Die Capitana - Roman
Wahrheit ist. Sie tut besorgt, immer diese Scherereien mit der Jugend.
»Wo wollen Sie hin, Madame?«
»Nach Hause, ich wohne ganz in der Nähe. In der Rue Saint-Sulpice.«
Aber, Madame, er bringt sie doch nach Hause. Das ist nicht nötig, doch, beharrt er, wie soll ich Ihnen nur danken, die erdigen Handschuhe gut in ihrer Handtasche versteckt, begibt Mika sich mit ihren reinen, gepflegten Händen, grauen Haaren und übertrieben langsamen Schritten auf den Weg in Richtung Jardin du Luxembourg, nur ein Lächeln entschlüpft ihr: Siehst du, Hippo, ich kann sie noch immer an der Nase herumführen.
30. Kapitel
Madrid, April 1937
Oberst Ojeda legte es ihr nahe, als er zum Cerro de Ávila kam, der alte Milizionär Valerio auf ihrem Weg nach Madrid, Quique sagte es ihr, Eugenio und noch weitere Kameraden im Quartier des POUM und schließlich Marguerite in ihrem Brief: Sie soll zurück nach Paris gehen. Aber Mika wollte nicht. Ihr Platz war im Krieg, sie würde in Madrid Kräfte sammeln, bis man sie wieder an die Front rufen würde.
Seit die Kompanien zerstört waren, war das Schicksal der Milizionäre des POUM ungewiss. In ihrem früheren Quartier in der Calle Serrano hatten die vereinigten Milizen Büros eingerichtet. Die Dinge ändern sich, erklärten sie Mika.
Keinen eigenen Platz zu haben war schmerzlich. Aber die Milizionäre des POUM , die die fürchterliche Schlacht am Cerro de Ávila überlebt hatten, würden nach ein paar Tagen Pause wieder an irgendeine Front kommen, dachte sie.
Wenn Mika schon nicht nach Frankreich gehen wollte, sollte sie sich wenigstens bei sozialistischen oder anarchistischen Compañeros zu Hause einquartieren, redeten ihre Freunde auf sie ein. Der Radiosender des POUM und die Parteizeitung El combatiente rojo waren eingestellt worden. Tag für Tag sickerten die von der Kommunistischen Partei ausgestoßenen Beschimpfungen wie ein Gift in die Bevölkerung. In Madrid wimmelte es von Geheimpolizei, warnte man sie.
Mika konnte keinen klaren Gedanken fassen, immer wieder sah sie ihre Milizionäre über das offene Feld rennen, sah sie fallen, ihre zerfetzten Körper, die Tragen, die hin und her geschafft wurden, das Gesicht des toten Corneta … was für ein Schmerz.
Die Milizionäre gingen nach Hause, doch sie hatte seit Kriegsbeginn noch keinen Fuß in ihre Wohnung in der Calle Meléndez Valdés gesetzt. Marie-Louise war mit ihrem kleinen Sohn nach Frankreich gegangen (das bestätigte ihr Katja in ihrem Brief), Vicente Latorre, ihr Gefährte, war im Kampf, und Mika fühlte sich nicht in der Lage, sich ihren Erinnerungen zu stellen.
Sie könnte bei Amparo wohnen, einer Tante von Quique, bot man ihr an, und sie akzeptierte.
»Es wird auch nur für ein paar Tage sein, bis man uns wieder an die Front ruft.«
Aber die Tage vergingen, und Mika wurde nicht gerufen. Sie erfuhr, dass sich die Milizionäre des POUM in ein Bataillon der CNT eingegliedert hatten und andere an der Front in Aragón waren, in der 29. Division, die Kommandant Rovira befehligte, auch ein Mitglied des POUM .
Und Mika in Madrid auf Abruf, es war unerträglich.
Capitana, Hilfs-Capitana, einfache Soldatin, das spielte keine Rolle, wenn man sie doch bitte an die Front schicken würde.
»Nicht, ehe Sie sich nicht ausgeruht und wieder vollständig erholt haben«, sagte Oberst Ramírez zu ihr, als Mika mit ihrem Anliegen nach Puerta de Hierro ging.
Mika sah Augusto Ramírez an. Sein Gesicht war grau, er hatte Ringe unter den Augen, sah erschöpft aus. Mit milder Stimme sagte sie zu ihm:
»Sie sind es, der sich ausruhen sollte. Sie sehen schlecht aus, als würde Ihnen etwas Sorge bereiten.« Und, mit einem Mal erschrocken: »Ist etwas geschehen, von dem ich nichts weiß? Sind die Faschisten vorgerückt? Erzählen Sie es mir, compañero comandante .«
Ramírez konnte dir nicht erzählen, dass nicht nur der Krieg ihm den Schlaf raubte, Mika, das wäre lächerlich gewesen.
Der Streit mit Augusto letzten Abend war schrecklich. Die Schreie, die Beleidigungen. Es ist Mittag, und Ethelvina kommt nicht aus dem Bett, so erschöpft ist sie. Und übelster Laune. Sie weiß gar nicht, wie es immer dazu kommt, manchmal ist der Auslöser des Streits etwas Ernstes wie der Zusammenschluss der Sozialistischen mit der Kommunistischen Partei, den sie befürwortet und den er kategorisch ablehnt, manchmal auch nur ein umgekipptes Glas Wein, warum ist Augusto auch so ungeschickt. Aber das Schlimmste ist, dass allein schon der Klang seiner
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