Die Cassini-Division
sie die Nacht durchgemacht und befände sich im
Zustand sexueller Erregung. Allerdings lächelte sie
freundlich.
»Suze«, sagte ich und stupste sie an.
»Könnten wir vielleicht…?«
Suze nickte grinsend, doch als ich in die Tasche meines
Rucksacks langte, runzelte sie die Stirn und schüttelte den
Kopf.
»Überlass das mir«, murmelte sie.
Sie musterte die Frau hinter dem Tisch und betastete ein Blatt
mit der Bezeichnung ›Kent Gaja‹.
»Was wollen Sie dafür haben?«
»Prima Stoff, Lady«, sagte sie Frau. »Zwei
Gramm Gold, fünf Gramm Silber die Unze.«
(Erst später wurde mir klar, was sie da gesagt hatte. In
dem Moment vernahm ich bloß eine Art Singsang:
»Primastoff, Laidy, zwei Grammgold fünf Grammsilber
Diunze.«)
Suze wich zurück. »Vaflucht nommal!«, sagte
sie. »Gansschön teuer, was?« (Das habe ich immer
noch nicht rausgekriegt; ich lasse es stehen, wie es klang.)
»Nee«, meinte die Frau. »Is von der andern
Flussseite. Der Transport is scheißkriminell. Billiger
kriegen Sie’s nirgends.«
Sie schwenkte die Hand. »Schau’n Sie sich ruhig
um. Sie kommen schon wieder.«
»Wohl kaum«, sagte Suze, fasste mich beim Ellbogen
und zog mich weiter. Schon nach wenigen Schritten rief uns die
Frau hinterher: »Schongut, schongut, ich mach Ihnen
’nen Sonderpreis, blossum Probieren. Ich leg auch noch
Papierchen drauf.«
Wir machten kehrt und wurden nach einigem Hin und Her
handelseinig. Zu meiner Verwunderung lächelten die Frau und
Suze einander an, offenbar beide zufrieden mit dem Geschäft,
von dem sie zuvor wiederholt behauptet hatten, es würde sie
in tiefe Armut stürzen.
Wir nahmen an einem Tisch Platz und bestellten Kaffee und
Teigröllchen, deren Fleischfüllung mit Sicherheit nicht
von Algenplantagen stammte. Ich habe keine sentimentale
Einstellung zu Tieren, versuchte aber trotzdem, nicht daran zu
denken – Meeresmollusken sind eine Sache, Wirbeltiere eine
andere. Als wir gegessen hatten, baute Suze mit Tabak und Gras
einen kleinen Joint, zündete ihn an und reichte ihn mir nach
ein paar genussvollen Zügen.
»Prima Stoff«, meinte sie.
Ich probierte und konnte mich ihrem Urteil nur
anschließen. »Ja«, sagte ich. »Wie die
Frau schon sagte. Aber wird sie jetzt nicht einen… Groll
gegen dich hegen, weil du sie genötigt hast, sich mit einem
zu niedrigen Preis zufrieden zu geben?«
Suze machte große Augen. »Aber sie hat einen
ausgezeichneten Preis bekommen – jedenfalls eine akzeptable
Menge Silber. Sie ist sehr zufrieden damit, und wir sind mit dem
Stoff zufrieden. Oh, danke.«
Ich beobachtete sie, als sie erneut zog. »Dann habt ihr
also beide gelogen?«
»Ach was, natürlich nicht«, meinte Suze
kichernd. »Das ist bloß so ein alter Brauch. Wie das
Bluffen bei einem Strategiespiel.«
»Aber warum habt ihr euch überhaupt die Mühe
gemacht? Warum hast du ihr nicht den Preis bezahlt, den sie zu
Anfang verlangt hat? Ich meine…« Ich zuckte die
Achseln, denn es war wohl keine gute Idee, laut auszusprechen,
wie viel Edelmetall wir mit uns führten.
»Ah«, machte Suze. »Das ist ein
interessanter Gesichtspunkt. Also, theoretisch könnten die
Unionstouristen so viel Wertmetall mitnehmen, wie sie tragen
können, und sich dafür alles kaufen, was ihr Herz
begehrt. Dies würde allerdings dazu führen, dass die
Einheimischen künftig mehr für ihre Waren verlangen
würden, was für alle Beteiligten ungünstige Folgen
hätte. Das ist eines der Dinge, die man Neulingen
erklärt. Als es noch Staaten gab, nannte man das
Inflation.« Sie runzelte die Stirn. »Jedenfalls im
Prinzip, bloß dass damals Scheingeld eingesetzt
wurde…«
Ich fiel ihr eilig ins Wort, denn ich wollte mir den Kopf
nicht mit noch einem weiteren Problem belasten (Scheingeld? Was sollte das nun wieder sein?)
»Na gut, aber wenn die Frau bei ihrem ersten Angebot
geblieben wäre, was – oh! Ich verstehe! Dann
wärst du zu einem anderen Stand gegangen.«
Suze reichte mir grinsend den Joint. »Aus dir wird noch
mal eine richtige Ökonomin.«
»Ha! Kaum vorstellbar, dass die ganze Welt früher
mal so funktioniert hat.«
Suze nickte ernüchtert. »So und in verschiedenen
Variationen und mit vielen drängelnden Menschen. Schon
komisch.«
Wir standen auf und wollten gehen, doch das laute
Protestgeschrei des Verkäufers hielt uns zurück.
»Sorry!«, sagte Suze und reichte ihm errötend
eine Silbermünze. »Der Rest ist für
Sie.«
Diesmal
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