Die Champagnerkönigin
Kinderbett weitergestrickt. »Wenn wir die Weinberge jetzt düngen, kann sich der Boden den ganzen Winter über gut ernähren.«
»Sicher, Madame. Außerdem müssen die Reben losgebunden werden, wir müssen Drainagelöcher buddeln, damit die Winterregen nicht die ganze Erde wegspülen und so weiter. Nur – warum lassen Sie Grosse nicht diese Arbeiten erledigen? Wo ist der faule Hund überhaupt? Für eine Frau – und dann noch in Ihrem Zustand – ist das alles viel zu anstrengend«, wiederholte der Verwalter beharrlich.
»Ach, Claude«, sagte Isabelle matt. »Sie wissen doch so gut wie ich, wie es um den Fleiß unseres Herrn Kellermeisters bestellt ist. Natürlich könnte ich von früh bis spät hinter ihm her sein, aber das kostet mich genauso viel Kraft, als wenn ich die Arbeit selbst erledige.« Sie seufzte. »Ich bin Gustave Grosse einfach nur noch leid.«
»Und was tun Sie dagegen?«, erwiderte Claude vorwurfsvoll.
»Was soll ich denn tun?« Isabelle seufzte erneut. »Soll ich einen neuen Kellermeister wie ein Kaninchen aus dem Zylinder zaubern? Sie wissen doch so gut wie ich, dass die wahren Könner nicht scharenweise herumlaufen. Aber keine Sorge, ich halte meine Augen und Ohren offen! Denn dass es so nicht weitergeht, weiß ich auch. Wenn ich den richtigen Mann gefunden habe, erfahren Sie es als Erster. Und jetzt lassen Sie uns anfangen, bevor ich zu frieren beginne.«
Claude Bertrands Miene verfinsterte sich noch weiter. »Drei Stunden«, sagte er streng. »Danach gehen Sie nach Hause und erholen sich, ganz gleich, wie weit wir mit der Arbeit bis dahin sind. Und sie schleppen keine Eimer, sondern schaufeln nur. Sollten Sie sich unwohl fühlen, brechen wir sofort ab.«
»Einverstanden!«, sagte Isabelle, dann stieg sie schnaubend auf den Wagen.
Claude brummte etwas, dann fragte er: »Wann kommen eigentlich Ihre Freundinnen aus Berlin?« Mit einem Zungenschnalzen setzte er die Pferde in Bewegung.
»Josefine kommt gar nicht. Ihr Mann ist auf Geschäftsreise in Amerika, da kann sie das Geschäft nicht verlassen«, erwiderte Isabelle. »Aber Clara möchte Anfang des Jahres herfahren.« Die Hebamme, die Carla Chapron ihr empfohlen hatte und bei der Isabelle vor ein paar Wochen gewesen war, hatte für sie errechnet, dass ihr Kind um den fünften Januar herum geboren werden würde. Der Gedanke, zu diesem Zeitpunkt nicht allein zu sein, beruhigte Isabelle immens.
»Höchste Zeit, dass jemand auf Sie aufpasst«, sagte Claude Bertrand und murmelte noch etwas, was Isabelle nicht verstand.
Sie warf ihm einen liebevollen Seitenblick zu. »Danke«, sagte sie und drückte seinen Arm. »Sie sind zwar ein alter Brummbär, aber ohne Sie wäre ich wirklich hoffnungslos verloren.«
Die Arbeit war beschwerlich und langwierig zugleich. Schippe für Schippe schaufelte Isabelle den Mist vom Wagen in die Eimer, deren Inhalt Claude dann am Fuße der Rebstöcke verteilte. Nach drei Stunden hatten sie gerade einmal drei Rebzeilen geschafft. Es hatte aufgehört zu schneien, doch nun pfiff ein eisiger Wind über die kahle Landschaft. Trotzdem rann Isabelle der Schweiß den Rücken hinab. Hoffentlich erkältete sie sich nicht, dachte sie dumpf.
»Das wird so nichts«, sagte sie mutlos zu Claude, dessen Gesicht ebenfalls grau vor Erschöpfung war. »Ich habe den Aufwand völlig falsch eingeschätzt, zu zweit schaffen wir das nie und nimmer. Wir brauchen Hilfe aus dem Dorf.«
Der Verwalter nickte erleichtert und versprach, sich nach ein paar Helfern umzuhören. Schweigend fuhren sie zurück zum Weingut, wo sich ihre Wege am Pferdestall trennten.
Was würde sie jetzt für ein heißes Bad geben, dachte Isabelle seufzend. Doch dafür würde sie etliche Eimer Wasser erhitzen und ins Bad schleppen müssen.
Ihre Visionen von einem entspannenden Bad zerplatzten wie Seifenblasen beim Anblick zweier südländisch aussehender Männer, die vor ihrem Haus prallgefüllte Säcke von einem Fuhrwerk abluden.
»Was machen Sie hier, was ist das? Ich habe nichts bestellt«, sagte sie verdutzt.
» Bonjour, Madame«, sagten die beiden Burschen wie aus einem Mund. »Wir bringen die Korkenlieferung, so wie jedes Jahr im Dezember, feinster Kork aus Katalonien. Monsieur Jacques weiß Bescheid, wenn Sie ihn bitte holen mögen …«
»Monsieur Jacques ist tot«, sagte sie spröde. »Korken für die Champagnerflaschen?«
Die beiden Männer nickten. »Monsieur Jacques hat immer bar gezahlt. Von wem bekommen wir denn nun unser Geld?«
Der Wagen der
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