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Die Burg

Die Burg

Titel: Die Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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lebten von der Reenactment-Tradition: Tuchmacher, Schneider, Waffenschmiede, Zeltmacher, Korbflechter, Schuster, Knopfmacher, Küfer und etliche andere Gewerke.
    «Gelebte Geschichte ist ja gut und schön», sagte Astrid, «aber Krieg spielen? Ich glaube, da würde in Deutschland kein Mensch mitmachen.»
    «Na ja, die Engländer haben eben überhaupt kein Problem mit Nationalstolz. Sie würden auch nicht verstehen, warum sie ihre nationale Identität verstecken sollten.»
    Ein Junge von vielleicht zwölf Jahren war von hinten herangekommen und tippte Katharina an. Die drehte sich um und kuschelte sich noch enger an ihre Mutter.
    Der Junge holte drei kleine Lederbälle aus den Hosentaschen und fing an zu jonglieren. Rundherum wurde Beifall geklatscht – «Ho, Jamie!» –, die Musikanten spielten einen Tusch.
    Schließlich verbeugte sich der Junge und hielt Katharina die Bälle hin. «You wanna try?»
    «Willst du es auch mal versuchen?», übersetzte Astrid.
    Katharina zog unsicher die Schultern hoch.
    «Oh, c’mon!», lockte er.
    «Na los», sagte Astrid, «du bist doch sonst nicht so schüchtern.»
    Ihre Tochter zierte sich nicht länger, rutschte vom Strohballen und ließ sich von dem Jungen zu einer der Fackeln mitziehen, unter der die anderen Kinder irgendein Spiel mit Münzen und Zinnbechern spielten. Ruth legte Astrid die Hand auf den Arm. «Mach dir keine Sorgen, Jamie passt schon auf sie auf.»
    John, der sie begrüßt hatte und der der Chef der Militia war, setzte sich zu ihnen und wollte wissen, ob sie sich am Sonntag das große Spektakel anschauen würden, die Erstürmung der Schwanenburg. Astrid und Toppe wechselten einen Blick und nickten.
    «You’ll be our special guests», meinte er mit einer kleinen Verbeugung und hielt dann lauschend inne. Drüben beim Bierfass war eine Rangelei im Gange. «I better have a look», murmelte er und hastete davon.
    Toppe schaute ihm stirnrunzelnd hinterher.
    «Keine Sorge», sagte Toni. «Sie haben dieses Mal ziemlich viele Jugendliche dabei, und die fallen zu fortgeschrittener Stunde schon mal aus der Rolle, aber das regelt sich schon.»
    Er stand auf und setzte sich hinter seine Frau auf den Strohballen, nahm sie zwischen seine Beine und legte die Arme um sie. «Dir ist kalt.» Ruth schmiegte sich an ihn. «Und, wie ist es euch ergangen?»
    «Ganz gut, eigentlich», antwortete Toppe. «Bis auf die Tatsache, dass sie mich zum Chef gemacht haben. Das schmeckt mir immer noch nicht besonders.»
    Toni wusste gleich, was er meinte. «Du wirst dich daran gewöhnen und irgendwann feststellen, dass du derjenige bist, der bestimmt, wo der Hase langläuft. Mir ist es genauso gegangen, als ich mich niedergelassen habe und auf einmal mein eigener Herr war. Inzwischen finde ich es prima.»
    «Und wie geht es euren Jungs?», wollte Astrid wissen.
    «Viel zu gut», sagte Toni und feixte. «Die Mutter ist das Problem.»
    Ruth knuffte ihn in die Seite. «Ich hab immer noch Kindweh. Seit der Kleine jetzt auch weg ist, ist es furchtbar still im Haus geworden.»
    Astrid lachte. Matthias, der «Kleine», war über 1,90   m groß.
    Ruth strich sich mit beiden Händen das Haar aus dem Gesicht. «Ich habe immer gedacht, es würde mir nicht so viel ausmachen, ich habe schließlich meinen Beruf, und ich finde es auch schön, wieder zu zweit zu sein. Aber dann kommen sie zu Besuch, besetzen das Haus, bevölkern es mit einer Unzahl von alten Kumpeln, fressen uns die Haare vom Kopf, brechen bei Tisch unerwünschte wilde politische oder philosophische Diskussionen vom Zaun, hexen die halbe Nacht rum, dass man keinen Schlaf findet, und wir sehnen uns nach Ruhe und Frieden. Und dann packen sie ihr Bündel wieder und sagen: ‹Tschüs, Mama, wir fahren wieder nach Hause!› Und das ist dann der Moment, wo ich nur noch heulen möchte – ‹nach Hause›. Bescheuert, nicht wahr?»
    Toni zog sie noch dichter an sich. «Aber es wird besser, oder? Für mich ist es nicht ganz so schlimm, aber ich kaue auch daran. Wir bemuttern uns dann gegenseitig, und nach ein paar Tagen genießen wir wieder unsere neue Freiheit. Hat nämlich auch was.»
    «Das haben wir alles noch vor uns», meinte Astrid leise und schaute Helmut an. Der hob ein Holzscheit auf und warf es ins Feuer – knisternde Funken stoben. Astrid stellte den Bierkrug zwischen ihren Füßen ab und schob die klammen Hände in die Mantelärmel. «Wie seid ihr eigentlich an diese Truppe gekommen?»
    Toni lachte. «Das ist eine verrückte

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