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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Arme aus und deutete auf all die gekrönten bär­tigen Männer an den Wänden. »Karl der Große, Ludwig der Deutsche, Otto der Große, Barbarossa, die Karolinger, Ottonen, Salier, Welfen und Staufer … Alle wurden sie mit den Reichskleinodien zu deutschen Königen und Kaisern gekrönt. Meine Mutter hat mir von diesem Raum erzählt, die Erinnerung ist nun endlich zurückgekommen …« Ihr Blick ging ins Leere, wie in Trance sprach sie weiter: »Als Johann von Braunschweig und Constanza wegen der vermeintlichen Verschwörung gegen den deutschen König flohen und sich zeigte, dass mit ihnen auch die Heilige Lanze verschwunden war, wurden die Reichskleinodien endgültig vom Trifels weggebracht. Die einst so prächtige Halle stand leer, beraubt ihrer Schätze. Später, als die Habsburger Häscher Constanza dann aufgriffen, hielten sie es für besonders heimtückisch, die letzte Stauferin hier einzumauern. Umgeben von all den Herrschern, deren Nachfolge sie eigentlich hätte antreten sollen. Doch Con­stanza hielt stand und nahm ihr Geheimnis mit ins Grab.«
    »Dann … dann gibt es hier also gar keinen Hinweis auf die Lanze?«, fragte Mathis leise.
    Agnes lächelte. »Ich sagte, sie nahm ihr Geheimnis mit ins Grab. Hier ist ihr Grab, und hier ist auch der Hinweis.« Sie zeigte auf eine Zeichnung unterhalb des Gemäldes von Barbarossa, die Mathis zunächst nicht aufgefallen war. Im Gegensatz zu den übrigen Darstellungen war das Bild sehr einfach, es ähnelte eher einer Kinderzeichnung. Im Grunde bestand es nur aus einigen Strichen, deren Farben längst verblasst waren. Vor langer Zeit mochte es sich einmal um Rot, Grün und Schwarz gehandelt haben. Trotzdem war noch gut zu erkennen, was die Zeichnung darstellte.

    Mathis glaubte ein Gebäude mit Türmen und einer Kuppel zu erkennen. Darunter standen in krakeligen Buchstaben einige Worte, bevor der Strich endgültig nach unten abfiel.
    Der Ort, an dem alle Feindschaft endet …
    »Das ist die Zeichnung, die ich in meinem Traum gesehen habe«, sagte Agnes. »Constanza hat sie kurz vor ihrem Tod noch fertiggestellt. Diese Zeichnung wird uns zur Heiligen Lanze führen. Wir müssen nur noch …«
    In diesem Augenblick dröhnten über ihnen mehrere Einschüsse, und die Decke begann zu wackeln. Kleine Steinchen und auch einige größere Brocken fielen zu Boden, in einer Ecke klaffte plötzlich ein Riss in der Wand. Die Bauern schrien auf und rannten durch den Gang zurück zum Kerker.
    »Verflucht, so wartet doch!« Schimpfend lief ihnen der Jockel hinterher. Am Ausgang drehte er sich noch einmal zu seinen beiden Gefangenen um. »Wenn ihr noch einmal die Sonne sehen wollt, dann kommt gefälligst mit!«, schrie er. »Zum Teufel, ich will wissen, wo diese Heilige Lanze ist. Danach fahrt meinetwegen zur Hölle!«
    Nur kurze Zeit später standen sie gemeinsam oben im Rittersaal, durch dessen Fenster das erste Morgenlicht fiel.
    Der Sturm auf die Burg hatte nun endgültig begonnen. In regelmäßigen Abständen krachten und donnerten die Geschütze, dazu waren die Schreie der Belagerer zu hören, die zum Angriff übergingen. Mathis wagte einen Blick durch eines der Fensterlöcher und sah, wie etwa zwei Dutzend der Landsknechte mit Leitern gegen die Mauern anrannten. Unterstützt wurden sie dabei von einer Abteilung Arkebusiere, die mit ihren Hakenbüchsen die Bauern oben auf den Zinnen unter Feuer nahmen. Noch gelang es den Aufrührern, die Landsknechte immer wieder zurückzuwerfen, doch es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis die Burg endgültig fiel. Die Steinkugeln der großen Nachtigall und der fast ebenso mächtigen Kartaune schlugen wie die Fäuste von Riesen im ohnehin schon brüchigen Mauerwerk ein.
    Bewegungslos verharrte der Schäfer-Jockel an einem der Fenster und starrte auf das Chaos unter ihm. Er wirkte wie versteinert. Seit ihrer gemeinsamen Flucht aus dem Kerker war kein Wort mehr über seine Lippen gekommen, nur seine Augen huschten wild hin und her. Einige seiner Männer hatten Agnes und Mathis derweil gefesselt und vor den Thron aus Weidengeflecht gezerrt. Nun blickten sie unschlüssig hin­über zu ihrem Anführer.
    »Jockel, was … was sollen wir denn mit den Geiseln machen?«, fragte das Mondgesicht, dem die nackte Todesangst ins Gesicht geschrieben war. »Der Hans sagt, dass das untere Burgtor wohl schon bald fällt. Und die Mauern an der Ostseite können wir auch nicht mehr lange halten. Vielleicht solltest du selbst mal nach unten gehen und …«
    Ein

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