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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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zum Neuen
Mars.«
    »Um unsere eigene Kolonie zu
gründen?«
    Ich schüttelte energisch den Kopf. »Noch mehr
Wüsten können wir nicht gebrauchen!«
    Irgend etwas – ein Funkeln in ihren Augen, das eben noch
nicht da gewesen war –, verriet mir, was sie insgeheim
dachte: Doch! Doch! Nicht viele dachten wie sie, aber doch genug,
dass auch Wilde diesen Ausdruck gesehen haben musste, wann immer
er seine Geschichten zum Besten gab. Kein Wunder, dass er der
irrigen Ansicht anhing, wir würden den Planeten
kolonisieren, wenn wir es schafften, zu ihm vorzudringen.
    »Warum müssen wir hindurchfliegen?«, fragte
Suze. »Warum gerade jetzt?«
    »Wir müssen hindurch«, sagte ich vorsichtig,
»weil die Möglichkeit besteht, dass die Menschen auf
der anderen Seite sich mit den gleichen Wesen einlassen wollen,
in die sich die Außenweltler auf unserer Seite verwandelt
haben: Wir müssen hindurchfliegen und sie daran hindern,
koste es, was es wolle.« (Das war zumindest ein Teil der
Wahrheit, wenn auch bloß ein kleiner.) Suze setzte sich in
einen Sessel und sah mich kopfschüttelnd an.
    »Weshalb weiß niemand davon? Warum hat uns niemand
etwas gesagt?«
    »Wir machen nicht unbedingt ein Geheimnis daraus«,
sagte ich. »Wir haben die Information halt bloß in
wissenschaftlichen Zeitschriften und so veröffentlicht,
anstatt sie an die große Glocke zu hängen. Bislang
waren alle, die eine Vorstellung von den Vorgängen haben,
der Ansicht, dass kein Grund zur Panik besteht.«
    »Da$ könnte schon stimmen«, meinte sie
verärgert, »aber das muss doch erörtert werden!
Ihr könnt doch nicht hingehen und es einfach tun, ohne dass man euch dazu…«
    »Ermächtigt? – Doch, das können wir,
denn niemand kann uns daran hindern. Wir würden das nur
ungern tun, weil wir – das heißt, die Division
– auseinander brechen würden, wenn wir uns jemals
gegen die Union stellen sollten, denn es gibt bei uns eine starke
und gut bewaffnete Minderheit, die damit keinesfalls
einverstanden wäre. Aber wie die Dinge liegen, sind wir dazu
ermächtigt. Man hat uns beauftragt, das innere Sonnensystem
vor äußeren Bedrohungen zu schützen, und wenn
dieser Fall bei einer drohenden posthumanen Invasion aus dem
Wurmloch nicht gegeben wäre, dann weiß ich
nicht.«
    Suze schaute noch immer besorgt drein. »Was ist mit den
Neumarsianern?«, fragte sie. »Ich kann mir nicht
vorstellen, dass sie damit einverstanden wären.«
    Ich lachte. »Wenn das überhaupt noch Menschen
sind… Das sind doch bloß NiKos. Und mit denen kennen wir uns aus.«
    Suze bedachte mich mit einem merkwürdigen Blick und
setzte zu einer Bemerkung an, überlegte es sich dann aber
anders.
    »Also gut«, meinte sie leichthin, »genug
davon. Lass uns aufbrechen und zwei Flieger aufgabeln.«
    Gegessen wurde im großen Saal. Vorher wurde eins der
täglichen Planungsmeetings abgehalten (das saßen wir
in der Bar aus), anschließend wurde getanzt. Der Saal, ein
ehemaliges Ausstellungszentrum, war mit Wandgemälden
geschmückt, die Episoden aus der Londoner Geschichte
darstellten: die Pest, den Parlamentsbrand, den Blitzkrieg, den
Grünen Tod; die Schlachten von Cable Street, Lewisham,
Trafalgar Square, Norlonto; die Schrecken des Lebens unter den
Grünen (auf einer besonders eindrucksvollen Tafel war ein an
einen Baum gefesselter, dem Tod durch Verhungern und Verdursten
preisgegebener Rationalist dargestellt, um den grüne Wilde
herumtanzten, während sich im nahen Gebüsch eine Frau
versteckt hielt, die sein Gekrächze aufzeichnete); die
Freude und Rache nach der Befreiung, die Menschenmassen, welche
die sino-sowjetischen Truppen (heute werden sie allgemein als
Shinowjets bezeichnet) jubelnd willkommen hießen und
grüne Anführer und Zauberärzte an ihren heiligen
Bäumen aufknüpften; die feierliche Abstimmung über
die soziale Revolution. Ausgesprochen erhebend.
    Die übrige Saaldekoration, nämlich die Kleidung der
Gäste, war reizvoller. Die irdische Mode folgt im
Allgemeinen örtlichen Traditionen und Techniken; hier
handelte es sich um einen Eingeborenenstil, der (wie wir
später erfuhren) von den NiKos übernommen war:
unterschiedlich gefärbte und mit Stickereien verzierte
Baumwolle. Einige der Kleider waren viel hübscher als die
unseren, doch zumindest machten uns unsere Partykutten als
Besucher kenntlich. Über mangelnde Aufmerksamkeit hatten wir
uns jedenfalls nicht zu beklagen, und tatsächlich

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