Die Capitana - Roman
bedient, wo überhaupt der Kampf stattfinden soll, aber in ihnen ist ein eiserner Wille, eine Entschlossenheit zu kämpfen, die nicht auf einen Aufruf einer Regierung oder Organisation angewiesen ist.
Als Mika und Hipólito in den Lokalen der JSU oder der CNT um Waffen bitten, fragt niemand sie, welcher Partei oder politischen Organisation sie angehören, es ist revolutionäres Recht, dass jeder, der will, sich bewaffnen kann.
Aber es ist schon dunkle Nacht und Waffen gibt es nicht, nur Gerüchte, dass welche kommen sollen, in der Calle de la Flor, oder in Cuatro Caminos. Aus den Lautsprechern in der Gran Vía und der Calle de Alcalá hört man die Stimmen der Minister, die zur Besonnenheit mahnen, von der Ruhe berichten, die in der gesamten Republik herrscht. Die Lage ist vollständig unter Kontrolle, versichert die Regierung in den Abendzeitungen. Aber davon scheinen diese Menschen, die auf der Suche nach Waffen von einem Ort zum anderen laufen, keine Notiz zu nehmen. Auf die Barrikaden, auf die Barrikaden , singen sie. Die Stunde des Handelns ist gekommen, egal, was die Beamten reden. Und wenn die Regierung ihnen keine Waffen gibt, besorgen sie sich welche bei den Gewerkschaften oder wo auch immer.
»Wir müssen uns ausruhen«, bittet Mika schon zum dritten oder vierten Mal. »Wir laufen schon seit Stunden, Hippo. Das bekommt dir nicht ...«
Und in ihren Augen die Sorge, die sie nicht verbergen kann.
»Nach so viel Auskurieren werde ich schon nicht gleich an dem Tag sterben, an dem die Revolution anfängt.«
Das hervorbrechende Lachen, die feste Umarmung, so mag er sie, wenn sie sich an seine Brust schmiegt, so winzig klein ist diese Frau, und so groß, ich liebe dich so sehr. Zum Glück ist Mika da, ohne sie ist alles halb so aufregend.
»Siehst du, grillito , was alles geschehen ist, seit du hier bist. Die Revolution hat auf dich gewartet. Habe ich es dir nicht gesagt? Bring mir deine Zärtlichkeit, und wir werden die Welt neu aufbauen. Hier in Madrid, jetzt, in dieser Nacht.«
»Hippo, bitte, du musst dich ausruhen.«
Einverstanden, aber er will nicht bis zu ihrer Wohnung in der Calle Meléndez Valdés gehen, jederzeit können im Lokal der JSU die Waffen eintreffen, und wenn sie weggehen, werden sie keine mehr bekommen, jeder möchte ein Gewehr. Sie können sich hier ein bisschen hinlegen, auf der Plaza Santa Ana, Hipólito breitet ein paar Zeitungsblätter auf den Steinplatten aus, wer soll schon etwas sagen? Die Stadt gehört heute Nacht dem Volk, heute und von nun an.
»Komm, Mika, dein Ruhelager und dein Mann erwarten dich.«
Hipólito war an jenem 18. Juli 1936 sehr aufgekratzt. Endlich, sagte er, als die Nachricht draußen war. Die Erhebung Francos in Melilla überraschte nur die Regierung der Republik, das Volk war auf alles gefasst. Die Ermordung Leutnant Castillos durch die republikanische Sturmgarde, und die Vergeltung: die Ermordung Calvo Sotelos. Hier die einen, dort die anderen. Man konnte die Anspannung förmlich greifen, und endlich stellte sich der Feind. Es war eine Erleichterung, dass es losging. Vor ihnen lag ein schwerer Weg, voller Kämpfe, aber ein wahrhaftiger. Das spanische Volk beschloss, sein Schicksal in die Hand zu nehmen, und rüstete sich zu einer Schlacht, die fast drei Jahre dauern sollte. An diesem Nachmittag, im Angesicht des Feindes, vergaßen sie alle Unterschiede und schlossen sich zu einer einzigen Front gegen den Faschismus zusammen. So wurden die Milizen geboren, und wir waren mittendrin. Es war ergreifend, wundervoll. Und schrecklich.
Die Nacht mündete in einen heiteren, heiß ersehnten Sonntag. Doch auch am Morgen gab es keine Waffen. Ich überredete Hippo, nach Hause zu gehen: Wir würden etwas essen, ein Bad nehmen, ein paar Stunden in einem Bett mit sauberen Laken schlafen, und später würden wir wieder hinausgehen und uns in den Kampf stürzen.
Zu Hause verabschiedete sich Vicente Latorre gerade von Marie-Lou und von Jackie. Er riet uns, zum Lokal des POUM zu gehen, da diese Partei ideologisch unserer Oppositionsgruppe Que faire am nächsten stand. Eine gute Idee, Hippo hatte auch schon mit Juan Andrade gesprochen – und sich gut mit ihm verstanden. Abgesehen davon war hundertprozentige ideologische Übereinstimmung, Einigkeit in allen Punkten der kleinteiligen Debatte nicht notwendig, um im Verband einer Organisation zu kämpfen. Der Feind war der Faschismus, und auf der anderen Seite standen wir, die wir ihn ausmerzen wollten: Sozialisten,
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