”
Versteck dich nicht vor mir und rede mich nicht wie einen Fremden an. Du weißt, dass ich keiner bin.
“Nenn mich bei meinem Namen.”
Ihre Blicke trafen sich, und in den Tiefen ihrer Augen sah er, dass Beatrice zurückkehrte. Die Entfernung zwischen ihnen schmolz wie Schnee im Frühling. Sie versuchte, sein Gesicht zu ergründen, als sei er ihr zum ersten Mal begegnet.
“Was willst du von mir, Sebastian?”
“Nichts”, antwortete er. Er vermochte nicht in Worte zu fassen, was er wollte. Er wusste lediglich, dass sie es ihm nicht geben könnte.
Sie faltete die Hände. “Ich glaube dir nicht.”
“Ändert das etwas?” Er verschränkte die Arme.
“Ich wünschte, ich wüsste, was du verlangst, damit ich mich vorbereiten kann, dir deinen Wunsch zu erfüllen.”
“Glaubst du, ich werde etwas von dir verlangen, das du nicht zu erfüllen weißt?”
“Ja, so ist es.”
“Warum? Was habe ich je getan, das diese Ansicht rechtfertigt?”
“Du bist ein Mann. Das ist alles.”
“Denkst du so schlecht über Männer?”
“Schlecht über sie denken? Nein, Sebastian, das tue ich nicht. Männer sind, wie sie sind, und deswegen darf man sie nicht für schlecht oder gut befinden. Ich frage nur, damit ich das erfülle, was du von einer Gemahlin verlangst.”
“Das tut nichts zur Sache. Du kannst niemals all das sein, was ich von einer Frau ersehne.”
Diese Möglichkeit hast du verspielt, als du George Conyers in dein Bett gelassen hast.
Er presste die Kieferknochen zusammen, damit ihm diese Worte nicht über die Lippen kamen. Zorn schmerzte in seiner Brust, brannte in seinem Hals. Wenn er sich nicht in Acht nahm, würde er anfangen, sie zu verfluchen. Dann wäre niemals Frieden zwischen ihnen.
Mit leiser Stimme fragte sie: “Wenn ich nie die Frau sein kann, die du dir wünschst, Sebastian, willst du mir dann nicht wenigstens sagen, was ich tun kann, um das Beste aus diesem schlechten Handel zu machen?”
“Was auch immer du tust, es wird gut genug sein.” Es musste ausreichen. Sie waren aneinander gebunden und konnten in diesem Leben nicht mehr getrennt werden.
Seufzend senkte sie den Blick. “Ich glaube dir nicht.”
“Wir können die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, Beatrice. Du kannst deine Liebschaft mit Conyers nicht rückgängig machen, und ich kann nicht ändern, was ich dazu gesagt habe. Von jetzt an ist alles, was ich brauche, dein Gehorsam. Und ich bezweifele nicht, dass ich ihn mir verschaffen werde.” Das entsprach zumindest der Wahrheit, denn von dieser Forderung würde er nicht abrücken.
“Wenn wir die Vergangenheit nicht ungeschehen machen können, bin ich zumindest bereit, sie ruhen zu lassen.” Sie schaute zu ihm auf, und in ihren klaren Augen fing sich das Kerzenlicht. “Wirst du es auch können?”
Er sah zur Seite, da er ihren forschenden Blick nicht aushielt. “Was kümmert mich die Vergangenheit?”
“Du kannst sie nicht einfach leugnen. Ich habe für meine Sünden Buße getan und gelobt, nicht noch einmal zu sündigen. Bei meiner unsterblichen Seele, ich werde keine Schande über mich bringen. Doch du kannst weder vergessen noch vergeben. Wie sollen wir dann je zusammenleben, Sebastian?”
“Wir werden zusammenleben, weil wir es müssen”, erwiderte er.
Sie entfernte sich von ihm und trat zum Altar. Er ging ihr nach.
“Was verlangst du von mir, Beatrice?” fragte er.
Sie bekreuzigte sich und kniete mit gefalteten Händen. Er kniete sich neben sie.
“Sag mir, was du verlangst.”
Sie starrte auf die Chorschranke. “Ich möchte Frieden finden.”
“Ich kann ihn dir nicht geben.”
“Ich weiß. Niemand kann das.”
Niemand? Erinnerungen tauchten vor seinem geistigen Auge: wie Conyers seine Hand auf die ihre legte, wie er sie
Weitere Kostenlose Bücher