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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Aus meiner Sicht war das
Risiko real. Ich habe den Jupiteranern so viel Vertrauen
entgegengebracht, dass ich auf dem von ihnen berechneten Kurs
durchs Wurmloch geflogen bin – ein Risiko, das wir
gemeinsam eingegangen sind, wohl wahr, aber ich hätte es
bestimmt nicht gewagt, wenn ich die Jupiteraner für Ungeheuer halten würde.«
    »Klingt einleuchtend«, sagte Malley. »Warum
haben Sie das nicht Mary-Lou gesagt?«
    »Ich weiß, wann ich auf verlorenem Posten
stehe«, erwiderte ich achselzuckend. »Sie hat ihren
Standpunkt, okay, aber ich glaube, sie hat von vorneherein eine
gewaltfreie Lösung angestrebt und war anderen
Möglichkeiten gegenüber blind. Verstehen Sie mich nicht
falsch – nichts wäre mir lieber, als wenn sie Recht
damit behalten würde, dass wir mit den Jupiteranern
zusammenleben und zusammenarbeiten können. Dass sie nicht so
böse oder verrückt sind wie ihre Vorgänger. Aber
solange ich davon nicht überzeugt bin, solange wir nicht
alle wissen, dass wir in Sicherheit sind, werde ich mein
Möglichstes tun, um sicherzustellen, dass wir ein letztes
Mittel gegen sie in der Hand behalten. Ausschließlich als letztes Mittel und bloß
für den Fall, dass es ›wir oder sie‹
heißt und ›jeder für sich selbst‹. Und
dieses Mittel wird für die Jupiteraner solange keine Gefahr
darstellen oder ihnen Sorgen machen, bis sie uns
bedrohen.«
    Jaime und Andrea blickten auf die Monitore, an denen sie
gearbeitet hatten, dann, als es ihnen dämmerte,
lächelten sie.
    »Das habe ich mit Tatsuro vereinbart«, fuhr ich
fort. »Das ist der eigentliche Grund, weshalb wir hier
sind. Denn hier gibt es jede Menge Kometenkarawanen, von denen
die Jupiteraner nichts wissen und die wir jederzeit auf sie
lenken können. Wir können die Kometen durchs Wurmloch
schicken.«
    »Aber die Kometen bewegen sich…« setzte
Tony an.
    Malleys Lächeln drückte widerwilligen Respekt
aus.
    »Sehr elegant«, sagte er. »Relative
Bewegung.«
    »Ja«, sagte ich. »Wir werden das Wurmloch
verlagern.«
    *
    So einfach war es nicht, doch im Laufe der Arbeiten gelangten
die Genossen zu der Überzeugung, dass ich nach wie vor
autorisiert war für meine Vorgehensweise. Das stimmte auch,
und zwar insofern, als ich mich mit Tatsuro auf diesen
Notfallplan einigen konnte, noch ehe ich mich aufgemacht hatte,
Wilde oder Malley zu finden. Der Umstand, dass die Kampfstationen
der Division auf beiden Seiten des Wurmlochs meine Befehle
ausführten, war nicht nur für mich Beweis genug, dass
man mich nicht aus dem Kommandokomitee hinausgeworfen hatte.
Jedenfalls noch nicht.
    Ich saß neben Yeng, als sie verschlüsselte Befehle
an das Geschwader auf unserer Seite und die Turing Tester auf der anderen funkte. Die Aktionen der Turing Tester waren von Ausschlag gebender Bedeutung, blieben aber im Zuge der
Neustationierung der Kampfeinheiten rund ums Malley Mile, auf der
ausgerechnet Mary-Lou bestanden hatte, unbemerkt. Die Turing
Tester sendete ihre Anweisungen gepulst an die
Positionsraketen des Wurmlochtors, die daraufhin mehrmals kurz
feuerten. Im Verlauf mehrerer Stunden schwenkte der riesige
regenbogenfarbene Ring auf seiner Achse herum und wandte sich der
Oberfläche des Jupiter zu.
    Währenddessen trieben wir immer näher und näher
ans Tochterwurmloch heran. Weder unsere Kampfstationen noch das
einsame, vom Autopiloten gesteuerte Wächterschiff –
das amüsanterweise Reids Gesellschaft für
wechselseitigen Schutz gehörte – machten Anstalten,
uns aufzuhalten. Jaime und Andrea registrierten sorgfältig
den sich nähernden Strom der Kometenfragmente, die, aus den
Regionen des Systems kommend, die unserem Kuiper-Gürtel oder
der Oort-Wolke entsprachen, nach vielleicht jahrzehntelangem
freiem Fall beinahe stündlich auf die unbewohnten Teile des
Neuen Mars niedergingen. Unseren Berechnungen zufolge wären
wir in der Lage, innerhalb einer Zeitspanne von dreißig
Minuten bis zu zwei Stunden eine für ein wirksames
Bombardement ausreichende Geschwindigkeit aufzunehmen. Sollten
wir unter Zeitdruck stehen, würde das Schiff das Wurmloch
mit bis zu dreißig Ge beschleunigen: Dies war die maximale
gerade noch erträgliche Beschleunigung und würde unsere
smarten Raumanzüge bis zur Grenze der Belastbarkeit
beanspruchen.
    »Wie sollen wir das Wurmloch packen?«, fragte
Malley.
    »Es hat schon einmal geklappt«, sagte ich.
»Alles ist vorbereitet. Die kleinen Positionsdrohnen wurden

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