Die Champagnerkönigin
nach Frankreich!« Außerdem – warum sollte ausgerechnet sie sich verpflichtet fühlen zu helfen? So dick befreundet waren Isabelle und sie am Ende nicht mehr gewesen, ganz im Gegenteil: Dass sie sich in ihren Adrian verliebt hatte, hatte Isabelle ihr ziemlich übelgenommen. Dabei war die Verlobung zwischen ihr und Adrian vorher eine Farce gewesen, eine geschäftliche Vereinbarung zwischen den Vätern der beiden, mehr nicht. Isabelle hatte Adrian nicht haben wollen, aber einer anderen gönnte sie ihn auch nicht.
Aber … war das nicht alles Schnee von gestern? Wog die Freundschaft, die sie einst so eng miteinander verbunden hatte, nicht viel mehr als die kleinen Unstimmigkeiten, die sich am Ende in ihre Beziehung eingeschlichen hatten? Schnee von gestern! Auf einmal verspürte Josefine ein tiefes Bedürfnis, der früheren Freundin beizustehen. Adrian würde ihrem Wunsch, diese Reise anzutreten, nichts entgegensetzen, dessen war sie sich sicher. Wenn sie sich anstrengten, fanden sie bestimmt einen Weg, um alles unter einen Hut zu bringen.
Josefine holte tief Luft, dann schaute sie Clara an. »Wann fahren wir los?«
21. Kapitel
»Wann fahren wir los?« Clara schnaubte, als sie an Josefines lässig dahingeworfene Frage dachte. Als ob das alles so einfach wäre! Sie griff nach einer Möhre und begann sie in feine Würfel zu schneiden. Jo hatte wie immer gut reden. Schon als junges Mädchen hatte sie stets nur das getan, wonach ihr der Sinn stand. Sogar einen Gefängnisaufenthalt hatte ihr dieses Verhalten eingebracht! Allem Anschein nach hatte sie sich in ihrer Ehe nicht geändert. Dabei stand Egoismus einer Frau doch wirklich nicht gut zu Gesicht, oder?
Die Möhrenwürfel kamen zu der kleingeschnittenen Zwiebel in den Bräter, wo beides in Gänsefett vor sich hin dünstete.
Gerhard würde ihr diese Reise nie und nimmer erlauben, deshalb hatte sie ihm erst gar nichts von dem Brief aus Frankreich erzählt. Er würde aus allen Wolken fallen, wenn sie mit so etwas daherkäme. Ob sie von allen guten Geistern verlassen sei, würde er sie anherrschen. Und wie sie sich das nur vorstellte? Die Kosten! Und wer sollte sich bitte schön in ihrer Abwesenheit um den Haushalt und Matthias kümmern? Der Platz einer Frau war an der Seite ihres Ehemannes und nirgendwo anders, basta! Clara hatte seine Vorhaltungen schon jetzt im Ohr. Natürlich konnte sie antworten, dass sich alles organisieren ließ. Dass ihre Mutter sicher bereit wäre, nach Matthias und dem Haushalt zu schauen. Außerdem war Christel, das Kindermädchen, ja auch noch da. Für zwei, drei Wochen würde sich also bestimmt eine Lösung finden. Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, verspürte sie schon einen Stich in der Brust. So lange getrennt von Matthias? Das würde sie nicht überleben. Und eine Reise ohne Gerhard traute sie sich wahrscheinlich sowieso nicht zu, nicht auszudenken, was da alles passieren konnte. Andererseits wäre solch eine Reise natürlich eine gute Gelegenheit, ihre so mühsam erlangten Französischkenntnisse einmal anzuwenden …
Clara nahm das Huhn aus dem Wachspapier, in das der Schlachter es eingewickelt hatte, und rieb es mit getrockneten Kräutern und Pfeffer ein. Vorsichtig ließ sie das Huhn zu dem angeschmorten Gemüse in den Bräter gleiten. Ein lautes Zischen ertönte, und Clara ging zum Fenster, um es zu öffnen. Gerhard schätzte es nicht, wenn Essensdüfte das ganze Haus erfüllten.
Wenn es sich um irgendeinen anderen Menschen auf dieser Welt handelte, würde man mit Gerhard vielleicht sogar reden können. Aber nicht, wenn es um Isabelle Herrenhus ging. Und dazu Josefine als Reisebegleitung – schlimmer konnte es in Gerhards Augen bestimmt nicht kommen. Er sah in ihren einstigen Rad fahrenden Freundinnen widerspenstige Xanthippen. Am liebsten hätte er ihr, Clara, den Umgang mit den beiden schon zu Beginn ihrer Beziehung ganz verboten, doch in dieser Angelegenheit hatte sie sich ausnahmsweise einmal durchgesetzt – sie waren Freundinnen, und das würden sie auch nach ihrer Eheschließung bleiben! Doch nachdem Isabelle Berlin verlassen und Josefine mit Adrian am andern Ende der Stadt ihren Großhandel eröffnet hatte, waren ihre Kontakte auf ein Minimum geschrumpft. Sie selbst hatte mit Kind und Haushalt auch alle Hände voll zu tun, so dass der heutige Besuch bei Josefine eine seltene Ausnahme gewesen war. Davon, dass Isabelle und sie sich hin und wieder schrieben und sie der alten Freundin ein paar Kochbücher
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