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Die Burg der Könige

Die Burg der Könige

Titel: Die Burg der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Türenschlagen den Raum.
    Fröstelnd ließ sich Agnes auf ihr Bett sinken, während ihr das Blut im Kopf pochte. Es stimmte also, Heidelsheim hatte nicht gelogen! Ihr Vater wollte sie wirklich mit dem Schreiber verheiraten. Allein bei dem Gedanken daran wurde ihr übel. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und zog die Knie an, rollte sich zusammen, als könnte sie sich so klein machen wie ein Küken im Ei, dessen Schale vor der rauen Außenwelt schützte. Warum konnte nicht alles wieder so sein wie früher? Damals hatte sie ihren Falken, das schnelle Pferd ihres Vaters, den Wald und eine Burg voll mit Geschichten, und das genügte ihr. Aber natürlich wusste sie genau, dass eine Heirat unumgänglich war. Eine alleinlebende Frau war für die meisten Menschen der Gegend immer noch so etwas Ähnliches wie eine Hexe. Außerdem, wovon sollte sie leben? Es gab nichts, womit sie ihren Lebensunterhalt verdienen konnte. Ohne einen Mann an ihrer Seite würde sie den Trifels nie halten können.
    Kurz sah sie Mathis vor sich, doch es tat ihr weh, an ihn zu denken. Er war der einzige Mann, mit dem sie wirklich zusammen sein mochte. Das war schon in ihrer Kindheit so gewesen, als sie in den Kellern der Burg Prinz und Prinzessin gespielt hatten, mit einem moosigen Felsklotz als Brautaltar, auf dem ein von ihr gepflücktes Sträußlein Heckenrosen stand. Doch sie hatten damals schon gewusst, dass eine Heirat von vornherein ausgeschlossen war. Agnes war die Vogtstochter und Mathis nichts weiter als der Sohn des Trifelser Waffenschmieds.
    Verträumt fuhr Agnes über den goldenen Ring an ihrem Finger. Wer in Gottes Namen mochte ihn Parcival nur an die Klaue gesteckt haben? Sie beschloss, auch in Zukunft nur mit Mathis über den Ring zu reden. Es war schon schlimm genug, was die Menschen bereits über sie dachten. Ein geheimnisvoller Siegelring, den ihr ein Falke zugetragen hatte, wäre nur Wasser auf die Mühlen der Spötter.
    Das Quietschen der Tür riss Agnes aus ihren Gedanken. Sie richtete sich auf und nickte der eintretenden Margarethe zu, die ihr wortlos Wams und Beinlinge reichte. Die Zofe war noch sichtlich beleidigt wegen der Rüge.
    »Danke, Margarethe«, murmelte Agnes. »Und es tut mir leid wegen eben. Es ist wohl alles ein wenig viel in letzter Zeit.«
    Margarethe lächelte schmal. Sie war Agnes nie lange böse, trotzdem konnte sie sich auch jetzt einen bissigen Kommentar nicht verkneifen. »Ihr habt Euch nicht zu entschuldigen. Nicht bei einer dummen Zofe.« Sie machte eine betont tiefe Verbeugung. »Gehabt Euch wohl, Herrin.«
    Leise schloss sie die Tür, während Agnes sich hastig Wams und Hosen überstreifte. Die ledernen Beinlinge hatte sie im letzten Winter selbst genäht, sie saßen wie eine zweite Haut und waren beim Reiten weitaus praktischer als die langen wallenden Kleider. So eingekleidet, eilte sie über die Wendeltreppe nach unten in den Burghof, wo sich neben dem Hundezwinger auch der Verschlag für ihren Falken befand.
    Zu gern hätte sie Parcival mitgenommen, doch der kleine Raubvogel war nach seinem langen Flug vor einigen Tagen noch immer zu schwach. Zwar hatte ihm Agnes mittlerweile neue Schwanzfedern aufgesteckt und ihn mit roher Amselleber verwöhnt, doch als sie nun die Voliere betrat, spürte sie sofort, dass Parcival noch eine Weile brauchen würde. Zudem hatte er mit der jährlichen Mauser begonnen, und ihm fielen bereits einige der kleineren Federn aus. Er flatterte kurz und lahnte leise, ansonsten blieb er matt auf seiner Stange sitzen. Agnes hatte sich in der Küche ein paar Fleischbrocken geben lassen, die der kleine Raubvogel nun mit großem Appetit verspeiste.
    »Wo bist du nur gewesen, Parcival?«, murmelte sie nachdenklich, während sie ihm die rohen, blutigen Streifen reichte. »Was ist dort draußen mit dir geschehen?« Sie schüttelte den Kopf. »Schade, dass du nicht reden kannst. Du hättest bestimmt eine interessante Geschichte zu erzählen. Al reveire! «
    Sie flüsterte ihm einen okzitanischen Abschiedsgruß zu, dann schloss sie das Gatter und rannte hinüber zu den Ställen. Sie musste raus! Raus in die Wälder, allein mit einem schnellen Pferd, auch wenn ihr die Erinnerung an die Begegnung mit dem Raubritter Hans von Wertingen immer noch einen Schauder über den Rücken jagte. Trotzdem war ihr, als würden die Burgmauern sie langsam erdrücken, wenn sie auch nur noch eine Minute länger auf dem Trifels blieb.
    Die Pferdeställe befanden sich gleich neben dem ehemaligen

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