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Die Cassini-Division

Die Cassini-Division

Titel: Die Cassini-Division Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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aus
regenbogenfarbenem Licht, versehen mit einer juwelenbesetzten
Brustplatte. Sie wirkten weder geschlechtslos noch androgyn,
sondern differenzierten sich in verschiedene ideale
Erscheinungsformen von Männlich und Weiblich. Im Innern der
Blasen funkelte und schwirrte es vom Flügelschlag der
Schwingen. Sie ähnelten weder Insektenflügeln noch den
Flügeln von Vögeln oder Fledermäusen, sondern
waren vollkommene Parabeln, gebogen wie magnetische Felder, die
wie Polarlichter schimmerten: Schwingen aus Licht.
    Vor meinen Augen veränderten sie sich, verwandelten sich
in bizarr geformte Fische, in schwebende bunte Halstücher,
in Blütenregen, in blitzendes Feuerwerk. Das Schauspiel
endete, als die Sonde hinter dem Cluster vorbeiflog.
    Als ich die Aufzeichnung wiederholte und dabei auch die
ausgestrahlte Botschaft ablaufen ließ, stellte ich fest,
dass eine Antwort eingegangen war. Nach kurzem Zögern
schickte ich sie durch die Firewall-Filter. Heraus kam kein
Virus, sondern eine mehrfach wiederholte, unverschlüsselte
sekundenlange Botschaft auf Englisch. Die Maschinen dehnten die
Botschaft und verwandelten sie in Laute, die Gesang in meinen
Ohren waren, in Buchstaben, die vor meinen Augen leuchteten:
    »Antwort an die Sonde: Wir freuen uns über Ihre
Nachricht und erwarten weitere Informationen. Und jetzt der
informelle Teil: Hallo Leute! Es hat lange gedauert! Lasst uns
reden! Bis bald!«
    Die Schönheit der Jupiteraner, ihre Wärme –
und natürlich auch die zwanglose Botschaft –
hätten eigentlich ausreichen sollen, alle Feindseligkeit und
alle Zweifel dahinschmelzen zu lassen. Ihre farbenfrohe
Erscheinung, ihr freundlicher und herzlicher Tonfall riefen in
mir die Sehnsucht wach, sie wiederzusehen und mich mit ihnen zu
unterhalten. Ich legte den VR-Helm ab und sah zu Yeng auf. Ich
lächelte, während mir Tränen der Rührung
über die Wangen liefen. Yeng erwiderte mein Lächeln und
blickte über meinen Kopf hinweg. Ich schwenkte den
kardanisch aufgehängten Sessel herum und stellte fest, dass
sich meine Crew und das Kommandokomitee hinter mir versammelt
hatten.
    »Na?«, meinte Tatsuro. »Kontakt
hergestellt?«
    »Ja«, antwortete ich mit schwankender Stimme.
    »Kein Übergriff? Keine Viren?«
    Yeng schüttelte den Kopf. »Alles sauber«,
sagte sie. »Keine Viren.«
    »Ganz im Gegenteil«, sagte ich. »Sehen Sie
selbst. Schauen Sie sich das an, und dann sagen Sie mir, ob Sie
schon mal so schöne Wesen gesehen haben. Sie sind…
hinreißend. Verführerisch.« Ich seufzte, hing
einen Moment meinen Erinnerungen nach. »Außerdem sind
sie fähig, mit uns zu kommunizieren. Was immer sie
durchgemacht haben, sie haben eine gewisse Kontinuität zur
Menschheit gewahrt.«
    Die Bilder, die ich gesehen hatte, wurden erneut abgespielt,
diesmal auf dem Bildschirm. Suze und Malley waren ganz
hingerissen. Die Crewmitglieder und die Angehörigen des
Komitees wirkten skeptischer.
    »Was meinen Sie?«, fragte Tatsuro. Die anderen
waren noch zu gefangen vom Gesehenen, deshalb ergriff ich als
Erste das Wort.
    »Wie wär’s, wenn wir mal einen Blick auf die
anderen Jupiteraner werfen würden?«, sagte ich.
»Auf die, mit denen ich keinen Kontakt hatte. Bevor
wir Schlüsse ziehen, sollten wir herausfinden, inwieweit das
typisch ist.«
    Widerstrebend lösten sich die anderen aus ihrer
Versunkenheit und machten sich an die Arbeit. Einige Sonden waren
anderen Blasenclustern ebenso nahe gekommen wie die, welche ich
verfolgt hatte, oder sogar noch näher. Das Aussehen der
Jupiteraner war sehr unterschiedlich und veränderte sich
rasch. Die ›Engelserscheinung‹, der ich gleich zu
Anfang begegnet war, kam öfters vor, doch es gab auch viele
andere, nicht minder schöne Erscheinungsformen. Die
häufigste Form glich einem Schmetterling mit parabolischen
bunten Flügeln ähnlich den
›Engelsschwingen‹, die an einem länglichen
Rumpf oder Kern saßen. Die Brillantenrosette, die bei den
›Engeln‹ als Brustplatte oder Anhänger in
Erscheinung getreten war, war allen Jupiteranern gemeinsam, wurde
aber bisweilen von ihrer momentanen Gestalt verdeckt.
    »Dieses juwelenbesetzte Objekt scheint eine
Gemeinsamkeit zu sein«, sagte ich. »Vielleicht die
CPU? Es sitzt in dem leuchtenden Rahmen wie ein Magnet in einem
starken Feld…«
    »Das könnte durchaus der Fall sein«, meinte
Yeng.
    »Die äußere Gestalt ähnelt einer
kontrollierten Aura, beinahe einem Fernsehbild,

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