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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Geyer vertändelte seine Zeit mit Verhandlungen, wo es schon längst nichts mehr zu verhandeln gab. Und Götz von Berlichingen hatte sich schon vor längerer Zeit aus dem Staub gemacht; der einarmige Ritter wusste, wann er wieder die Seiten wechseln musste. Auch Melchior von Tanningen schien verschwunden zu sein. Seit ihrer überstürzten Flucht von den Feldern vor Ingolstadt hatte Mathis ihn nicht mehr gesehen.
    Eine neue Salve erschütterte die Mauern des Schlosses. Unweit von Mathis stürzte ein Landsknecht von den Zinnen und blieb im zersplitterten Gestänge eines Fuhrwerks hängen. Der bärtige Mann zuckte noch einmal kurz, dann brachen seine Augen, und er starrte Mathis leblos und fast ein wenig vorwurfsvoll an. Wieder donnerten die Geschütze. Einst hatte Mathis das Geräusch geliebt, schien es doch von der Zukunft zu künden; nun kam es ihm vor, als dröhnten die Explosionen direkt aus der Hölle zu ihm herüber. Er fluchte leise.
    Der Teufel selbst hat uns dieses verfluchte Schießpulver gegeben!
    Eine Steinkugel zerriss zwei Soldaten, die sich nur wenige Meter hinter Mathis zu Boden geworfen hatten. Blut regnete auf ihn herab; dort, wo die Männer gelegen hatten, gähnte nun ein hüfttiefes Loch im Boden, auf dessen Grund ein zerstückelter Torso und eine abgetrennte Hand lagen. Schreiend richtete sich Mathis hinter dem toten Pferd auf und rannte auf die Mauer zu. Er musste weg von hier! Und wenn sie ihn auch erstachen, erwürgten oder erschossen, das war ihm egal. Hauptsache, dieses Toben, Bersten und Krachen fand endlich ein Ende! Er griff nach einer der Leitern und begann nach oben zu klettern.
    »Verdammt, was machst du da?«
    Eine Hand auf seiner Schulter hielt ihn zurück. Als Mathis sich umwandte, glaubte er kurz, den toten Geschützmeister Reichhart vor sich zu sehen, doch es war nur ein alter, mit Narben überzogener Soldat des Schwarzen Haufens. Mathis kannte ihn von seinen wenigen Begegnungen mit Florian Geyer; der Mann war ein erfahrener Landsknecht, der sich in den letzten Monaten zum Stellvertreter des Ritters emporgekämpft hatte.
    »Dort draußen wartet nur der Tod auf dich!«, schrie der Soldat gegen den Lärm der Geschütze an und zog Mathis von der Leiter.
    »Und hier?« Mathis funkelte ihn an. »Sie werden uns zu Klump schießen. Ich will wenigstens, dass man meine Leiche noch erkennt, wenn das hier vorbei ist!«
    »Wenn du hier hochkletterst, reiß ich dir den Arsch bis zu den Ohren auf. Dann wird dich nicht mal deine eigene Mutter erkennen«, entgegnete der Landsknecht. »Und jetzt schnapp dir einen Säbel und verteidige die Südseite. Wir sind des Geyers Schwarzer Haufen, hast du das schon vergessen?«
    »Verflucht, ich bin keiner von euch!«, schrie Mathis. »Ich bin Schmied. Ich gehöre nicht hierher! Ich …«
    Der Mann gab ihm einen Stoß, und Mathis taumelte nach hinten. Dort stürzte er über eine weitere Leiche und blieb schließlich zitternd liegen. Schwer atmend schloss er die Augen und versuchte sich wieder zu beruhigen.
    Das ist das Ende , dachte er traurig. Ertrag es wenigstens wie ein Mann.
    In diesem Augenblick hörte er nicht weit entfernt einen Pfiff, der ihm vertraut vorkam.
    Mühsam richtete Mathis sich auf und sah am Eingang der zerschossenen Schlosskapelle eine winkende Gestalt stehen. Im Pulverrauch war sie nur schwer auszumachen, doch schließlich erkannte Mathis die Laute, die auf den Rücken des Mannes geschnallt war.
    Es war Melchior von Tanningen.
    »Wie zum Teufel …«, murmelte Mathis. Doch ein weiterer Einschlag ganz in der Nähe unterbrach seine Überlegungen. Er rappelte sich auf und lief die wenigen Meter gebückt hinüber zur Kapelle, bei der bereits Teile des Daches und des Glockenturms eingestürzt waren.
    »Es wird Zeit, sich von hier zu verabschieden, Meister Wielenbach«, begrüßte ihn Melchior lächelnd. »Ich fürchte, dieses Schloss hat seine besten Zeiten hinter sich.«
    »Wie um alles in der Welt seid Ihr hier hereingekommen?«, zischte Mathis. »Ihr wart nicht bei den Männern des Schwarzen Haufens, das hätte ich gesehen. Und über die Mauer seid Ihr bei all dem Schießen ja wohl kaum geklettert.«
    Statt einer Antwort deutete Melchior auf das Innere der Kapelle und ging hinein. Neugierig folgte Mathis ihm, während draußen weiter die Geschütze donnerten. Die bunten Fenster waren allesamt zersplittert, einige Dachbalken waren zu Boden gestürzt und versperrten die Sicht auf die Apsis. Der zierliche Barde wand sich durch die quer

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