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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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immer seltsam gewesen, doch offenbar hatten die Ereignisse der letzten Monate nun sein wahres Wesen zutage gefördert. Trotzdem verzog sie keine Miene. Sie war die Herrin vom Trifels, und ihr vor Hass wahnsinniger Gatte würde sie nicht weinen sehen.
    Niemals, auch wenn es ihr schwerfiel.
    »Das Letzte, was ich in meinem Leben tun werde, ist, deinen Namen zu verfluchen, Friedrich«, erwiderte sie schließlich. »Mörder meines Vaters! Dafür wirst du ewig in der Hölle schmoren.«
    »Ich finde, wir sollten Euer beider Belange zunächst zurückstellen«, sagte Melchior und wandte sich stirnrunzelnd an den Grafen. »Davon abgesehen war ich schon immer der Meinung, dass die Dame nicht zu Euch passt, Scharfeneck. Eine echte Stauferin, ich bitte Euch! So was könnt Ihr Euch doch gar nicht leisten.«
    Kurz schien Friedrich etwas erwidern zu wollen, doch dann atmete er nur tief durch.
    »Ich will nicht mit Euch streiten, Tanningen. Es bleibt bei unserer Abmachung. Ihr bekommt die Lanze und ich meine Gattin. Was ich mit ihr dann anfange, ist ganz meine Sache.«
    Melchior lächelte, wobei ein gewisser trauriger Zug seine Lippen umspielte. »Ihr habt recht, Graf. Das ist ganz Eure Sache. So war die Abmachung.«
    »Dass Ihr kein Barde seid, hätte ich eigentlich schon früher ahnen können«, mischte sich nun Mathis ein. Seine anfäng­liche Verwirrung war einer tiefen Verbitterung gewichen. Hasserfüllt starrte er Melchior an. »Mit dem Degen wart Ihr ja immer weitaus geschickter als mit der Laute.«
    Melchior zog einen Schmollmund. »Ihr seid ungerecht, Meister Wielenbach. Ich mag kein echter Barde sein, aber so schlecht war mein Spiel nun auch nicht. Gut, für die Wartburg hätte es wohl nicht gereicht. Aber diesen romantischen Wettbewerb hatte ich mir ohnehin nur ausgedacht.«
    »Ihr habt was ?«, hakte Mathis verblüfft nach.
    »Hast du es denn immer noch nicht begriffen?«, fiel ihm Agnes ins Wort. »Alles, was Melchior uns je erzählt hat, war eine Lüge! Das Fest auf der Wartburg, seine Liebe zu den ­alten Balladen, vor allem seine Zuneigung mir gegenüber …« Sie raffte ihr zerrissenes Kleid und stieg über einige der umgestürzten Balken hinweg, bis sie schließlich ganz nah vor Melchior stand. Ihre Furcht und ihre Verzweiflung schlugen um in abgrundtiefen Hass. Hass auf Melchior und Hass auf sich selbst, dass sie sich so lang hatte täuschen lassen.
    »Nicht dieser schwarzhäutige Teufel in Sankt Goar ist von den Habsburgern ausgeschickt worden, um die letzte Stauferin zu suchen und umzubringen«, fauchte sie. »Es war unser lieber, ach so drolliger Melchior!« Abfällig deutete sie auf den Barden, dann spuckte sie ihm mitten ins Gesicht. »Er hat sich bereits letztes Jahr auf Burg Scharfenberg eingeschlichen, um die Gegend auszukundschaften. Vermutlich wusste mein Gatte von Anfang an Bescheid. Friedrich wollte ohnehin immer nur den Trifels und nicht mich.«
    »Ich muss Euren Gemahl in Schutz nehmen. Er wusste, dass ich vom Kaiser gesandt war, und hatte den Auftrag, mich als Barden anzustellen, das ist wahr. Aber er hatte keine Ahnung, was meine tatsächliche Aufgabe war.« Mit einer Miene des Bedauerns wischte sich Melchior die Spucke von der Wange. »Im Grunde wusste ich es zunächst selbst nicht. Es gab dieses Gerücht, dass eine Nachfahrin der Staufer hier in der Gegend leben sollte. Dem sollte ich nachgehen und diese Person, so es sie denn wirklich gab, aufspüren und beseitigen, bevor die Franzosen ihrer habhaft werden konnten. Ich gebe zu, ich war nahe daran aufzugeben. So viele Monate habe ich in den Archiven gesucht, habe mich umgehört und doch nichts gefunden!« Er seufzte und sah Agnes traurig an. »Aber dann habt Ihr mir am Ende selbst den entscheidenden Hinweis gegeben. Als Ihr mir damals kurz vor Eurer Flucht von jenem Geheimnis erzähltet, das Ihr in Sankt Goar zu finden hofftet, da wusste ich, dass ich endlich auf der rich­tigen Spur war. Dass nun sogar die echte Heilige Lanze als Lohn winkt, war wirklich nicht vorauszusehen.« Ein müdes Lächeln spielte um Melchiors Lippen. »Ich frage mich, ob der Kaiser überhaupt weiß, dass in Nürnberg nur eine Fälschung verwahrt wird. So oder so wird er mein Gewicht wohl nun in Gold aufwiegen.«
    »Aber … aber was war dann mit diesem schwarzen Teufel, der uns in Sankt Goar aufgelauert hat?«, fragte Mathis verdutzt. »Ich dachte, er sei von den Habsburgern geschickt worden, um Agnes umzubringen.«
    »Ich nehme an, er war ein Agent der Franzosen«,

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