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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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teilweise auch die Treppe. Champagner rann über die Erde, sammelte sich in Pfützen, weißer Schaum sprudelte über alles hinweg. Im vor­deren Kellerteil sah es aus, als hätte jemand mit der Axt gewütet!
    »Grundgütiger Himmel – was ist hier los?«
    Grosse, der im schwachen Licht der Gaslaternen halbherzig mit Besen und Schaufel zugange war, schaute nur kurz zu ihr auf.
    »Ein kleines Unglück, Madame. Ein paar Flaschen sind geplatzt, das kann schon mal passieren. Ich räume alles gleich fort, und dann ist es vergessen.«
    »Ein kleines Unglück? Sind Sie jetzt völlig verrückt geworden? Das sind Hunderte von Flaschen! Ein Vermögen, das hier zerschlagen wurde!«, schrie Isabelle so laut, dass ihre Stimme kippte.
    »Nun regen Sie sich nicht auf«, sagte der Kellermeister, und Isabelle kam es so vor, als trüge er ein verstecktes Grinsen im Gesicht. »Das ist nur Champagner aus dem Vorjahr, der schmeckt Ihnen doch sowieso nicht.«
    »Ach, und deswegen dürfen die Flaschen explodieren? Sie … Sie sind der größte Stümper, der mir jemals untergekommen ist!« Bebend vor Wut, schnappte sich Isabelle eine unversehrte Flasche aus dem Regal links von ihr und warf sie voller Abscheu Gustave Grosse vor die Füße. »Wenn das so ist – da haben Sie noch mehr davon! Und da! Und da! Und da!« Eine Flasche nach der anderen zog sie hervor und zerschlug sie vor den Augen des fassungslosen Kellermeisters, der nun knöcheltief im schaumigen Morast stand.
    »Ist es wenigstens jetzt ein großes Unglück?«, fragte sie kalt. »Und nun sputen Sie sich mit dem Saubermachen!«

35. Kapitel
    Heulend vor Wut, warf Isabelle wahllos Kleidungsstücke in ihren Koffer. Warum hatte sie den Mann nicht auf der Stelle rausgeworfen?, ärgerte sie sich. Ihm den Schlüssel zum Weinkeller abgenommen und gesagt »Geh! Für immer!«. Sie klappte den Koffer zu, schnappte ihn und trug ihn ächzend die Treppe hinab. Dann bat sie Claude, die Pferde anzuspannen und sie nach Reims zu fahren. Mit fragendem Gesichtsausdruck folgte der Mann ihren Anweisungen. »Ist alles in Ordnung, Madame?«
    »Nichts ist in Ordnung, aber das wird sich bald ändern«, zischte sie.
    »Und wie lange bleiben Sie fort?«, fragte er weiter.
    »Vielleicht eine Nacht, vielleicht länger. Ich werde Weihnachtseinkäufe machen und mir einfach einmal anderen Wind um die Nase wehen lassen – von alldem hier habe ich die Nase im Moment nämlich voll!«
    Reims war im Winter mindestens so schön wie zur Frühlingszeit. Die klirrende Kälte, die sich über die offene Landschaft gelegt hatte, war inmitten der großen Häuser und Straßenschluchten nicht ganz so quälend. Außerdem wussten die Reimser sich gut zu schützen, wovon die prachtvollen Pelzmäntel der Damen und die mit Fell gesäumten Kappen der Herren zeugten.
    Träumerisch schaute Isabelle einer Dame in einem besonders schönen Zobelmantel hinterher, doch der Moment dauerte nicht lange an. Es gab weiß Gott Wichtigeres als schöne Kleider! Ihr Blick schweifte über die prachtvollen Gebäude aus weißem Sandstein, die in der klaren Wintersonne besonders strahlten. Statt mit Blumen waren die Häuser nun mit Efeu- und Tannengirlanden geschmückt, große Kränze aus Tannengrün zierten die Eingänge der eleganten Geschäfte. Es duftete nach heißen Maroni und gebrannten Mandeln und nach dem gewürzten heißen Wein, der von den Straßenhändlern angeboten wurde. Isabelle kaufte sich eine kleine Tüte Mandeln, versagte sich jedoch den Glühwein – die Hebamme hatte geraten, so kurz vor der Geburt keinen Alkohol mehr zu trinken. Während sie die Mandeln naschte, bewunderte sie die Schaufensterauslagen, die mit denen von Berlin, Paris oder einer anderen Großstadt durchaus mithalten konnten. Die Champenois wussten schöne Dinge zu schätzen.
    Bald waren die ersten Geschenke gekauft, und Isabelle gönnte sich in einem der vielen Cafés eine gute Tasse heiße Schokolade. Während sie darauf wartete, spürte sie, wie sich die Verspannungen in ihrem Nacken lösten. Auf einmal waren Hautvillers und die Sorgen ums Weingut weit fort. Es tat so gut, einfach hier zu sitzen und nichts zu tun! Bei ihren bisherigen Besuchen in Reims war sie stets in Eile gewesen: Amtsgänge, Einkäufe für die Küche oder den Weinkeller, der Besuch beim Notar nach Leons Tod … Heute jedoch würde sie sich nur um ihr Wohlergehen kümmern. Nach dem Cafébesuch noch ein bisschen einkaufen, dann ein Besuch beim Friseur und danach war sie für den wichtigsten

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