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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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lächelnd. »Vielen
Dank.«
    »Bis dann mal«, sagte der Verkäufer.
    »Tschüss, Tommy«, sagte Suze, dann gingen wir
weiter. Suze war ganz begeistert von dem alten Buch, das sie
erstanden hatte, und zeigte mir die darin enthaltenen
erschreckend detaillierten Anweisungen zum Bau von
Nanotechreplikatoren mithilfe eines primitiven Computers, eines
aus Fernseherteilen bestehenden Rastertunnel-Mikroskops und
einiger Chemikalien, wie sie unter der Spüle zu finden waren
und in denen die Herstellungsprodukte dem unverantwortlichen
Autor Dr. Frank N. Stein zufolge (wahrscheinlich ein Pseudonym,
wie Suze meinte) ›sicher aufzubewahren‹
wären.
    »›Verkauf nur zu
Informationszwecken‹«, las sie mit ungläubigem
Staunen den Verlags-Disclaimer vor. »Dabei ist das Zeug aus
dem Buch immer noch gefährlich! Man könnte einen
eigenen Ausbruch damit starten!«
    »Nur gut, dass es die NiKos jetzt nicht mehr in die
Hände bekommen können«, meinte ich.
    Sie sah mich an. »Hm«, machte sie. »Da hast
du Recht. Daran hab ich noch gar nicht gedacht.«
    Wir waren am Ende einer der Standreihen angelangt. Ich ging
weiter bis zum Rand der Lichtung. Suze folgte mir in den Schatten
der hohen Bäume. Wir setzten uns auf einen federnden
Buchenast und beobachteten das Marktgetriebe.
    »Also«, meinte ich mit einem gedehnten Seufzer,
»ich hätte nicht geglaubt, dass die Masche noch immer
zieht. Das war brillant. Du hast dich verhalten wie einer dieser
Typen von früher, wie ein Spion oder Detektiv oder was auch
immer.«
    »Danke.« Suze nahm eine Buchecker auf und machte
sich mit den Fingernägeln daran zu schaffen.
»Vielleicht bin ich ja einer. Ein Ermittler.« Sie
musterte mich unsicher, beinahe verlegen, und ich fragte mich
nicht zum ersten Mal, welcher Druck – den sie vielleicht
ebenso wenig spürte wie den Luftdruck – ihr von der
Gesellschaft auferlegt wurde, die sie nicht erforschte,
nämlich ihrer eigenen. »Dann suchen also noch andere
Leute nach Malley.«
    »Ja«, sagte ich. »Und zwar keiner, den ich
kenne, das ist mal sicher.«
    »Vielleicht waren das ja bloß Studenten, die sich
mit einem großen Physiker unterhalten wollten«, sagte
Suze mit ausdrucksloser Stimme. »Was sollte das mit ihren
Bewegungen?«
    »Die kamen aus dem Weltraum«, antwortete ich.
»Die typischen Reflexe von Menschen, die in niedriger
Schwerkraft leben. Wenn du mich fragst, kamen die von Lagrange
oder vom Mond. Jedenfalls nicht von der Division.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Denk ich mir halt.«
    Suze hob eine Braue. »Mit Wissensdurst kenne ich mich
aus«, meinte sie. Sie senkte den Blick, schaute wieder
hoch. »Aus Büchern.«
    Ich fasste dies als Tadel auf und hätte ihr am liebsten
alles erzählt. Doch ich gab dem Impuls nicht nach.
    »Der Buchverkäufer«, sagte ich. »Du
hast ihn Tommy genannt. Kennst du ihn?«
    »Hab ein paarmal mit ihm geplaudert«, antwortete
sie. »Er ist… er hat mal der Union
angehört.«
    »Tatsächlich? Also, das erklärt seine
Sprechweise.«
    Suze lachte. »Wir sind ja so stolz auf unsere
Überlegenheit, stimmt’s?«
    »Kann schon sein.« Aber wir waren tatsächlich
überlegen. Ich hatte darüber noch nie nachgedacht.
»Wie kommt es, dass er die Union verlassen hat?«
    »Das habe ich ihn auch schon gefragt«, antwortete
Suze. »Bekam aber keine vernünftige Antwort aus ihm
heraus.« Es klang wie das Eingeständnis eines
persönlichen Versagens. »Er hat gemeint, er sei mit
den Nachbarn nicht ausgekommen.«
    »Bei einer Auswahl von dreißig Milliarden? Dann
wundert es mich, dass er überhaupt mit jemandem
auskommt.«
    »Ich glaube, er meinte ganz spezielle
Nachbarn.«
    Ich schnitt eine Grimasse. »Seltsam. Aber das muss er
selbst wissen.«
    »Das hat er auch gesagt!«
    Ich betrachtete das sonnengesprenkelte Laub. Ein
Eichhörnchen hüpfte einen tief hängenden Zweig
entlang, sah mich an und begann zu schimpfen. Auch mein Gewissen
meldete sich.
    »Es ist fast schon Mittag«, sagte ich. »Ich
glaube, ich sollte mich allmählich aufmachen.«
    Suze wirkte bestürzt. »Du willst nicht, dass ich
mitkomme?«
    Ich drückte ihr die Hand. »Du hast mir sehr
geholfen, Suze. Aber… ich glaube, es wäre unfair,
dich noch weiter in die Sache hineinzuziehen. Es könnte
gefährlicher werden, als du glaubst.«
    Sie erhob Einwände, doch ohne Erfolg; mit gespielter
Fröhlichkeit begleitete sie mich daraufhin zur Anlegestelle
am Kanal und verabschiedete sich von mir

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