Die Champagnerkönigin
und zog ihre Beine bequem unter sich.
»Darauf kann sie lange warten!« Isabelle lachte rauh auf. »Zugegeben, als es mir so schlecht ging, habe ich mehr als einmal ans Verkaufen gedacht. Wäre Henriette nicht gar so gierig gewesen, hätte ich in einer schwachen Stunde vielleicht sogar unterschrieben. Ihren Vertrag hat sie mir ja oft genug unter die Nase gehalten. Aber sie ist wie ein Haifisch, der alles, was ihm unterkommt, verschlingen will. Manchmal, als sie an meinem Bett saß und Mitgefühl heuchelte, wartete ich regelrecht darauf, dass sich eine Haifischflosse durch ihr viel zu enges Kostüm drückt und sie endlich ihren wahren Charakter zeigt!«
Sie kicherten.
»Du hörst dich endlich wieder an wie die alte Isabelle von früher«, sagte Clara und hob ihr aufgefülltes Glas. »Auf dich und eine glorreiche Zukunft ohne Madame Haifisch!«
Mit einem kristallenen Klirren prosteten sie sich zu. Isabelle nahm einen Schluck des vorzüglichen Champagne Ruinarts , dann schaute sie Clara und Josefine ernst an.
»Ohne euch hätte ich das nie geschafft.« Tränen der Dankbarkeit und Hoffnung stiegen ihr in die Augen.
Die beiden winkten stumm ab.
»Genug der Sentimentalitäten«, sagte Josefine gespielt herrisch, dabei glänzten auch ihre Augen verräterisch. »Lass uns lieber weiter über die Zukunft deines Weinguts reden. Was genau steht an, wenn der Auftrag für die Amerikaner abgearbeitet ist?«
Isabelle seufzte. »Dann muss ich mich dringend um die Weinberge kümmern. Wir hätten schon längst einen Teil der Blätter rund um die Trauben wegschneiden müssen, damit die Früchte noch mehr Sonne aufnehmen können, aber diese Arbeit ist unglaublich zeitaufwendig und für Claude einfach nicht allein zu schaffen. Bisher fehlte mir das Geld, ein paar Helfer dafür zu engagieren.« Nicht nur das Geld, sondern auch jegliches Interesse an ihren Weinbergen! Wie oft hatte Micheline sie in den letzten Monaten angefleht, sich mehr ums Geschäft zu kümmern? , schalt sie sich im Stillen. Laut sagte sie: »Aber das hat sich ja nun zum Glück geändert. Mit der entsprechenden Vorarbeit darf ich auf eine gute Traubenernte hoffen.«
»Richtig glücklich hörst du dich dabei aber nicht an«, murmelte Clara.
»Wundert dich das?«, erwiderte Isabelle. »Als ich hier ankam, dachte ich doch nicht im Traum daran, dass ich einmal gezwungen sein würde, die Trauben zu verkaufen. Champagner wollte ich machen, richtig guten Feininger-Champagner! Einen, der Charakter hat, so wie dieser Ruinart hier.« Sie hielt ihr Glas in die Höhe. Im Licht des flackernden Kaminfeuers glänzte der Inhalt golden. » Dafür habe ich all die Bücher in Jacques’ Bibliothek gelesen, dafür war ich von früh bis spät in den Weinbergen, um zu schauen, zu riechen, zu lernen …« Mit sicherer Hand schenkte sie die drei Gläser aufs Neue voll.
»Wie flüssiges Gold«, sagte Clara andächtig. »Ich kann gut verstehen, dass dieses edle Getränk dich derart fasziniert.«
»Champagner … allein schon das Wort zaubert einem ein Lächeln aufs Gesicht«, sagte Josefine grinsend.
Isabelle nickte heftig. »Eben! Aber um einen perfekten Champagner herzustellen, braucht es mehr – zum Beispiel einen richtig guten Kellermeister, und den habe ich nun einmal leider nicht.« Sie schnaubte. »Im Augenblick habe ich nicht mal einen schlechten, denn Monsieur Einauge ist noch immer nicht wiederaufgetaucht. Allmählich befürchte ich, er kommt gar nicht mehr zurück.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber Gustave Grosse ist sowieso nicht der richtige Mann für das, was mir vorschwebt. Die Genießer wollen heutzutage keine süßen Champagner mehr, wie sie hier bei uns im Keller liegen. Der Feininger-Champagner, den ich gern herstellen wollte, sollte das neue Jahrhundert auf seine ureigene Art einläuten: fedrig leicht und unbeschwert!«
Die anderen nickten, doch Isabelle war sich nicht sicher, ob sie ihren Ausführungen folgen konnten. Vielleicht rede ich auch nur Blödsinn?, fragte sie sich stumm. »Aber ohne den richtigen Kellermeister kann ich all meine Ideen vergessen. Versteht ihr nun, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als mich als ›Traubenbäuerin‹ zu betätigen?« Widerwille klang in ihrer Stimme mit.
»Ich hätte da noch eine Idee«, sagte Clara nach einem langen Moment betretenen Schweigens. Sofort fuhren Isabelles und Josefines Köpfe zu ihr herum.
»Du könntest ein Gästehaus aufmachen!«
»Ein Gästehaus?«, wiederholten die beiden wie aus
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