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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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für die Kursverlagerung des Malley Mile auf unserer Seite
gebaut. Sie haben sich daran verankert und verfügen
über zusätzliche Greifvorrichtungen, welche die
Schlepptaue des Schiffes packen können. Wir können es
schaffen – das Tor wird hinter uns in spitzem Winkel
geneigt, wir befinden uns im Gravitationszentrum und feuern mit
unseren Triebwerken hinein, sodass…«
    Ich hob vielsagend die Brauen. Malley fragte achselzuckend:
»Wer weiß?«
    Kurz vor dem Zusammentreffen mussten wir den Antrieb
abschalten, uns vom Wurmloch lösen und mit den
Positionstriebwerken der Drohnen die Feinabstimmung des Winkels
vornehmen, damit die Kometen den gleichen Kurs wie zuvor die
Schiffe einschlagen und auf der anderen Seite mit geradem Kurs
auf die Jupiteroberfläche herauskommen würden. Die
Geschwindigkeiten des Tochterwurmlochs und die der
Kometenfragmente würden sich addieren und genug kinetische
Energie entwickeln, um in einem Umkreis von Tausenden von
Kilometern verheerende Verwüstungen anzurichten. Am
wirkungsvollsten wäre es, wenn wir die Schiffe auf der
anderen Seite veranlassen könnten, die Öffnung des
Wurmlochs wie die Mündung einer Waffe über die
Jupiteroberfläche zu schwenken, doch auf dieses
Best-case-Szenario durften wir uns nicht verlassen. Auch nicht
darauf, dass diese Anordnung für die Dauer des
neunstündigen Jupitertages Bestand haben und das
Austrittstor einmal um den Planeten kreisen würde. Wir
konnten bloß davon ausgehen, dass wir den Jupiteranern
einen schweren Schlag versetzen würden.
    Yeng hatte mehrere kommerzielle Kanäle und einige
Kanäle für die firmeninterne Kommunikation ausfindig
gemacht, die entweder unverschlüsselt oder leicht zu hacken
waren. Unsere Buglaser waren auf die Funkdrohne der Neumarsianer
gerichtet. Wir hielten uns in der Nähe der
Beschleunigungsliegen und warteten.
    Stunden verstrichen.
    *
    Ich behielt eine Richtfunksendung im Auge, die von einer
Kamera und einem Mikrofon aus der oberen Ecke eines Raumes an
Bord eines Raumschiffs übertragen wurde.
Unverschlüsselt, nichts Besonderes. In Farbe, viel Schnee,
Monosound, gepulste Übertragung. Wahrscheinlich bloß
so ein Kapitalistending: Wirtschaftsspionage. Oder etwas
Seriöseres, eine Art Online-Blackbox. Jedenfalls war dies
nicht der eigentliche Bordfunk, über den eine nicht zu
knackende Flut von verschlüsselten Daten gesendet wurde. Man
sah eine Endloseinstellung aus einem der Handelsraumer –
anscheinend das Kommandodeck. Viel mehr Platz als bei uns, keine
Recyclingausrüstung, keine Schläuche und keine
Kletterpflanzen. Fünf Beschleunigungsliegen, anschmiegsam,
federnd und glänzend, wie schwarzer Wackelpeter. Vier
Männer und eine Frau in gleichartigen blauen Overalls
schwebten umher, lasen Instrumente ab, behielten die Monitore im
Auge, scherzten und plauderten. Anscheinend hatten sie nicht viel
zu tun. Sie unterhielten sich aufgeregt über das Sol-System.
Ein Mann war schon mal dort gewesen; als ich der Unterhaltung
entnahm, dass er zu den upgeloadeten Sklavenbewusstseinen in den
Konstruktionsrobotern gehört hatte, machte sich ein
unheimliches Gefühl in mir breit.
    Die eigentliche Arbeit wurde vom Bordrechner geleistet, den
sie in Anspielung auf den Schiffsnamen Running Dog als
Schlampe bezeichneten. Ich langweilte mich weniger als sie, zum
einen, weil ich noch immer angespannt war, zum anderen, weil es
– wie Generationen von Produzenten bewegter Fototapeten
bewiesen haben – etwas Hypnotisches hat, Menschen im
Weltraum oder Planetenoberflächen vom Weltraum aus zu
beobachten.
    Bruchstücke von Unterhaltungen, aufgefangen von dem
unauffälligen Mikrofon, per Richtfunk an die nahe Drohne
übermittelt, mittels Laser in einem kritischen Winkel ins
Wurmloch gesendet und über zehntausend Lichtjahre und
Jahrtausende hinweg von einem weiteren Relais zu einem
gelangweilten Zuhörer vermutlich auf dem Mars
weitergeleitet, aufgefangen von Yengs Lauschantennen und
schließlich von mir belauscht:
    »Die Schlampe ist heiß!«
    »Ja, Mann, die hechelt geradezu. Hat wohl so ’nen
Jupitertypen getroffen.«
    »Seelenverwandte.«
    »Schnuff, schnuff.«
    Gelächter.
    »Sind die Roten noch beim Malley Mile?«
    »Wimmeln rum wie Fliegen auf ’nem
Scheißhaufen. Gefällt mir nicht, Mann, gefällt
mir überhaupt nicht.«
    »Die Basis meint, kein Grund zur Sorge.«
    »Ich vertrau denen nicht, aber scheiß drauf. Ist
schließlich ihr

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